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Strafverteidiger Stephan Lucas im MAX: Unterwegs auf der Seite des Bösen

Stephan Lucas ist Anwalt. Ein Experte in Sachen Strafverteidigung. Einer, der seine Mandanten auch dann raushaut, wenn sie schuldig sind. Weil es sein...
Der aus dem TV bekannte Anwalt Stephan Lucas war zu Gast im MAX.
Der aus dem TV bekannte Anwalt Stephan Lucas war zu Gast im MAX.Foto: cs

Stephan Lucas ist Anwalt. Ein Experte in Sachen Strafverteidigung. Einer, der seine Mandanten auch dann raushaut, wenn sie schuldig sind. Weil es sein Job ist. „Poetische Wahrheit“ gebe es im Strafrecht nicht, sagt Lucas. Es gehe um Beweise. Ihm geht es aber auch um den Menschen hinter der Tat. Von ihnen erzählt er, als er zu seiner Premiere in der Kulturbühne MAX antritt. Und von dem Moment, in dem sie zum Mörder, zum Vergewaltiger geworden sind. Der Moment, in dem sie die blütenweiße Weste verloren haben.

„Jeder von uns kann von einem Moment zum anderen zum Mörder werden. Jeder.“ Wenn Stephan Lucas seinem Publikum diesen Satz entgegenschleudert, dann ist das keine Vermutung. Es ist für ihn ein Fakt, basierend auf den vielen Jahren seiner Anwaltskarriere, die der gebürtige Frankfurter einst in einer Kanzlei in Heidelberg begonnen hat. Frisch von der Uni habe er geglaubt, man werde ihn an die Hand nehmen. Lucas lächelt, als er davon erzählt. Heute kann er das. Zu damaliger Zeit lernt er schnell: Er muss es alleine hinkriegen, wenn der Fall auf seinem Tisch landet. Und der erste ist der von Kai. Ein Schüler, der eine Mitschülerin mit bloßen Händen erdrosselte. Was das für Menschen seien, die einen anderen vergewaltigen, ermorden, missbrauchen? „Das musste ich erst herausfinden, denn das lernt man nicht an der Uni.“

Veränderter Blickwinkel

„Jeder von uns kann von einem Moment auf den anderen zum Mörder werden.“ Viele werden es. Stephan Lucas hat ein ganzes Buch über sie und andere geschrieben. „Auf der Seite des Bösen“ heißt es. Wenn er daraus liest, tritt im MAX ohrenbetäubende Stille ein. Es ist eben nicht Fiktion, die in diesen Minuten ins Hirn rauscht. Nein, es ist real, wenn ein Messerstich das Leben eines Familienvaters auslöscht. Es ist real, wenn eine junge Frau eine Horrornacht erlebt, in der sich ein Vergewaltiger in ihrer Wohnung breitmacht und es kein Entkommen gibt. Es sind Trips in den menschlichen Abgrund – brutal und teils schwer zu ertragen. Was Lucas aber schafft, ist erstaunlich: Er verändert den Blickwinkel, von dem bloßen Täter hin zu dem Menschen, der dahinter steht, der auch ein Leben verliert – weil es nie mehr so sein wird, wie es war. Lucas hütet sich aber vor Täter-Opfer-Umkehr und vor Verständnis heischen. Darum geht es ihm nicht. Aber vielleicht darum, zu erklären, warum Anwälte auch die Seite des Bösen wählen. Vorverurteilung geht schnell. Sie ist aber nicht geltendes Recht oder Beweis.

Fiktion trifft Realität

„Was wissen wir denn, wenn wir eine Headline haben?“, macht Stephan Lucas klar, dass die Geschichte, die es zu erzählen gilt, weit dahinter liegt. Das macht seine Täter nicht immer sympathischer. Aber es erklärt den Rechtsstaat. Der liegt wiederum nicht in den TV-Shows, aus denen man Lucas kennt. Seit Anfang der 2000er-Jahre ist er in Gerichtsshow-Formaten vertreten. Hier wisse der Richter immer alles und das Urteil bestätige das Bauchgefühl des Publikums, erzählt er. Es ist der Moment des Abends, an dem Fiktion auf Realität trifft. Denn Lucas weiß eben nicht alles und Beweisführung kann unbefriedigend sein, sagt er. „Ich frage mich manchmal, was wirklich passiert ist“, gibt er zu.

Anwalt mit Entertainerqualität

Das sind die leisen Momente in seinem Programm, bei dem Stephan Lucas seine ganz eigene Mischung aus Erzählung und Lesung findet, in dem er die eigene Biografie mit Anwaltswissen und Verbrechensgeschichte paart. Wäre er nicht Anwalt – der Entertainer könnte sein Metier werden. Denn Lucas beherrscht den leichten Witz wie den spannungsgeladenen Cliffhanger und genauso den Draht zum Publikum. Der kommt besonders am Ende zum Tragen, als der Mann von der Seite der Bösen von der Bühne an einen Tisch im Zuschauerraum wechselt. An einen Platz, an dem Raum für das Gespräch, für Selfies und Autogramme ist – und auch für die Umarmung. (cs)

Lucas hatte Geschichten aus den Jahren seiner Anwaltskarriere im Gepäck mit teils schwer Verdaulichem.
Lucas hatte Geschichten aus den Jahren seiner Anwaltskarriere im Gepäck mit teils schwer Verdaulichem.
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