Redaktion NUSSBAUM
73054 Eislingen/Fils
Schweres Training und eiserne Disziplin

Trainieren bis an die Schmerzgrenze – oder darüber hinaus

Julia Scherle hat im vergangenen Jahr eine ganze Reihe von Titeln als Bodybuilderin errungen.
Die Eislingerin zählt in ihrem Sport zur internationalen Spitze.
Die Eislingerin zählt in ihrem Sport zur internationalen Spitze.Foto: kaa

„Entschuldigung, sind Sie Bodybuilderin?“ Das wurde Julia Scherle schon mal von Teenagern im Freibad gefragt. „Das war echt süß“, sagt die 40-Jährige, die kein Problem damit hat, ihre Muskeln zu zeigen. Das tut sie ja auch bei Wettbewerben – wobei sie im vergangenen Jahr reihenweise gewonnen hat.
Von neun Wettbewerben, bei denen sie 2024 antrat, landete Julia Scherle sieben Mal auf Platz eins. Ursprünglich wollte sie gar nicht so häufig mitmachen, aber mit der Ansage, „wenn ich da gewinne, dann geh ich auch zum nächsten Wettbewerb …“ ergab sich eins aus dem anderen.
Die nächsten Wettbewerbe stehen bevor
Auch für den Herbst dieses Jahr plant die Eislingerin wieder die Teilnahme an Wettberwerben. Bis dahin hat sie allerdings noch eine harte Zeit: „Vorher muss ich noch 15 Kilo abnehmen“, sagt sie. Denn beim Wettkampf sind die Teilnehmenden nicht viel mehr als Haut und Knochen – und Muskeln natürlich, die sich in diesem Zustand besonders deutlich abzeichnen. Es gehört schon eine Portion Leidensfähigkeit dazu, diesen Sport zu machen: Monate vor dem Start beginnt bereits die Diät und Julia Scherle isst nur noch, was ihr Trainer erlaubt. „Ich habe die Disziplin dafür“, sagt sie. Nach der Saison kann sie aber auch wieder den Hebel umlegen und das Leben aus vollen Zügen genießen.
In der Wettkampfvorbereitung werden streng Kalorien gezählt
Was motiviert die 40-Jährige, sich das anzutun? Die Möglichkeit, sich selbst gezielt in Form zu bringen, zu „modellieren“, macht sicherlich einen Teil der Faszination aus. „Es ist schon cool, selbst in so einem Körper zu stecken“, sagt sie. Das fühle sich gut an. Julia Scherle liebt es aber auch, schwere Gewichte zu stemmen, beim Schulterdrücken 80 Kilo draufzupacken, bei der Beinpresse 200 und mehr. Und natürlich hat sie Spaß dran, wenn sie im Studio ein Gerät von einem Mann übernimmt und sagt: „Lass mal so, ich pack noch ein bisschen was drauf!“
Zum Kraftsport gekommen ist die Eislingerin aus einem eher banalen Grund: Sie wollte ein paar Kilo abnehmen, und da das mit Joggen nicht klappte, meldete sie sich in einem Studio an. Dort hat sie Feuer gefangen und andere Männer und Frauen kennengelernt, die sie mit auf diesen anstrengenden Weg nahmen. „Eins kann ich sicher sagen“, stellt sie fest: „Aus Versehen kriegt man nicht so eine Muskulatur.“
Tatsächlich steckt viel hartes Training dahinter, in der Regel fünf Mal die Woche, bis an die Schmerzgrenze und darüber hinaus. Diesen Reiz brauche es für den Muskelaufbau, sagt sie. Ebenso gehört die genannte Wettkampfdiät dazu, und einige Extra-Portionen Protein. Testosteron oder Anabolika seien aber tabu für eine Frau, sie würden den Körper vermännlichen, sagt Scherle, die trotz ihrer Muskelpakete weiblich wirkt und ein bisschen an Pippi Langstrumpf denken lässt, mit der sie sich durchaus identifizieren kann. Ein Pferd hat sie noch nie getragen, eine Freundin mit rund 70 Kilo Gewicht kürzlich schon: „Ich war erstaunt, wie leicht das ging.“ Nur Optik sind die „Muckis“ also nicht, sondern durchaus im Alltag zu gebrauchen. Aber sie wollen gepflegt werden. „Wenn ich ein Jahr lang nichts mache, dann ist nichts mehr da“, weiß Julia Scherle. „Das ist schon undankbar.“
Geld lässt sich mit dem Sport kaum verdienen
An den Wettkämpfen hat die Eislingerin aber viel Spaß, wenn sich alle rausputzen und dann im Glitzer-Tanga auf den Auftritt warten. Das möchte sie gerne noch eine Weile genießen und am besten einige internationale Wettkämpfe mit einem Urlaub verbinden. Fotos von Wettkämpfen sind unter anderem auf Instagram (@j_u_l_e_p_s) zu sehen. Geld verdienen kann man mit diesem Nischensport allerdings kaum, im Gegenteil: fürs Fitnessstudio, den Personal Trainer und die Ausstattung kommt einiges an Kosten zusammen. Julia Scherle startet in der Klasse „Figur“, die stärker muskelbetont ist als die Klasse „Bikini“, aber etwas schwächer als „Bodybuilding“. Im Alltag wird sie manchmal, aber nicht allzu oft auf ihre Figur angesprochen. „Am häufigsten tatsächlich im Supermarkt in der Kassenschlange“, sagt sie, „immer von Frauen, mein Alter oder älter“. Neid sei das in der Regel nicht, „die meisten wollen gar nicht so aussehen“. Von manchen komme Respekt oder Anerkennung, von manchen auch abfällige Bemerkungen. Ihre Kolleginnen und Kollegen – sie ist Bürofachkraft im öffentlichen Dienst – fiebern aber bei den Wettkämpfen schon mit, und der Chef hat auch schon mal eine Glückwunsch-Mail geschrieben. 

Von Ende September bis Ende November war Julia Scherle im vergangenen Jahr praktisch wöchentlich auf Wettkämpfen. Zum Start hat sie gleich auf den Austrian Open im österreichischen Mattersburg Platz eins sowohl in der Klasse „Figur“ als auch in der Klasse „Physique“ gemacht. Gewonnen hat sie auch beim Europacup in der Slowakei (WFF Slovakia), was den Aufstieg in die Profiliga bedeutete, bei der Prague Night of Champions, bei der Süddeutschen Meisterschaft (Verband: NAC Germany) in Freiberg, bei der Deutschen Meisterschaft (NAC Germany) in Koblenz und bei Mr. & Ms. Universe (NAC Germany) in Cuxhaven, alles ebenfalls in der Figur-Klasse. Ein zweiter und ein vierter Platz bei weiteren Wettkämpfen kamen noch dazu – und die Eislinger Sportlerehrung obendrein. kaa

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exklusiv online

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Eislingen/Fils

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Bodybuilding
Sonstige
Sport
von Redaktion NUSSBAUM
29.04.2025
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