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Urbacher Miniaturen 110:

Rebmann und Völker – vom Gipsergeschäft zum Stuckateur und Restaurator Unsere heutige Miniatur beginnt mit Gotthilf Rebmann (geb. 1909), der bei der...
Amelie Völker führt den Betrieb heute in der dritten Generation
Amelie Völker führt den Betrieb heute in der dritten GenerationFoto: Fam. Völker

Rebmann und Völker – vom Gipsergeschäft zum Stuckateur und Restaurator

Unsere heutige Miniatur beginnt mit Gotthilf Rebmann (geb. 1909), der bei der Gipserfirma Glaser in der Unterurbacher Bahnhofstraße arbeitete. Dort lernte er auch seine Frau Elise, geb. Schabel (geb. 1909) kennen. Sie heirateten 1933 und bauten sich ein Haus auf der Au, jetzt Schiessgasse. 1935 machte Gotthilf Rebmann seine Facharbeiterprüfung als Gipser. Im Jahr 1937 wurde ihre Tochter Erika geboren. Dann kam der Zweite Weltkrieg und Gotthilf wurde eingezogen. Nach Ende des Krieges, 1947, machte er seine Meisterprüfung an der Steinbeisschule in Stuttgart und machte sich dann, Anfang der 50er Jahre selbständig. Damals gab nur Gerüste aus Holzstangen und Dielen. Gotthilf Rebmann kaufte ein Stangenlos und stellte daraus seine eigenen Gerüststangen her. Auch die Stricke, um die Querhölzer an den Stangen zu befestigen, wurden selbst gefertigt. Elise Rebmann baute Hanf an, der wurde dann, mit ausgeliehenem Gerät der Familie Schiek, gebrochen und gehechelt. Aus den Fasern machte die Firma Geiselhart aus der Schorndorfer Vorstadt die ersten Gipserstricke. Das Transportfahrzeug diente ein zweirädriger Gipserkarren. Darüber hinaus gab es noch einen Handwagen und ein Fahrrad. Mit dem Führerschein kam dann noch ein Unimog. Der Weißkalk wurde in Brocken vom Kohlenmaier geliefert und selbst in einer Grube abgelöscht und gelagert. Durch die vielen Vertriebenen, die unmittelbar nach dem Krieg nach Urbach kamen, wurden viele neue Wohnungen benötigt und es entstanden rund um Urbach Neubaugebiete. Der Betrieb hatte viel Arbeit und die Zahl der Mitarbeiter stieg entsprechend stark an. Auch Lehrlinge wurden ausgebildet. Darunter auch Herrmann Kiess, der später sein eigenes Gipsergeschäft in Oberurbach eröffnete. Hilfsarbeiter arbeiteten aufgrund der verhältnismäßig guten Bezahlung gerne bei den Gipsern. So war in den 50er Jahren auch Albert Talmon-Gross genannt „Bombolo“ bei der Firma tätig, der in seiner Freizeit mit seinem Kontrabass u.a. „bei den Amerikanern“ spielte und wegen seiner rauchigen Stimme der „Satchmo des Remstals“ genannt wurde.

Bei einem Tanzkurs lernte dann Heinz Völker (geb.1935), ein Sohn aus der Schorndorfer Familie Karl Völker Erika Rebmann kennen und lieben. Erika erledigte damals gemeinsam mit ihrer Mutter das „Schriftliche“ im Büro des elterlichen Handwerkbetriebes. Heinz Völker machte 1956 „der Liebe wegen“ eine Umschulung zum Stuckateur mit Gesellenprüfung 1958. Die beiden heirateten 1958 und die Kinder Sigrid, Karin und Amelie kamen zur Welt. Heinz Völker wurde Gipsermeister durch Besuch der Meisterschule in Heilbronn im Jahre 1966. Er bekam von seinem Schwiegervater den Betrieb übertragen, der dann Gotthilf Rebmann, Inhaber Heinz Völker hieß. In dieser Zeit wurden in Urbach die Katholische Kirche und die Evangelische Friedenskirche gebaut, an denen die Firma Rebmann-Völker die Verputzarbeiten durchführte. Gotthilf Rebmann verstarb 1985.

Heinz Völker war 1958 als Neu-Urbacher beim Albverein und dem DRK tätig und hat u.a. die „Gulaschkanone“ mit seinem Fahrzeug zu den Einsatzorten mitgenommen, als das DRK noch kein eigenes Zugfahrzeug hatte. Er verstarb 2007.

Erika Völker lebt heute noch in ihrem Elternhaus in der Schießgasse, ist als Kunstinteressierte unterwegs und über 60 Jahre beim Schwäbischen Albverein.

Die nächste Generation, Amelie Völker, hat den Betrieb 1995 übernommen. Sie legte 1994 an der Bundesfachschule für Stuckateure ihre Meisterprüfung ab. Sie bekam ein Stipendium am Europäischen Zentrum für Handwerker im Denkmalschutz in Venedig aufgrund ihrer Kenntnisse, die sie sich in ihren 7-jährigen Wanderjahren in Berlin angeeignet hat. Amelie renovierte an großen Berliner Häusern schöne Stuckfassaden und Stuckdecken an denkmalgeschützten Gebäuden, deshalb der Restauratorentitel. Sie hat auch in Großheppach das älteste Haus im Remstal restauriert.

Amelie wohnt mit ihrer Familie in einem selbst restaurierten Haus aus dem Jahre 1770 in Plüderhausen. Selbstverständlich führt Sie auch gemeinsam mit ihrem Mitarbeiter alle Arbeiten eines Gipsers und Stuckateurs aus. Sie sagt: „Wie langweilig wäre eine Gemeinde ohne alte Kirchen und Fachwerkhäuser, ohne alte Bausubstanz? Und wie schade wäre es, wenn alte Bautechniken verloren gingen“. Die Firma Völker ist heute zwar ein kleiner aber feiner Stuckateurbetrieb in der dritten Generation, der mit seiner 75-jährigen Tradition sehr gut in unsere kleine Serie über Urbacher Betriebe passt.

Gotthilf Rebmann auf dem Gerüst, das damals noch aus zusammengebundenen Holzstangen bestand
Gotthilf Rebmann auf dem Gerüst, das damals noch aus zusammengebundenen Holzstangen bestand.Foto: Fam. Völker
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Ausgabe 43/2025
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