In der Ausgabe vom 16. Mai 2024 (Miniatur 84) haben wir uns bereits mit den historischen Backhäusern in Oberurbach beschäftigt. Dabei wurden die nicht mehr existierenden Häuser an der Beckengasse, mit Wachstube im Obergeschoss, und ein Haus im Hohenacker erwähnt. Auch auf den Vorgängerbau des Hauses am Weppach, Ecke Webbach/Haubersbronner Straße, wurde hingewiesen. Heute wollen wir über die noch bestehenden Backhäuser in Urbach-Nord und Urbach-Süd und ihre Besonderheiten berichten.
Das Backhaus in der Haubersbronner Straße 11, ist der zweite Nachfolgebau des von der Gemeinde im 19. Jahrhundert erworbenen privaten Backhauses. Es wurde 1952 nach den Plänen von Architekt Adolf Ziegler im Auftrag der Gemeinde gebaut. Das Haus verfügt über zwei Öfen und wird heute noch in regelmäßigen Abständen von einer Backgemeinschaft betrieben. Hierbei gibt es eine Rangfolge im Betrieb des Ofens. Da das Holz zum Beheizen des Backofens selbst mitgebracht werden muss und der Nutzer im ersten Rang zum Aufheizen des Ofens Reisig und mehr Holz braucht, wechselt dieser Rang zwischen den einzelnen Nutzern. Besonderheit an den Öfen ist, dass bei einer Renovierung einer der beiden Ofenböden mit leichtem Gefälle nach vorne gebaut wurde, damit durch das Guckloch an der Vorderseite auch der Zustand der hinteren Laibe besser kontrolliert werden kann. Der Nachteil dieser Lösung stellte sich bald heraus, denn durch das Gefälle wurde das Backen von Flammkuchen schwierig, da der Rahm auf dem Teig auf der vorderen Seite des Kuchens zusammenlief. Ein weiteres Problem trat in den 80er Jahren durch den Neubau des Wohn- und Geschäftshauses Schlossstraße 1 auf, das an die Haubersbronner Straße vorgesetzt wurde und höher als der Vorgängerbau ist. Der Rauch beim Anheizen des Ofens im Backhaus machte eine Balkonnutzung und Fensteröffnung nicht mehr möglich. Nun war zwar das Backhaus früher da und jeder konnte sehen, dass es auch noch genutzt wird, aber die Rauchentwicklung im eng bebauten Ort war doch sehr lästig.
Das Backhaus schließen wollte man allerdings nicht. Die Lösung war dann eine Erhöhung des Backhauskamins und der Einbau einer zusätzlichen Rauchgasverbrennung in den Kamin. Gleichzeitig wurde die Backhausnutzung auf einen zweiwöchentlichen Turnus zu festgelegten Zeiten reduziert. Ein Kompromiss, der bis heute funktioniert. Im Jahre 1956 wurde im Auftrag der Gemeinde nach den Plänen von Architekt Hermann Wörner an der Westseite des Gebäudes eine Gemeinschaftskühlanlage angebaut. Von dieser Einrichtung werden wir in der nächsten Miniatur berichten.
Das Backhaus im Größenwiesenweg 3 in Urbach-Süd wurde im Auftrag der Gemeinde nach den Plänen von Architekt Adolf Ziegler im Jahre 1951 wieder aufgebaut. Es hat ebenfalls zwei Öfen, die bis vor einigen Jahren noch von den Familien Leitlein und Rube betrieben wurden. Die Rauchprobleme traten dort nicht auf, da sich in unmittelbarer Umgebung nur landwirtschaftliche Scheunen und Stallungen befanden und die Öfen nicht so intensiv genutzt wurden wie in Urbach-Nord.
Besonderheit dieser Öfen ist, dass sich in einer Kammer unter dem Dach ein „Schnitzdarre“ zur Herstellung von Dörrobst befindet. Diese Schnitzdarre erinnert daran, dass im alten Backhaus, das im 19. Jahrhundert seinen Platz an der gleichen Stelle hatte, 1859 ein Dörrofen eingebaut wurde. Schnitz und Hutzeln aus Äpfeln und Birnen sowie gedörrte Zwetschgen erzeugte man in diesem Dörrofen für den Eigenbedarf und für den Verkauf, eine alte „Spezialität“ der Urbacher, auf die auch ihr Neckname „Schnitzfetzer“ zurückgeht.
In Urbach gibt es noch zwei fahrbare Backöfen. Das ist zum einen der „feirige Elias“ der Familien Schiek und Heckenlaible. Gezogen von einem blauen Lanz Bulldog gehört er seit Jahren zum Urbacher Ortsbild. Ein weiteres fahrendes Backhäusle ist mit Wilfried Schiek unterwegs. Angehängt an einen hellgrünen MAN-Traktor ist auch dieses Fahrzeug auf manchem Fest anzutreffen.
Die Gemeindebackhäuser in unserer Region dienten vor allem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zur ortsnahen Versorgung der Bevölkerung und sind noch heute häufig anzutreffen. Sie werden auf dem Schurwald z. B. in Ober- und Unterberken und Adelberg oder im Schwäbischen Wald, z. B. in Walkersbach einmal im Jahr zu Festen intensiv genutzt.