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Unabhängig durch Wind und Sonne: Wie erneuerbare Energien unsere Energieversorgung krisensicher machen

Die Energiewende wird häufig mit dem Klimaschutz begründet – und das zu Recht: Ohne den massiven Ausbau erneuerbarer Energien wird es nicht gelingen,...
Foto: Jan Boedeker, Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Die Energiewende wird häufig mit dem Klimaschutz begründet – und das zu Recht: Ohne den massiven Ausbau erneuerbarer Energien wird es nicht gelingen, die Erderwärmung zu begrenzen. Doch mindestens ebenso wichtig ist ein anderer Aspekt, der in der öffentlichen Diskussion oft zu kurz kommt: Erneuerbare Energien machen uns unabhängiger – wirtschaftlich, geopolitisch und sicherheitspolitisch.

Importabhängigkeit: Deutschlands strukturelles Risiko

Deutschland ist ein rohstoffarmes Land – etwa 70 % seines Primärenergiebedarfs wurden bis 2021 über Importe gedeckt (Quelle: BMWK, 2023). Besonders abhängig war die Bundesrepublik lange Zeit von fossilen Energieträgern: 95 % des Erdgases, 98 % des Erdöls und fast 80 % der Steinkohle kamen aus dem Ausland.

Diese Abhängigkeit wurde spätestens 2022 zum Problem, als der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die europäischen Energiemärkte erschütterte. Deutschland musste sich kurzfristig von russischem Erdgas lossagen – mit enormen Kosten, nicht nur finanziell. Die Energiekrise war ein Weckruf, der zeigte: Eine funktionierende Wirtschaft und ein handlungsfähiger Staat brauchen eine verlässliche, unabhängige Energieversorgung.

Wind und Sonne: Energie aus eigenem Land

Anders als fossile Energieträger sind Wind- und Solarenergie unerschöpflich und regional verfügbar. Sie sind die einzigen Energieträger, die in Deutschland selbst in großem Umfang genutzt werden können – direkt vor Ort, ohne Transportkosten, ohne geopolitische Risiken.

2023 stammten laut Fraunhofer ISE bereits 56 % des deutschen Strommixes aus erneuerbaren Energien, davon:

  • 25 % aus Windenergie (on- und offshore)
  • 12 % aus Photovoltaik
  • der Rest aus Biomasse und Wasserkraft

Im Vergleich dazu lag der Anteil erneuerbarer Energien 2010 noch bei unter 20 %. Der Ausbau zeigt: Je mehr Wind- und Solaranlagen installiert werden, desto weniger Energie muss importiert werden. Zwar ist Strom nur ein Teil des Gesamtenergieverbrauchs – aber mit der Elektrifizierung von Verkehr und Wärme (Stichwort Wärmepumpen, E-Mobilität) steigt seine Bedeutung rapide. Und je grüner der Strom, desto größer die Unabhängigkeit.

Regionale Energieautarkie: Kein Mythos, sondern Strategie

Auch auf kommunaler Ebene wird das sichtbar. Gemeinden, die auf dezentrale Energieversorgung setzen – durch Windparks, PV-Freiflächenanlagen, Batteriespeicher und Nahwärmenetze – werden weniger anfällig für globale Krisen. Sie müssen weniger Energie einkaufen, können Preise besser steuern und sind robuster gegenüber Marktverwerfungen. Wie viele andere Städte im ländlichen Raum, hat Ebersbach das Potenzial, selbst mehr Energie zu erzeugen als es verbraucht – zumindest bilanziell über das Jahr hinweg. Voraussetzung: konsequenter Ausbau, klare Flächennutzung und bürgerfreundliche Beteiligungsmodelle.

Widerstand gegen Wind und Sonne: Ein Blick auf die Realität

Trotz aller Vorteile regt sich regelmäßig Widerstand gegen neue Anlagen – sei es aus ästhetischen Gründen, wegen Lärm oder Landschaftsschutz. Diese Einwände sind ernst zu nehmen, aber sie dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, was auf dem Spiel steht: unsere Handlungsfähigkeit als Gesellschaft. Erneuerbare Energien sind nicht nur klimafreundlich, sie sind auch ein Werkzeug der strategischen Souveränität. Sie schützen uns vor politisch motivierten Preisschocks, sichern die Versorgung in Krisenzeiten und stärken die Resilienz von Wirtschaft und Infrastruktur.

Ein Rechenbeispiel zur Größenordnung

2023 importierte Deutschland für rund 120 Milliarden Euro fossile Energieträger, vor allem Erdöl, Erdgas und Kohle (Quelle: Statistisches Bundesamt, AG Energiebilanzen). Ein Großteil dieses Geldes floss in Länder, die weder demokratisch noch zuverlässig sind.

Ein einziger großer Windpark kann heute jährlich mehr als 100 Millionen kWh Strom erzeugen – genug für 30.000 Haushalte. Jedes Solardach, jede Bürgerenergiegenossenschaft spart fossile Energieimporte ein – Tag für Tag.

Fazit: Sicherheit durch eigene Energie

Erneuerbare Energien sind mehr als eine Maßnahme zum Klimaschutz – sie sind eine Investition in Freiheit, Stabilität und Selbstbestimmung. Sie machen Deutschland unabhängiger von autoritären Regimen, robuster in Krisenzeiten und wirtschaftlich widerstandsfähiger. Windkraftanlagen und Solarfelder mögen nicht jedem gefallen (sind fossile Kraftwerke oder Kernkraftwerke eigentlich optisch besser?) – sie jedoch nicht zu nutzen, ist am Ende deutlich teurer: ökologisch, wirtschaftlich und sicherheitspolitisch. Deshalb gilt: Wer in der Energiewende nur ein grünes Projekt sieht, unterschätzt ihre strategische Bedeutung.

Denn wer heute in Wind und Sonne investiert, investiert in eine krisenfeste und freie Zukunft – für Ebersbach, unsere Region, für unser Land.

Thorsten Just für den Ortsverband von Bündnis 90 / Die Grünen

Erscheinung
Ebersbacher Stadtblatt
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Ausgabe 26/2025
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