Wir alle kennen diesen schon vom Evangelisten Matthäus (Mt 6:11-15) formulierten Gebetswunsch. Doch der Weg von der Ähre über Korn und Mehl bis zum fertigen Brot oder Pizzateig gerät zunehmend in Vergessenheit. Seltenheit haben inzwischen leider auch die Familienspaziergänge in Feld und Flur, bei denen Kinder die Getreidearten unterscheiden lernen. Zudem hat sich in Deutschland zwischen 1992 und 2022 die Zahl der Ackerbaubetriebe halbiert und fast 15.000 qkm Ackerland gingen verloren. Aktuell verschwinden jeden Tag 52 Hektar landwirtschaftliche Flächen (BReg 20/7710). Auch wenn das Neubaugebiet Bruhweg II dazu nur 12 Hektar beiträgt, ist es wichtig, dass dessen Bewohner und alle Gerlinger Bürger wissen, dass hier und im Gebiet Bergheimer Weg, wo 1972 118 Mahlsteine ausgegraben wurden, seit der Jungsteinzeit Getreide angebaut wurde, was den Menschen das Überleben sicherte.
Dank archäologischer Ausgrabungen wissen wir, dass schon vor 7.000 Jahren neben Einkorn und Emmer auch Dinkel angebaut wurde, der im Mittelalter das meistgehandelte Getreide war. Aus dem Jahr 1836 haben wir die Liste des Fruchtzehnten, den Gerlingen an das Hospital Stuttgart abgeben musste. Aufgeführt sind Weizen, Roggen, Dinkel, Einkorn, Gerste, Hafer und Emmer. Und Hirsebrei war bis ins 19. Jahrhundert ein Grundnahrungsmittel. Wir schlagen daher – wie schon 2022 gegenüber der Stadtverwaltung – für die Benennung der geplanten 8 Straßen im Bruhweg IIfolgende Getreidenamen vor:
Dinkel
Einkorn
Emmer
Gerste
Hafer
Hirse
Roggen
Weizen
Damit würde an die jahrtausendelange Ackerbautradition im Dorf Gerlingen erinnert, was angesichts der laufenden Entfremdung von natürlichen Nahrungsmitteln vor allem für die nachwachsende Generation wichtig ist. Zudem zeigt dies Wertschätzung für unseren nach wie vor lebenswichtigen Bauernstand, der vielfachen Herausforderungen ausgesetzt ist.
Jürgen Wöhler
www.heimatpflegeverein-gerlingen.de