Unser Winter-Fliegerlager in Namibia
Schon seit längerer Zeit ist es unser Traum, im europäischen Winter, wo ja segelfliegerisch so gut wie nichts los ist, nach Afrika zu reisen und dort im Segelfliegerparadies Namibia Streckenflüge zu unternehmen.
Nach umfangreichen Vorbereitungen haben wir es wahr gemacht und sind in der Zeit um den Jahreswechsel mit einer kleinen Abordnung von Fliegerkameraden zur Lodge Veronica, die ca. 200 km südöstlich von Windhoek liegt, gereist.
Vorbereitungen waren insoweit zu treffen, weil neben der Gesundheitsvorsorge (Impfungen) die Linienflüge von und nach Frankfurt gebucht werden mussten sowie die Unterkünfte auf der Lodge Veronica. Da der Flugfunk in Namibia offiziell in englischer Sprache durchgeführt wird, musste jeder Pilot vorab einen bestandenen englischen Sprachtest Level 4 absolvieren und nachweisen.
Ebenso musste jeder Pilot durch eine strenge Fliegerärztliche Untersuchung nachweisen, dass er körperlich fit ist.
Um dort fliegen zu können, haben wir einen eigenstartfähigen Segelflugzeug-Doppelsitzer gemietet, insbesondere auch deshalb, weil Segelfliegen in Namibia im Falle einer erforderlichen Außenlandung gefährlich sein kann! Geteilte Cockpitarbeit ist eben nur halb so schwer.
Bei der Landesfläche von Namibia handelt es sich bei 99 % um wildes, unerschlossenes und nicht landbares Gebiet, durch welches nur wenige Sandstraßen, sehr wenige Schotterstraßen und äußerst seltene geteerte Straßen führen.
Auf der südlichen Halbkugel ist ja um diese Zeit Hochsommer, was beste Voraussetzungen für lange Streckenflüge verspricht.
Aufgrund der Wärme (tagsüber am Flugplatz teilweise über 43 Grad im Schatten) musste jeder Pilot neben ausreichendem Sonnenschutz ausreichend Wasser und Verpflegung, einen GPS-Tracker für den Fall eines Notabsprungs mit dem Fallschirm sowie Anschlussschläuche zur Sauerstoffversorgung dabeihaben.
Die Hauptwolkenuntergrenze in Namibia, die auch fliegerisch ausgenutzt wird, liegt um die 5000 m über dem Meeresspiegel, wobei das Anlegen von Sauerstoffversorgungsschläuchen ab ca. 3500 m Pflicht ist, um Ausfälle der Piloten aufgrund Sauerstoffmangels vorzubeugen.
Als fliegerische Vorhut traf ich zusammen mit Peter Lutz mit 2 Tagen Verspätung aufgrund von Linienflugausfällen in Veronica ein, eine Woche später kamen nach und nach unsere Fliegerkameraden Roland Schierling und Gunter Binninger, der anfangs noch durch einen Achillessehnenriss gehandicapt war sowie Michael Beutel und Amira Amin.
Auf unserem Flugplatz und Unterkunft Veronica Lodge hatte sich so mittlerweile eine internationale Pilotengruppe aus England, Deutschland, Holland, Israel, Tschechien und Japan eingefunden, die mehrheitlich mit gecharterten, eigenstartfähigen Segelflugzeugen flogen.
Bei den eigenstartfähigen Segelflugzeugen handelt es sich um Flugzeugtypen, bei denen der Propellerturm während des Startvorganges ausgefahren und nach Erreichen einer ausreichenden Sicherheitshöhe und Abkühlen des Motors wieder eingefahren und im Rumpf des Flugzeuges versenkt wird.
Für den Fall, dass man auf dem Überlandflug wegen mangelnder Thermik zu tief kommt und keinen Anschluss mehr findet, kann man den Propeller ausfahren und mit Motorhilfe wieder ausreichend Flughöhe gewinnen, was während eines Fluges von Peter Lutz und Roland Schierling einmal infolge eines großräumigen Gewitters notwendig wurde.
Dass aber auch dieses nicht immer klappt, zeigte uns das Beispiel unserer japanischen Fliegerfreundin Reiko Sakurai, Mitglied der japanischen Frauennationalmannschaft:
Da sie aufgrund mangelnder Thermik auf einem Streckenflug zu tief gekommen war, musste sie den Motor ausfahren, um wieder Höhe zu gewinnen.
Leider war der Luftfilter ihres Flugzeugmotors mit Sand verdreckt und der Motor brachte zu wenig Leistung und musste deshalb bei einer Farm in der Wildnis außenlanden.
Die Landung hat sie zwar Gott sei Dank ohne Schaden bewerkstelligt, jedoch wurde dadurch eine über 2-tägige Rückholaktion auf dem Landweg, hauptsächlich über Schotterstraßen, erforderlich!
Durch das fast durchgehend gute Segelflugwetter konnten wir zu tagesfüllenden Flügen mit Streckenlängen von knapp 400 bis über 1000 km und Flugdauern von 4 bis 9 Stunden bis an die Staatsgrenzen von Botswana und Südafrika starten.
Wenn auch immer nur 2 Piloten an einem Tag fliegen konnten, so kamen trotzdem alle auf ihre Kosten, auch deshalb, weil wir 2-mal mit Fliegerfreunden mitfliegen konnten und andere Flugzeugmuster kennengelernt haben.
Wenn das Abrüsten und Verzurren der Flugzeuge am Abend erledigt war, konnten wir uns noch kurz frisch machen und ausruhen, bevor es zum abendlichen Dinner ging, was durch die namibischen Bediensteten ausgiebig zelebriert wurde.
Wegen der hohen Temperaturen war der Aufenthalt natürlich sehr anstrengend, aber trotzdem traumhaft schön und ist leider viel zu schnell vorbeigegangen. Der Fliegerurlaub in Namibia wird für jeden Teilnehmer unvergesslich bleiben!
Thomas Leibbrand