Urbacher Miniaturen 99: Der Urbacher Königsstein

An verschiedenen Stellen in den Wäldern des Remstals gibt es sogenannte „Königssteine“. So auch auf der Urbacher Markung im Wald auf dem Rohrberg oberhalb des Gutenauer Tals. (Der Weg zum Königstein ist auf der Urbacher Wanderkarte mit der Nummer 2 beschrieben).

Ziemlich verwittert ist die Schauseite des Königssteins. Unter einer Krone mit Palmzweigen ist die ursprüngliche Inschrift „Wilhelm I. zur Erinnerung den 30. Oktober 1841“ kaum mehr zu lesen. Stellenweise ist sie mit der Sandsteinoberfläche ganz abgeblättert. Auf der Rückseite sind die Namen des damaligen Revierpersonals des Urbacher Forsts mit den Dienstbezeichnungen eingraviert.

Was hat es mit diesem Gedenkstein auf sich?

Aufgestellt wurde er zu Ehren König Wilhelm I., der 1818 die württembergische Forstreform durchsetzte und damit den Forstleuten viel zumutete, ihnen aber in der Folge auch erhebliches Ansehen verschaffte. Unter Wilhelm I. erhielt Württemberg 1819 auch eine Verfassung, die neben der von Baden (1818), zu den fortschrittlichsten ihrer Zeit in Deutschland zählte.

Wilhelm I. von Württemberg, geboren 1781, regierte 1816 bis 1864, fast ein halbes Jahrhundert. Er führte die in vielerlei Hinsicht unterschiedlichen Landesteile Alt- und Neuwürttemberg zusammen. Und so war sein 25-jähriges Regierungsjubiläum 1841 Anlass dafür, dass die Württemberger nicht nur ihn, sondern vor allem sich selbst feierten. Das Land stellte sich – freiwillig und nicht auf königliche Order hin – als „Einheit in Einigkeit“ dar. Die Verfassung und der König waren die Symbole dafür.

Zum Jubiläum fand in Stuttgart am 28. September 1841 ein großer Festumzug mit 10.400 Teilnehmern und 23 Festwagen statt, die von rund 200.000 Besuchern bejubelt wurden. Ein unvergessliches Erlebnis, bei dem sich das ganze Land mit seinen Besonderheiten, Oberschwaben ebenso wie das Unterland, Hohenlohe, Schwarzwald und Schwäbische Alb präsentierten. 500 Ehrenjungfrauen wurden aufgeboten bei dieser Schau, die von Künstlern mitgestaltet wurde.

Einen wesentlichen Beitrag zum Festumzug lieferte die Land- und Forstwirtschaft, wobei letztere ursprünglich übergangen werden sollte. Die Forstleute fühlten sich zurückgesetzt. Sie drängte es deshalb umso mehr, ihre Verbundenheit mit dem König auf ihrem Terrain, im Wald, auszudrücken.

So setzte der königliche Oberforstmeister und Kammerherr von Kahlden bei Plüderhausen, bei Rudersberg und bei Urbach je einen Stein zur Erinnerung an den 30. Oktober 1841 (das exakte Datum des Jubiläums). Als „Gratulanten“ sind neben von Kahlden auf jedem Stein auch das Revierpersonal, Förster, Forstwart, Waldschützen und Holzhauer aufgeführt.

Die treuen Diener des Monarchen gedachten damit des Regierungsjubiläums, das freilich nicht genannt wird. Sinn war es wohl auch, sich selbst und der Reviermannschaft ein Denkmal zu setzen, ähnlich wie bei den Forstmeistersteinen. Die Familie von Kahlden stammt aus Mecklenburg und war, als das junge Königreich für den Neuaufbau viele fähige Leute brauchte, nach Württemberg gezogen.

Das gemeine württembergische Volk erfuhr nur wenige Jahre später, dass der gar nicht so liberale König das in der Verfassung für mündig erklärte Volk eigentlich für unmündig hielt. Das Vertrauen in das konstitutionell-monarchische Regierungssystem schwand. Die Bevormundung führte 1848/49 zur Rebellion, die, wie auch in Baden, wo sie noch höhere Wellen schlug, jedoch niedergeschlagen wurde. Noch war es zu früh für die Demokratie in Württemberg.