Weil Wäschenbeuren bis 1938 zum Oberamt Welzheim gehörte, habe ich den Jahrgang 1892 des Amts- und Anzeigenblatts für den Oberamtsbezirk Welzheim „Bote vom Welzheimer Wald“ durchstöbert. Ich hoffte, etwas über die 1892 entstandene Wäschenbeurener Lourdesgrotte zu erfahren. Ich fand die Nachricht vom 23. Januar 1892, dass Johannes Fritz, Gemeindepfleger, Acciser (Steuereinnehmer) und Schätzer der Gebäudebrand-Versicherung im Alter von 61 Jahren verstorben ist. Dieser ist höchstwahrscheinlich der Stifter der Lourdesgrotte, die auf seinem Grundstück errichtet wurde. Doch von der Lourdesgrotte war nichts zu finden. Dafür fand ich, übers Jahr verteilt, mehrere Berichte von Bränden in Wäschenbeuren. Besonders in Lindenbronn muss damals der Feuerteufel zugeschlagen haben (in den nun folgenden Presseberichten habe ich Satzbau und Rechtschreibung unverändert gelassen).
Wäschenbeuren, 23. Mai. Unsere Gemeinde steht seit einem Jahre unstreitig „im Zeichen des Feuers“. Es brannte heute Nacht wieder einmal in einem unbewohnten baufälligen Bauernhaus (Käsersches bei der „Krone“). Das Feuer teilte sich auch dem anstoßenden großen Scheel’schen Hause mit, das mit ersterem total eingeäschert wurde. Hätte der anfangs ziemlich heftige Ostwind länger angedauert, würden wir wohl jetzt auf ein entsetzliches Unglück zurückblicken müssen. Die eintretende Stille ermöglichte es, das Feuer auf seinem Herd beschränkt zu halten. Nach allgemeiner Ansicht liegt hier wieder die gewissenlose That eines Brandstifters vor.
Lorch, 9. Juni. In dem eine Stunde von hier entfernten Lindenbronn brach gestern Abend vor 8 Uhr in der Wagenhütte des Oekonomen Weinhardt Feuer aus, das dessen Scheune, sowie eine weitere Scheune und ein Wohnhaus einäscherte. Die zwei letzteren Gebäude gehörten dem Oekonomen Weber. Aus Wäschenbeuren und Maitis waren die Feuerwehren zur Hilfe herbeigeeilt. Die Entstehungsursache ist bis jetzt noch unbekannt. Sämtliche Geschädigte sind versichert.
Welzheim, 29. Juni. Nach heute Mittwoch Vormittag eingelaufener Nachricht ist um 7 Uhr Morgens in der Scheuer des Georg Schwilk in Lindenbronn, Gemeindebezirks Wäschenbeuren, Feuer ausgebrochen. Die Scheune ist abgebrannt und das Wohngebäude in Gefahr. Näheres noch nicht bekannt.
Lindenbronn, Gemeinde Wäschenbeuren, 29. Juni. Dem Brande vor drei Wochen folgte leider heute früh 6 1/4 Uhr schon wieder einer nach. Derselbe äscherte das Wohnhaus und die Scheune des Bauern Schwilk ein. Das Feuer brach im Oberling der Scheune aus. Der Abgebrannte ist zwar versichert, aber dessen Eltern, die am 18. Mai vorigen Jahres ihre goldene Hochzeit feierten, nicht. Die Aufregung unter den nicht ganz 60 Einwohnern zählenden Dörfchens ist eine große. Hoffentlich gelingt es, den Brandstifter zu entlarven, um so mehr, als Verdachtsgründe vorliegen sollen.
Wäschenbeuren, 19. Juli. Wegen der neulich gemeldeten unzweifelhaften Brandstiftungen wurden heute 2 Personen festgenommen und an die Staatsanwaltschaft Ellwangen abgeliefert.
Lindenbronn, 30. Juli. Heute nachmittag halb 3 Uhr brannte der dem hies. (hiesigen) Bauer Weinhard gehörige, etwa 30 Meter von seinem Wohnhause entfernt gelegene Futterschober im Wert von 1000 Mark ab. Es ist dies innerhalb 5 Wochen leider der 4. Brand, welcher unser stilles Dörfchen beunruhigte. Man vermutet, daß dieses Mal Knaben die Brandstifter seien.
Wäschenbeuren, 28. Oktober. Gestern früh halb 4 Uhr drohte dem Hause des Zimmermanns Schoch Feuersgefahr. Die ungeschickte Anbringung einer Hänglampe soll die Entzündung einiger oberhalb der Zimmerdecke befindlichen Gegenstände verursacht haben. Das Herabfallen der Lampe führte die Hausbewohner auf die Gefahr und zur schnellen Abhilfe derselben. Herr Oberamtmann Vellnagel und Oberamtsbaumeister Kinkel aus Welzheim waren heute zur Untersuchung hier.
Wesentlich mehr von Wäschenbeuren konnte ich im Amtsblatt des Oberamts Welzheim nicht finden. Es gab da noch einen Kurzbericht von der Arbeit der Wäschenbeurener Darlehnskasse, die ein Jahr zuvor gegründet worden war, und einen etwas längeren Bericht von der Verabschiedung des Aufsichtslehrers Christian Raible in den Ruhestand. Vom Gemeinderat ist nichts zu lesen, auch nichts von den Vereinen. Vermutlich wurden die Berichte vom Wäschenbeurener Rathaus an das Welzheimer Amtsblatt gesandt. Das Hauptereignis 1892 war wohl die den Ort und besonders Lindenbronn erschütternde Brandserie. Zum Staunen Anlass gibt, dass nach dem verhinderten Brand vom 28. Oktober sowohl der Oberamtmann (heute: Landrat) als auch der Oberamtsbaumeister nach Wäschenbeuren kamen.
Peter Schührer