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Unsere Feuerwehren

Lange, bevor es offizielle Feuerwehren in den Dörfern der Hardt gab, war es Aufgabe der Nachtwächter, die im Nachbarschaftswechsel vom Wachtheisel ...

Lange, bevor es offizielle Feuerwehren in den Dörfern der Hardt gab, war es Aufgabe der Nachtwächter, die im Nachbarschaftswechsel vom Wachtheisel aus Dienst taten, auf offene Feuer und Brände zu achten und im Brandfall die Sturmglocken auf den Rathäusern zu läuten. Alle männlichen Bürger zwischen 18 und 55 Jahren waren dann verpflichtet, mit ihren für jeden Haushalt vorgeschriebenen ledernen Löscheimern zur Brandstelle zu eilen und den Wassernachschub für die Handpumpen sicherzustellen. Auch Frauen und Mädchen halfen beim Pumpen an den Brunnen und bei der erforderlichen langen Eimerkette von dem Brunnen zur Brandstätte.

In einem zeitgenössischen Gedicht heißt es dazu:

Durch die Hände langer Kette um die Wette
fliegt der Eimer hoch im Bogen, spritzen Wellen – Wasserwogen!

Mit diesen ledernen Löscheimern hatte es eine besondere Bewandtnis. Wenn ein junges Paar heiraten und einen eigenen Hausstand gründen wollte, mussten die jungen Leute erst auf dem Rathaus einen mit ihrem Namen gekennzeichneten Löscheimer vorweisen, bevor ihnen der Bürgermeister die standesamtliche Heiratszeremonie gewährte. Zugezogene Neubürger mussten ein Eimergeld von einem Gulden und zwölf Kreuzern entrichten. Drei der sechs in unseren Sammlungen erhaltenen ledernen Löscheimer sind mit einheimischen Familiennamen gekennzeichnet. Diese Kennzeichnung erlaubte es allen am Löschvorgang Beteiligten, am Ende des Einsatzes dann wirklich auch den eigenen Eimer zurückzubekommen.

Für die reibungslose Wasserversorgung der großen, von vier Mann bedienten Wipp-Pumpen der Feuerspritzen, die von Pferden zur Brandstelle gezogen wurden, mussten zusätzlich zu den Eimermengen auch größere – aus Blech gefertigte – Wasserbehälter eingesetzt werden. Diese konnten – ähnlich, wie die bei der Weinlese üblichen Traubenbütten – von starken Männern auf dem Rücken zur Brandstelle getragen und zum Füllen des Pumpentanks eingesetzt werden. Manfred Stern (Leo) konnte im letzten Moment, vor dem Ausräumen des Speichers im Leopoldshafener Feuerwehrhaus, drei dieser äußerst seltenen Transportbehälter für das Heimatmuseum in Leopoldshafen retten. Sie stammen wahrscheinlich noch aus der Gründungszeit unserer Wehren, die fast zeitgleich 1864 in Eggenstein und 1865 in Leopoldshafen entstanden.

Der Eggensteiner Bierbrauer Ludwig Schnürer und der Ratschreiber Ludwig Hügele gründeten damals die Eggensteiner Wehr, die kurz nach der Gründung über 60 Männer beitraten. In Leopoldshafen erfolgte die Gründung der Wehr durch den Englisch-Hof-Wirt, Karl Dürr, und Wilhelm Schärr. Noch im Gründungsjahr 1864 gründete sich in Eggenstein auch ein Spielmannszug, und 1867 konnte eine moderne Feuerspritze angeschafft werden. In Leopoldshafen war eine Feuerspritze im Rahmen der Geräteausstattung für den Hafen vorhanden. Viele der insgesamt über 90 Mitglieder in beiden Ortsteilen waren bis 1849 Anhänger der Turnerbewegung des Turnvaters Jahn. Diese freiheitliche Bewegung war durch ihr Engagement während der demokratischen Revolution von 1849 bei der Obrigkeit in Misskredit geraten und danach verboten worden. Ein gutes Beispiel für die Union aus Turnern und Brandschützern ist ein Themen-Bierkrug aus der Zeit um 1880 in unserer Sammlung, der sowohl die Symbole der Feuerwehr wie auch das Vierfach-F, das Frisch – Fromm-Fröhlich – Frei der Turner aufweist.

Aus der Zeit der Gründung unserer Wehren sind auch noch drei der originalen Messinghelme erhalten, die seinerzeit durch einen Kredit des Bäckermeisters Ludwig Stern erworben werden konnten.

In den Dörfern am Rhein mussten die Feuerwehren nicht nur dem Feuer, sondern dem Wasser wehren. Ihnen oblag die Dammwacht, das Schließen der Dammpforten bei anlaufendem Hochwasser und auch die nächtliche Sicherung und Reparatur von Leck-Stellen im Damm. Legendär in der Geschichte der Wehren war der Brand von 1888, dem zwei Wohnhäuser und fünf Scheunen zum Opfer fielen. Auf der Straßenseite des Heimatmuseums in Leopoldshafen haben sich bis heute unter dem dafür angebrachten Vordach im Erdgeschoss noch Feuerwehrleitern, Einreiß-Haken und Stützen erhalten.

In den Lebenserinnerungen des Eggensteiners Ludwig Jungmann findet sich die lebhafte Schilderung einer Feuerwehrübung, wie sie der Autor in seiner Jugend um 1890 noch erlebte.

Wolfgang Knobloch

Erscheinung
Amtsblatt der Gemeinde Eggenstein-Leopoldshafen
NUSSBAUM+
Ausgabe 12/2025
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