Aus den Rathäusern

Unser Rathausplatz (Teil 1)

Im Rahmen einer Führung durch den Ortsmittelpunkt Plankstadts wurde mir einmal mehr bewusst, welche Veränderungen diesen zentralen Platz im Laufe des...
Ein Haus in der Ortsmitte von Plankstadt, heute ist dort das Bürgerbüro.
Das Bürgerbüro in der Wilhelmstraße 1Foto: © Gemeindearchiv

Im Rahmen einer Führung durch den Ortsmittelpunkt Plankstadts wurde mir einmal mehr bewusst, welche Veränderungen diesen zentralen Platz im Laufe des letzten halben Jahrhunderts ereilt haben.

In unmittelbarer Nähe geboren, nahm der Platz in meinem Leben schon immer eine besondere – vielleicht auch sogar emotionale – Position ein; für jemanden, der weitab im Unterdorf nahe den Sportplätzen, der Eisenbahnersiedlung oder dem südlichen Ortsteil seinen frühen Lebensmittelpunkt hatte, ein vielleicht eher fremd anmutender Gedanke. Und so gehen beim Auswählen der Fotos, die man jüngeren Besuchern zeigen möchte, die Gedanken zurück in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg – oder mit entsprechenden, aber leider eher seltenen Fotos, sogar noch weiter zurück bis zur Wende des 18. zum 19. Jahrhunderts. Die Beschaulichkeit von 1900, als noch der alte Dorfbrunnen, die Friedenslinde und das Kriegerdenkmal von 1870/71 das Bild des Platzes prägten, ist längst verschwunden und hat einer modernen und verkehrstechnisch angepassten, aber auch ansprechenden und durchdachten Lösung Platz gemacht. Schon der in der Plänkschder Bevölkerung früher verankerte Namen „Meßplatz“ weist auf eine frühere Nutzung hin – nämlich als Standort der jährlichen Kerwe, also der Vergnügungsstätte mit Reitschul‘, Schiffschaukel, Schieß- und Losbude und natürlich eines Gutselstandes hin. In der Erinnerung taucht dann aber auch die Erzählung des Großvaters über einen hartherzigen und geizigen in der Seitenstraße beheimateten Familienvater auf, der seinen Kindern von der nahen Straßenkreuzung aus lediglich einen Blick nach vorne zum bunten Kerweplatz gestattete – aber keinen Besuch desselben in Erwägung zog! Selbst erinnere ich mich an die alte Reitschul‘ neben dem Gasthaus „Löwen“ und an die Schiffschaukel und die Losbude entlang des Gartens, da wo heute die Seniorenwohnanlage steht. In den 50er Jahren musste dann auch die Kerwe Opfer dem ständig anwachsenden Verkehr ihren Tribut zollen und wurde nach dem Bau der neuen Sportanlagen an der Jahnstraße dann an den Platz am verlängerten Waldpfad verlegt und dieser neue Standort blieb Festplatz der Gemeinde bis heute. Aber es ist ja nicht nur die „Kerwe“, die einer neuen Zeit gewichen ist. Werfen wir einen Blick auf die zahlreichen Geschäfte, die den Platz mitprägten: Beginnen wir beim heutigen Bürgerbüro an der Wilhelmstr. 1. beim Hahne-Schuhmacher, ein landwirtschaftliches Anwesen mit einem Schuhgeschäft im Wohnhaus, dahinter an der Wilhelmstraße die Scheune, an deren Außenseite der Tabak zum Trocknen hing. Der Landwirt Jakob Hahn war viele Jahre Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Plankstadt. Viele trauern auch der daneben liegenden alten Eisdiele am Brühler Weg nach, auch weil man seine Eiswaffel gleich auf der Kirchenmauer verzehren konnte. Bevor hier mit dem Italiener Alighiero Fiammelli die Eisdielen-Ära begann, die bis 2024 andauerte, befand sich in dem kleinen Laden eine Filiale der Schwetzinger Metzgerei Ziegler. Hinter dem Rathaus, ungefähr da wo heute der Rathauseingang Wilhelmstraße liegt, stand eine Remise mit der Ausfahrt des Feuerwehrautos und ganz in der Ecke das Plankstädter Polizeirevier, das damals noch rund um die Uhr mit drei Beamten besetzt war. Die weiteren Gerätschaften in der Remise stellten gewissermaßen den Bauhof dar – viele erinnern sich noch an den emsigen Vorarbeiter, den „Busche-August“, der überall helfend eingriff, wo in Plankstadt Not am Mann war. Und im vorderen Anbau – links neben dem Gasthaus „Hirsch“ – hatte hinter den beiden großen Toren die Viehwaage ihren Standort, wo an Schlachttagen morgens um 6 Uhr die Schlachttiere der Plankstädter Metzger gewogen wurden – das Quieken der Schweine war auch im weiteren Umfeld immer gut zu hören! Das gehörte damals einfach zum dörflichen Leben, unterstand keinerlei tierschützerischen Gedanken und zog auch keinerlei Kritik nach sich.

Diese Viehwaage wurde auch genutzt zur jährlichen Tabakverwiegung und die Straßenabschnitte um das Rathaus waren an diesen Tagen oft blockiert von den wartenden vollbeladenen Wagen mit dem getrockneten Tabak. Der wachsende Verkehr machte die Verwiegung an diesem Platz auch bald unmöglich und an der Ecke Scipio-Straße. Beim Stichwort „Waage“ fällt alten Plänkschdern vielleicht auch noch die alte Brückenwaage vor dem Rathaus ein – direkt vor den Fenstern des heutigen Trau-Saals; die Bedienelemente der Waage waren im Haus, also im ehemaligen Bürgersaal untergebracht. Hier wurden größere Fahrzeuge gewogen, oft beladen mit Baumaterialien. Die Brückenwaage wurde dann verlegt auf den Rathausplatz und befand sich vor der Scheune des Anwesens Büchel, etwas an der Stelle, wo sich heute die Eingänge zur Feuerwehr und zu den Wohnungen des Gemeindezentrums befinden. Ein kleiner Raum mit den Bedienelementen war in die alte Scheune integriert worden. Fälschlicherweise wird heute oft der Zugang zum Tiefbrunnen in der Mitte des Rathausplatzes als Standort der alten Brückenwaage genannt. Die beiden anderen Tiefbrunnen der Gemeinde befinden sich in der ehemaligen Eisenbahnersiedlung auf dem Parkplatz des früheren Gasthauses Feldwanz und in der Bgm.-Helmling-Straße. Im Jahr 1961 wurde dann nach Abriss eines Teils der Büchel’schen Scheune das Feuerwehrgerätehaus gebaut, da auch der Fuhrpark der Feuerwehr wuchs. Hinter diesem, etwa bei der Abfahrt zur heutigen Tiefgarage, war der Eingang zum örtlichen Bauhof, der hier im heutigen Gartengelände seinen Standort gefunden hatte. Dass in der Rathaus-Remise mit den beiden großen Toren im Jahr 1916 die Feldküche untergebracht war und sich bei den Essensausgaben lange Schlangen von Soldaten auf der Straße bildeten, ist aus dem Gedächtnis der Gemeinde verschwunden – hätte es Eugen Pfaff nicht aufgeschrieben. Damals war Plankstadt sogar für kurze Zeit Garnison geworden, als Rekruten vom Infanterieregiment 110 aus Heidelberg im Schulhaus untergebracht waren, bevor sie in den Ersten Weltkrieg zogen. Im Südosten des Platzes, wo heute das Wohnhaus mit der Volksbank-Filiale seinen Platz hat, stand das alte Gasthaus „Zum Löwen“, einst gebaut als katholischer Kindergarten, dann 1922 getauscht gegen das heutige katholische Pfarrheim, dem ursprünglichen alten Standort des Gasthauses „Zum goldenen Löwen“. Auf dem östlichen Teil des Rathausplatzes – auf dem Gelände des ehemaligen Autohauses Mack – finden wir heute die Seniorenwohnanlage mit 29 Wohneinheiten sowie den drei gewerblich genutzten Erdgeschoss-Läden, der Bäckerei-Goertz-Filiale, dem „Kreativ – Blumen und Geschenke“ sowie der Praxis für Physiotherapie. Auch diese Grundstücke sind historisch interessant, denn neben der Mack’schen Schmiede in der Schwetzinger Straße standen noch ein kleines Haus und das Eckhaus zur Luisenstraße. In einem der Läden war die „Schneidersheiners-Emma“ beheimatet, ein Kurzwarenladen, in welchem es von der Datschkapp bis zum Büstenhalter alles zu kaufen gab, was man eben unter Kurzwaren so versteht. Emma Müller, die Besitzerin, hatte ihren bekannten Namen durch ihre Herkunft, denn sie war die Tochter des Schneiders Heinrich Müller, der im Eckhaus seine Schneiderei hatte. Nach dem Tod von Emma Müller hatte hier noch einige Zeit ein Blumenladen seinen Standort. Der Laden an der Ecke beheimatete über die Jahre hinweg diverse Inhaber: die Volksbank-Filiale, eine Reinigungsfiliale, ein Modegeschäft als Zweigstelle der Fa. Textil-Roth, einen türkischen Gemüseladen – um nur die wichtigsten zu nennen. Nach dem Abriss der Gebäude diente das Gelände noch eine Zeitlang als öffentlicher Parkplatz. Das Gelände der Firma Mack blieb im Privatbesitz – eine große Lösung des gesamten Geländes einschließlich des Adler-Areals ließ sich so leider nicht verwirklichen. So sehen wir heute die etwas merkwürdig anmutende Lösung mit dem neuen Gebäude an der Ecke und dem neuen Dienstleistungsgebäude mit der Sparkassen-Filiale und dazwischen das alte Haus der Mack’schen Schmiede, zwar renoviert, aber doch wie ein Fremdkörper zwischen den großen Gebäuden.

(Fortsetzung folgt)

Ulrich Kobelke, Gemeindearchivar

Erscheinung
Mitteilungsblatt Plankstadt
Ausgabe 30/2025
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