Talk statt Predigt: Bürgermeister Schroft plaudert mit Pfarrer Haas über „Glaube und Politik“ beim Festgottesdienst im Rahmen der Einweihung der sanierten Bärahalle

So etwas hat es in Meßstetten noch nicht gegeben: Bürgermeister Frank Schroft übernahm am Sonntagmorgen zusammen mit Pfarrer Philipp Haas quasi die...
Premiere des Sofa-Talks, den Pfarrer Philipp Haas nun regelmäßig pflegen möchte: Bürgermeister Frank Schroft tauscht sich beim Festgottesdienst „Einweihung der sanierten Bärahalle“ mit dem evangelischen Seelsorger über „Glaube und Politik“ aus.
Premiere des Sofa-Talks, den Pfarrer Philipp Haas nun regelmäßig pflegen möchte: Bürgermeister Frank Schroft tauscht sich beim Festgottesdienst „Einweihung der sanierten Bärahalle“ mit dem evangelischen Seelsorger über „Glaube und Politik“ aus.Foto: Volker Bitzer

So etwas hat es in Meßstetten noch nicht gegeben: Bürgermeister Frank Schroft übernahm am Sonntagmorgen zusammen mit Pfarrer Philipp Haas quasi die Predigt und die Fürbitte beim Festgottesdienst anlässlich der Einweihungsfeier für die sanierte Bärahalle in Oberdigisheim – in Form eines kurzweilig-unterhaltsamen Sofa-Talks zum Thema „Glaube und Politik“.

Meßstettens Bürgermeister Frank Schroft hat in seiner fast zehnjährigen Amtszeit viele außergewöhnliche Auftritte gehabt, ist schon auf unzähligen Bühnen gestanden, hat in zahlreichen Podien mitdiskutiert und doch gab es für den Schultes am Sonntagvormittag eine Premiere. Sogar eine, die selbst beim gestandenen Stadtchef Respekt hervorrief. Und das mit Blick auf einen, so möchte man meinen, typisch-obligaten Bürgermeister-Termin: die Einweihung der sanierten Turn- und Festhalle Oberdigisheim. Ja, wäre da nicht die zündende Idee des evangelischen Pfarrers Philipp Haas gewesen …

Der Seelsorger hatte Frank Schroft auf sein nagelneues, von der Firma Interstuhl gestiftetes Sofa eingeladen, das mitten auf der Bühne in der sanierten Halle stand. Gemäß dem kirchlichen Jahresthema „Im Gespräch bleiben“ sollte Frank Schroft der erste Talk-Gast der neuen Reihe „Sofa-Gespräche“ sein, die Philipp Haas künftig in unregelmäßigen Abständen in „seinen“ Stadtteilen Tieringen und Oberdigisheim pflegen möchte. Was hätte sich zum Auftakt besser angeboten als der Festgottesdienst anlässlich der Hallen-Wiedereinweihung und dann noch der Schultes als prominenter Gesprächspartner?

Zur Einstimmung hatte der Pfarrer zwei lockere Fragen an sein Gegenüber: Sind Sie Früh- oder Spätaufsteher? Verbringen Sie den Urlaub lieber am Meer oder in den Bergen? Aber schon die nächsten beiden waren etwas fordernder: Altes oder Neues Testament? Paulus oder Petrus? Frank Schroft zeigte sich religiös verwurzelt und lieferte adäquate Antworten. Noch mehr in die Tiefe des Glaubens ging es, als der evangelische Pfarrer den neuen Papst zum Thema machte. Tatsächlich sollte der Name Leo beide Konfessionen verbinden – mit einem Blick in die Geschichte. So war Papst Leo X. ein mächtiger Gegenspieler Martin Luthers und, wie es Pfarrer Haas formulierte: ein knallharter Brocken. Schroft gab zu bedenken, dass aber auch der Reformator selbst ein Mann der Widersprüche gewesen sei, und erinnerte beispielhaft an dessen kritische Rolle hinsichtlich der Bauernkriege. Der Schultes blieb beim Namensvergleich und verwies auf den Namensvorgänger des jetzigen Papstes. Leo XIII., oft auch als Arbeiter-Papst tituliert, gab sich vergleichsweise aufgeschlossen und begann ausgangs des 19. Jahrhunderts einen ersten Kurs der Öffnung gegenüber der modernen Welt. In diesem Vermächtnis sieht Schroft auch das Pontifikat von Leo XIV. Es stehe unter guten Voraussetzungen, zumal das neue Kirchenoberhaupt der Katholiken schon in seiner ersten Ansprache die Werte Frieden und Einheit betonte.

„Christlich“ ist auch im Namen der Partei verankert, für die Frank Schroft Farbe bekenne, wechselte Philipp Haas nun auf die politische Schiene: „Welche Bedeutung hat das 'C' für Sie?“ Der Schultes zählte auf: Anstand und Fürsorge, Ehrlichkeit und Verantwortung gegenüber jeglichem Leben und dessen Entfaltung sowie das Verständnis, dass der Mensch nicht alles dürfe, nur weil er es könne. Hinsichtlich des eigenen Amtes zitierte Schroft einen selbst auferlegten Grundimpuls, den er bereits bei seinem Amtsantritt 2015 hervorgehoben hatte und der auf der Bibelstelle Jeremia 29,7 fußt. Hier heißt es: „Suchet der Stadt Bestes (…), denn wenn's ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl.“ Einen ergänzenden Gedanken aus Lukas 12,48 schob der Bürgermeister noch hinterher: „Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel verlangt.“ Will heißen: Macht ist nicht Besitz, sondern Auftrag.

„Sollten die Kirchen politischer sein oder sich eher raushalten?“ Diese abschließende Frage von Philipp Haas konterte Frank Schroft in salomonischer Weise: „Kirche und Politik sollten sich ergänzen und sich nicht gegenseitig bevormunden.“ Was es beim Gottesdienst in der Kirche nicht gibt, aber beim in die Halle verlegten nun überaus reichlich gab: Beifall. Für ein rund 20-minütiges kirchlich-weltliches Zwiegespräch.

Stadt investiert 600.000 Euro

Nach diesem eindrücklichen Start in den Festsonntag, den auch der Posaunenchor Tieringen-Oberdigisheim sowie der Bärachor musikalisch begleiteten, und noch einem Sondersegen des Pfarrers für die neue Halle ging man zur profanen, aber nicht minder feierlichen Tagesordnung über. Ortsvorsteher Alexander Marquart und Bürgermeister Frank Schroft blickten auf die Sanierung der mittlerweile 60 Jahre alten Turn- und Festhalle. Der Ortschef freute sich sichtlich über den modernisierten Veranstaltungsort und bedankte sich, dass die Ideen und Anregungen der örtlichen Vereine bestens umgesetzt seien. Ganz fertig ist die Bärahalle allerdings noch nicht. Wie bereits berichtet, wird jetzt noch das Dach saniert. Ebenso gibt es anstelle der nicht mehr vorhandenen Vorhänge noch eine zeitgemäße Beschattung für die großen Fenster, die bei Sonneneinstrahlung nicht nur für gleißendes Licht, sondern auch für reichlich Wärme im Inneren sorgen – beim Festakt konnte es jeder spüren.

Eine Million Deutsche Mark investierte die damals noch eigenständige Gemeinde Oberdigisheim Mitte der 1960er-Jahre in das Gebäudeensemble „Schulneubau mit Turn- und Festhalle“. Ein Mammutprojekt für einen kleinen Ort, aber eines, das in die Zukunft gerichtet war und dem steigenden Bedarf gerecht wurde, wie Bürgermeister Frank Schroft erinnerte. Sechs Jahrzehnte später nahmen nun die Stadtverwaltung Meßstetten und ihr Gemeinderat rund 600.000 Euro in die Hand, um die alte Dame „Bärahalle“ grundlegend zu sanieren. „Das ist aber nicht nur eine Investition in ein Gebäude, sondern in eine lebendige und funktionierende Dorfgemeinschaft“, betonte der Schultes.

(VB)

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Aktuell – Amtsblatt der Stadt Meßstetten
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Ausgabe 21/2025
von Stadt Meßstetten
23.05.2025
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