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Aus dem Geschäftsleben

Urbacher Miniaturen 108: „Vetter hat's“ – ein Urbacher Original

Veranlasst durch die 99-jährige Geschichte der Bauunternehmung Wilhelm Weidler sind wir darauf aufmerksam geworden, dass es heute in Urbach noch mehr...
Eugen Vetter mit seinem Fahrzeug mit Kettenantrieb
Eugen Vetter mit seinem Fahrzeug mit KettenantriebFoto: Familie Vetter

Veranlasst durch die 99-jährige Geschichte der Bauunternehmung Wilhelm Weidler sind wir darauf aufmerksam geworden, dass es heute in Urbach noch mehr Betriebe gibt, die eine jahrzehntelange Tradition aufweisen können. Als Kriterium für unsere Geschichten haben wir Betriebe des Gewerbes, Handels und Handwerks ausgewählt, die mindestens in der dritten Generation geführt werden und über einen Geschäftsbetrieb von etwa 75 Jahren zurückgreifen können. Diese wollen wir in einer kleinen Serie vorstellen.

Heute beginnen wir mit einem Handelsgeschäft, das in Urbach und darüber hinaus für seine vielfältige Auswahl und fachliche Beratung bekannt ist: die Haushalts- und Eisenwarenhandlung Vetter in der Gartenstraße. Geführt wird der Betrieb heute von Friedemann Vetter zusammen mit seiner Frau Wanda und der Schwester Ellen.

Der Gründer des Betriebs Eugen Vetter wurde 1912 in Weitmars geboren, heiratete Berta Rube aus Urbach und blieb dann in Urbach. Das Ehepaar hatte 2 Kinder, die Inge und den Hans. Eugen Vetter verstarb im Jahr 1984. Hans Vetter übernahm 1983 den Betrieb des Vaters und heiratete Gisela Bareiß aus dem Schwäbischen Wald. Sie zog dann aus der Champagnerluft des Welzheimer Waldes in das „einen Kittel wärmere Remstal“. Das Ehepaar hat 3 Kinder: den Friedemann, den Ralf und die Ellen. Der Tod des Sohnes Ralf im Jahre 1991 hat tiefe Spuren in der Familie Hans und Gisela Vetter hinterlassen. Friedemann hat 1999 den Betrieb übernommen, wobei sowohl seine Eltern als auch seine Schwester bereits seit 1980, die Schwester Waldtraud seiner Mutter und seine Frau auch noch im Laden tätig sind.

Eugen Vetter war unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg bereits selbständig. Er holte mit einem Fahrzeug mit Kettenantrieb für die Urbacher Haushalte Brennholz aus dem Wald. Im Winter 1947/48 gründete er dann eine Eisenwarenhandlung, die der Gemeinderat einstimmig genehmigte und auch vom Landratsamt wurde am 18.02.1948 eine „Verkaufsstelle für Eisenwaren, landwirtschaftliche Bedarfsartikel sowie Werkzeuge aller Art“ genehmigt. Das Geschäft war schon immer am angestammten Platz Gartenstraße 1, wobei bereits die Eltern von Berta Vetter im Jahr 1939 einen Stockaufbau vornahmen, damit wohl die Jugend dort einziehen konnte. Das Geschäft wurde zunächst in einem Schuppenanbau abgewickelt. Der Betrieb wurde kontinuierlich ausgebaut. 1950 mit Einbau von Geschäftsräumen, 1952 mit einem Lageranbau und 1960 mit einem Umbau und Erweiterungen. Zu den Eisenwaren kamen dann 1960 noch Haushaltswaren dazu, für die auch große Nachfrage bestand. „Eisen Vetter“, wie er in Urbach heißt, ist ein Begriff für alle handwerklich tätigen Männer und Frauen aus Urbach und Umgebung. Denn das Besondere ist, dass man dort nicht nur nahezu alles bekommt, was, sich das Handwerkerherz wünscht, sondern dazu auch immer noch einen guten und fachlich qualifizierten Rat. So hört man an der Bedientheke häufig den Satz „Was willsch denn mache?“ und bekommt dann das passende Material und das richtige Werkzeug. Auch kann es passieren, dass einer vom Schreibtisch kommt und einen Stiel für sein Beil braucht und Hans Vetter dann erst mal verschwindet und das Beil schärft, mit den Worten „so hosch mit dem nemme schaffa könna“. Oder wenn eine Frau beim Blaubeerpflücken im Bayrischen Wald einen Blaubeerrechen entdeckt, dann kann ein solcher natürlich auch von Frau Vetter als Haushaltswarenartikel geliefert werden. Hans Vetter hat sich trotz starkem beruflichem Zeitaufwand auch in die Gemeinschaft eingebracht. Er war im Aufsichtsrat der Volksbank Schorndorf und hilfreich und großzügig gegenüber der Evangelischen Gemeinde der Afrakirche. So ist z.B. die Stahlkonstruktion der Hochzeitsglocke eine Spende von Eisen Vetter und beim Glockentransport der beiden neuen Glocken der Afrakirche von der Gießerei in Passau nach Urbach war es selbstverständlich, dass neben einem Fahrzeug des Gemeindebauhofes auch der Transporter der Firma Vetter genutzt werden konnte.

Zur Zeit der Gründung Ende der 40er Jahre gab es in Unterurbach noch den Eisen Abele, in Plüderhausen den Eisen Müller, in Schorndorf den Aupperle, den Brennenstuhl und den Carl Max Meyer. Bis auf den letztgenannten gibt es diese Betriebe alle nicht mehr – und den Eisen Vetter in Urbach.

In den Jahren 1978 und 2024 wurde die Firma Eisen Vetter zweimal vom Hochwasser am Urbach heimgesucht. Es entstanden hohe Sachschäden. Hans Vetter kämpft seit Jahrzehnten für ein Rückhaltebecken im Gutenauer Tal. Weiter sagt er: „Sollte ein weiteres Hochwasser in der gleichen Dimension nochmal am Urbach stattfinden, dann wird das zur Existenzfrage für die Familie und den Eisen Vetter.“

Zusammenfassend dürfen wir Urbacher feststellen, dass der Slogan „Vetter hat's“ nicht überzogen ist und ein solcher Laden heute ein Alleinstellungsmerkmal einer Gemeinde darstellt. Wir haben ihn daher auch an die erste Stelle unserer Reihe über die traditionsreichen Betriebe Urbachs gesetzt.

Das Gebäude der Firma Eisen Vetter in der Gartenstraße 1
Das Gebäude der Firma Eisen Vetter in der Gartenstraße 1.Foto: Familie Vetter
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Ausgabe 41/2025
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