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Aus dem Geschäftsleben

Urbacher Miniaturen 101: Die Geschichte der Firma Weidler

Welcher Urbacher kennt sie nicht, die enzianblauen Lkw mit Tieflader und mit schweren Baumaschinen beladen und die vielen Betriebsbusse der Urbacher Bauunternehmung...
Gertrud Weidler, geb. Strobel. Sie führte das Unternehmen nach dem Tod ihres Ehemanns Wilhelm Weidler bis zu ihrem Tod.
Gertrud Weidler, geb. Strobel. Sie führte das Unternehmen nach dem Tod ihres Ehemanns Wilhelm Weidler bis zu ihrem Tod.Foto: Fam. Weidler

Welcher Urbacher kennt sie nicht, die enzianblauen Lkw mit Tieflader und mit schweren Baumaschinen beladen und die vielen Betriebsbusse der Urbacher Bauunternehmung Wilhelm Weidler aus der Haubersbronner Straße? Diese Firma ist ein in zweiter und bereits in dritter Generation geführter Familienbetrieb, der im nächsten Jahr seinen 100. Geburtstag feiert. Wir nehmen dies zum Anlass, über die wechselvolle Geschichte des Unternehmens zu berichten.

Wilhelm Weidler wurde im Jahr 1900 in Urbach als Sohn des Landwirts Johannes Weidler geboren. Er wuchs in der schweren Zeit nach dem Ersten Weltkrieg mit Mangel und hoher Arbeitslosigkeit auf. Seinen Lebensunterhalt als junger Mann verdiente er sich im Forst bei einer Waldarbeiterkolonne in den Urbacher Wäldern und auch in der Fremde in der Landwirtschaft. Die Arbeiter beim Forst waren neben der Pflanzung und Holzfällung insbesondere mit dem Bau von Wegen und deren Unterhaltung beschäftigt. Dann kam Mitte der 20er-Jahre der Silberstreifen am Horizont mit wirtschaftlicher Belebung.

Wilhelm Weidler fand, dass der Wegebau mit Maschinenkraft wesentlich einfacher geht als mit mühevoller Handarbeit. Er erwarb eine gebrauchte Planierraupe und meldete 1926 ein Gewerbe im Bereich Tief- und Straßenbau als auch für Betonbau und Maurerarbeiten an. Es wurden neben dem Tief- und Straßenbau auch kleinere Hoch- und Umbauarbeiten ausgeführt. An entsprechendem Fachpersonal fehlte es nicht.

Nach kleinen, bescheidenen Anfängen ging es kontinuierlich weiter. Der Maschinenpark wurde durch große Weserhütte-Seilbagger und Lkw erweitert. Auch der Einsatz von Feldbahnen mit Lokomotiven und Loren war zu dieser Zeit Standard.

Auf dem Grundstück an der Haubersbronner Straße wurde ein Wohnhaus und ein Lagerschuppen gebaut. Der Bauboom in den 30er-Jahren brachte eine rasante Entwicklung mit sich. Es wurden weitere Lagerräume, Büro, Tankanlage und Kraftwagenhallen gebaut. Auch eine eigene Produktion von Betonröhren und Bimsmauersteinen wurde aufgenommen. Es kamen dann auch die ersten Großaufträge wie ein Autobahnzubringer bei Kirchheim, der Bau eines Flugplatzes in Klagenfurt und Fluss- und Bachkorrekturen an Rems und Wieslauf und anderen Gewässern. Das notwendige Steinmaterial wurde jeweils in den eigenen Steinbrüchen gewonnen. Für die Flussbauarbeiten kamen die ersten Feldbahnzüge für den Erdtransport zum Einsatz. Während der Jahre des Zweiten Weltkriegs musste der Betrieb mit einer reduzierten Mannschaft auskommen.

Wilhelm Weidler verstand es, tüchtige Mitarbeiter zu gewinnen. Ab 1942 firmierte Weidler als Firma für Hoch- und Tiefbau und Eisenbetonbau. Das bedeutete, es wurde Hochbau und Ingenieurbau angegliedert. In dieser Zeit wurden bereits auch Brücken ausgeführt bzw. zerstörte Brücken wieder aufgebaut, zum Beispiel die Schlachthausbrücke in Schorndorf, die Brücke zum Hegnauhof, die Remsbrücken in Urbach, Plüderhausen und Waldhausen.

Viele Urbacher machten in der Blütezeit der Bauwirtschaft nach dem Krieg ihre Maurerlehre bei der Firma Weidler. Wilhelm Weidler war als Maurermeister ein strenger Lehrmeister. In dieser Zeit entstanden auf dem Werksgelände auch eine Schlosserei, eine Schmiede, eine Zimmerei mit Abbruchplatz und eine Eisenbiegerei, später auch ein Transportbetonwerk.

Die Familie entwickelte sich ebenfalls weiter. Wilhelm Weidler heiratete 1940 Getrud Strobel, eine Tochter des Oberurbacher Försters. Das Ehepaar bekam zwei Kinder, Tochter Marie-Luise und Sohn Peter, der Diplom-Ingenieur wurde und heute nach 53 Jahren immer noch als Geschäftsführer tätig ist.

Im Jahre 1955 verstarb Wilhelm Weidler im Alter von 55 Jahren nach längerer Krankheit. Das Unternehmen wurde von da an von seiner Frau weitergeführt. Unterstützt von einigen sehr kompetenten Mitarbeitern. Besonders zu nennen ist hier Herr Fritz Schabel aus Urbach, der als kaufmännischer Leiter tätig war. Die Bautätigkeiten der Firma waren und sind vielfältig, der Ingenieurbau mit großen Spannbetonbrücken, Kläranlagen, Regenüberlaufbecken und Hochbehältern. Auch beim Neubau von Stauseen (Regenrückhaltebecken) war die Firma immer dabei. So wurde in den 60er-Jahren als erster großer Stausee der Lehenbachsee in Winterbach gebaut. Es folgten Spraitbach, Rindelbach, später der Herrenbachstausee, Christental, Horn, Götzenbach und als letztes Becken Affalterbach.

Die Entwicklung ging weiter. Ende 1972 übernahm Peter Weidler die technische Leitung des Unternehmens. In seine Zeit fielen dann auch die umfangreichen Bauarbeiten in Urbach, wie die Erschließung Banrain, die Urbacher Mitte, der Bau einer Brücke in Urbach über den Urbach, sowie ein Regenüberlaufbecken an der Auerbachhalle. Hier war überall die Firma Weidler tätig.

Frau Gertrud Weidler war Zeit ihres Arbeitslebens bis zum Eintritt ihres Sohnes Peter als alleinige Geschäftsführerin tätig. Sie bestimmte die Entwicklung des Unternehmens mit immer guten Ideen. Frau Weidler war sehr naturverbunden. Sie pflegte mit Hingabe, soweit ihre Kräfte es erlaubten, ihren großen Gemüse- und Obstgarten. Gertrud Weidler verstarb im Alter von 94 Jahren am 19.10.2016 in ihrem Haus in Urbach.

Nach der Jahrtausendwende kam dann die dritte Generation der Familie in die Verantwortung. Die Tochter Nina kam 2005 in die Firma und ist als Dipl.-Betriebswirtin, Mitgeschäftsführerin und kaufmännische Leiterin. Der Sohn Nik kam 2018 als Dipl.-Ing. MA Architekt nach vielen Stationen in renommierten Firmen in das Unternehmen und leitet als Prokurist das Business Development. Die Firma Weidler hat zurzeit ca. 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist schwerpunktmäßig im Tiefbau, Straßenbau, Erdbau, Wasserbau und Ingenieurbau tätig.

Der Firmengründer Wilhelm Weidler
Der Firmengründer Wilhelm Weidler.Foto: Fam. Weidler
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Ausgabe 30/2025
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