Weniger bekannt ist, dass die Netzfrequenz von 50 Hz (50fache Poländerung pro Sekunde!) auch über das Verhältnis von Stromerzeugung und Stromverbrauch in einem Stromnetz Auskunft gibt: Ist die Frequenz nämlich zu niedrig, fehlt Strom im Netz – steigt die Frequenz zu sehr an, befindet sich zu viel Strom im Netz.
(https://www.next-kraftwerke.de/wissen/netzfrequenz).
Um die Netzfrequenz stabil bei 50 Hz zu halten, sind intelligente Lösungen erforderlich, die digitale Prozesse sowie den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) einbeziehen. Für die Überwachung des Stromverlaufs in Schriesheim unterhält Netze BW vier Trafostationen. Von 2020 bis 2024 wurden in das 236 Kilometer lange Stromnetz unserer Stadt 4,2 Millionen Euro investiert. Eine neu installierte, fernsteuerbare Anlage im Unteren Schornsteinweg wird demnächst in Betrieb genommen, während weitere Investitionen von 6,3 Millionen Euro für zusätzliche Ortsnetzstationen geplant sind.
Das heutige Stromnetz ist das Ergebnis einer über einhundertjährigen Entwicklung, die sich von lokalen Versorgungsstrukturen zu einem komplexen, europaweiten System erstreckt. Bis Mitte der 1990er Jahre war die Energieversorgung vor allem national organisiert, was den grenzüberschreitenden Handel mit Strom stark hinderte. Der große Wendepunkt wurde durch die europäischen Energiepakete eingeleitet, die eine Liberalisierung des Marktes zur Folge hatten. Diese Veränderungen führten zur Errichtung eines Binnenmarktes für Energie, der den freien Handel zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichte.
Mit der Etablierung von Strombörsen, die ähnlich wie Wertpapierbörsen funktionieren, wurden wichtige Handelsstandorte in Europa geschaffen. Die European Energy Exchange (EEX) in Leipzig und die European Power Exchange (EPEX SPOT) in Paris zählen heute zu den wichtigsten Plattformen für den Energiehandel. Trotz der Fortschritte im Börsenhandel bleibt der Großteil der elektrischen Energie, etwa 75 %, jedoch nicht börsengehandelt, sondern wird über „OTC“ (over the counter; deutsch: über die Ladentheke) Plattformen angeboten. Diese Entwicklungen erleichterten es den Verbrauchern in Deutschland seit 2003, ihre Stromlieferanten frei zu wählen. So wurde es möglich, wie heutzutage mit Vergleichsportalen, den besten Anbieter zu finden.
Ein zentraler Punkt der Brüsseler Vorgaben für die Strommarktöffnung war dabei auch die Reduzierung von Emissionen um 55 % bis 2030, die als Grundstein für die angestrebte Klimaneutralität bis 2050 gilt. Diese Vorgaben zeigen, dass die Liberalisierung nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische Ziele verfolgt.
Teil 3, nächste Ausgabe.
Hilmar Frey