Ihrer Sandalen entledigt sich Tina Häussermann schon in der ersten Hälfte des Programms. Und während sie deren Riemchen löst, plaudert sie über dieses und jenes, und das, was sie in ihrem Leben bewegt. Beschwingt, mit Grinsen und Lachen und der Portion authentischen Humors, der einfach guttut. „Happy Konfetti“ verspricht sie in ihrem Programm. Und versprüht dabei so viel Happiness, dass man sich wünscht, den Abend in den Alltag zu retten.
Eine nahezu perfekte Ehe führt sie, sagt Tina Häussermann. Um sich dann ans E-Piano zu schwingen und vom Geheimnis dieser Verbindung zu singen: „Ich habe meinen Mann mit DHL verschickt.“ Und wenn der Göttergatte abends heimkommt, dann kann ihn auch die Nachbarin annehmen, wenn's gerade nicht passt. So einfach ist es im Leben der Tina Häussermann, die sich als Ehefrau und Mutter zweier Töchter im Teenageralter zum Schaffen des Wochenendes auf die Schulter klopft, denn „wir leben alle noch“. Und derweil glucksen die Frauen im leider recht übersichtlichen Publikum des MAX, denn sie wissen nur zu gut, wovon die Schwäbin erzählt. Wenn sie die „Hitzewallung“ an der Supermarktkasse preist, von den Tücken des Alters namens Schlupflider erzählt und die Unausstehlichkeit des in der Pubertät gefangenen Teenagerkopfes anprangert, dann ist man ganz bei ihr, fühlt sich im Plausch mit der Freundin von nebenan. Den kennt Häussermann sehr gut. Und lässt ihn nicht unkommentiert, wenn sie von Freundin Karin singt. Single mit Hund, dem die Kastration stark zusetzt, und der folglich zu Hundeyoga und Rudelaufstellung nach Hellinger geschleppt wird – das Lied ist ein Augenzwinkern auf die Verdrehtheit der Welt. Und wenn Häussermann selbst „Ratlos im Mediamarkt“ musikalisch vor der Auswahl der smarten und noch smarteren Staubsauger kapituliert, dann trägt man in sich den Seufzer des Verständnisses.
Ihr Programm ist ein ironisch-lockerer Blick auf die Gesellschaft, den Häussermann so charmant wie gekonnt serviert, wahlweise in Monolog oder Musik. Und der ist vor allem eins: unterhaltsam. Das liegt auch an der Präsenz der in dieser Region trotz 25 Bühnenjahren doch wenig bekannten Schwäbin. Dabei ist sie laut Bekunden des Bürgermeisters eines Dorfs im Schwarzwald „das schönschde Blümle im Kunschdbeet“. „Labersack“ kommentiert Häussermann seine seitenlange Laudatio ihres Bühnenjubiläums in einem entlarvenden Song, der das Mitteilungsbedürfnis heutiger Egomanen durch den Kakao zieht.
Und während sie unaufgeregt über die Bühne schweift, sich begeistert für den unbeirrten Willen ihres kleinen Publikums, diesen Abend gemeinsam mit ihr zu etwas Besonderem zu machen und die wenigen Köpfe sogar zu einem dreistimmigen Chor aufschwingt, strahlt Tina Häussermann die in diesen Tagen so dringend benötigte Fröhlichkeit in die Welt. Jedweder Überdrehtheit erspart sie sich, setzt stattdessen gänzlich auch ihre sympathisch-authentische Art. Und das tut dem Abend gut. Und deswegen darf sie sich auch kurzerhand ihrer Sandalen entledigen, sich auf den Pianohocker mit gekreuzten Beinen setzen, schräge Blockflötentöne von sich geben, während die andere Hand die Tasten bedient – und erzählen von all dem, das eigentlich nichts Außergewöhnliches ist. Doch liegt gerade darin der Reiz, denn man muss sich nicht das Hirn verrenken, um ihr zu folgen. Und mit einem hat Tina Häussermann sicher recht: Wer sich ihr Programm angeschaut hat, der wird nie wieder den Föhn eines Hotels nutzen, ohne an sie zu denken und ihre Ambition des Schreibens einer „Sinföhnie“.
Zurück bleibt an diesem Abend zwar kein Konfetti im Haar, aber die volle Dröhnung Happiness im Kopf und ein schwarzes Sandalenpaar auf der Bühne, als die Künstlerin die längst verlassen hat, um mit nackten Füßen in Freundin-Manier noch mit ihrem Publikum zu plaudern. (cs)