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„Treulose und aufrührerische Bösewichter?“

Der Bauernkrieg 1525 in Marbach, Rielingshausen und Umgebung Der Marbacher Stadtarchivar Albrecht Gühring hielt auf Einladung des Schillerverein...
Dokument zum gescheiterten Einfall von Bauern während des Bauernkriegs.
Marbach 1525: Dokument zum gescheiterten Einfall von Bauern während des Bauernkriegs. Die Eindringlinge wurden betrunken gemacht und durch das Eselstor aus der Stadt geführt. Foto: Landesarchiv BW / Schillerverein Marbach

Der Bauernkrieg 1525 in Marbach, Rielingshausen und Umgebung

Der Marbacher Stadtarchivar Albrecht Gühring hielt auf Einladung des Schillerverein Marbach im Juli vor vollem Haus in der Rielingshäuser Kelter einen Vortrag über den Bauernkrieg 1525 in Marbach, Rielingshausen und Umgebung.

Der Bauernkrieg von 1525 als Folge von sozialer und religiöser Unzufriedenheit endete in mehreren blutigen Auseinandersetzungen. Die Forderungen unter anderem nach Aufhebung der Leibeigenschaft, gerechten Abgaben und Mitbestimmungsrechten auf Grundlage der „Zwölf Artikel“ von Memmingen wurde Fürstenheeren, wie dem Schwäbischen Bund, brutal niedergeschlagen.

Die eigentliche Tragik des Bauernkriegs als Bürgerkrieg bestand aber darin, dass die Fronten mitten durch die Bevölkerung verliefen und viele nicht wussten, zu welcher Partei sie gehörten.

Am Osterfest, dem 16. April 1525, eroberten die Bauernhaufen des unteren Neckartals und des Odenwalds die Feste Weinsberg und ermordeten mehrere Adlige. Abends zogen zweihundert Einwohner der Stadt Großbottwar auf den Wunnenstein und wählten dort einen ihrer Mitbürger, den Wirt Matern Feuerbacher, zu ihrem Hauptmann.

Die Regierung in Stuttgart ordnete zunächst erfolglos die Aufstellung eines Landesaufgebots in Marbach aus der Stadt und den umliegenden Dörfern an. Auch den Besuch eines Stuttgarter Landtags lehnten die Bauern ab, sodass nur ein kleiner, aber erfolgloser Landtag in Marbach stattfand. Mehr oder weniger motiviert schlossen sich rund 200 Bauern aus Stadt und Amt Marbach dem sog. Hellen Haufen der Bottwartäler an, der bald über 800 Teilnehmer hatte und zunächst plündernd in Bietigheim einfiel.

Doch auch Marbach wurde Anfang Mai 1525 durch eine Schar von etwa 150 bewaffneten und übermütigen Bauern überfallen. Dank der Besonnenheit des Obervogts Hans Eitel von Plieningen und des Untervogts Michael Demler verlief die Sache für die Stadt glimpflich und endete für die Eindringlinge blamabel. Die „treulosen und aufrührischen Bößwicht“ wurden betrunken gemacht und mussten schmählich durch das sog. Eselstor aus der Stadt ziehen.

Seit Ende April 1525 befand sich nahezu der ganze nördliche Teil des Herzogtums in der Hand der Bauern. Die Territorialherrschaften missachteten jedoch deren Bemühen um Mäßigung und strebten keinen Kompromiss an. Am 12. Mai kam es zwischen Böblingen und Sindelfingen zur Schlacht, die Tausende von Bauern das Leben kostete. Andere suchten ihr Heil in der Flucht, wurden aber später gefangen und bestraft. In Marbach wurden nur fünf von 126 wehrfähigen Einwohnern bestraft. In Erbstetten traf es vier und in Burgstall sieben Bauern. Hingegen waren es in Rielingshausen 12 von 39 Wehrfähigen. Noch mehr Aufrührer gab es in Erdmannhausen (18), in Affalterbach (21), in Kirchberg (22), in Pleidelsheim (24) und in Murr (37).

Der Versuch, die mittelalterliche Ständeordnung durch eine genossenschaftliche Ordnung zu ersetzen, scheiterte letztendlich. Aber erstmals in der Geschichte unseres Landes übten demokratisch gewählte Volksführer die Staatsgewalt aus. Ihr Regiment, das sich auf eine organisierte Kanzlei stützte, dauerte zwar nur drei Wochen, bewies aber, dass Männer aus dem Volk durchaus in der Lage waren, politische Verantwortung zu übernehmen und zu tragen.

Eine ausführliche Fassung des Vortrags wird zum Jahresende in den Ludwigsburger Geschichtsblättern erscheinen.

Albrecht Gühring · Stadtarchiv Marbach

Erscheinung
Stadt Marbach am Neckar - Mitteilungsblatt für den Stadtteil Rielingshausen
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Ausgabe 32/2025
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