In der dicht besetzten katholischen Pfarrkirche St. Johannes Nepomuk in Neckargemünd hatte am 3. Dezember der Bruckner Chor Neckargemünd, unter der Leitung von Eva Sassenscheidt-Monninger, den Barock-Komponisten, Antonio Vivaldi, „il prete rosse“, wie er wegen seiner roten Haarfarbe genannt wurde, in den Mittelpunkt seines festlichen Adventskonzerts gestellt.
Die Solo-Partien wurden von Angelika Reinhard (Sopran) und Astrid Bohm-Franz (Mezzo-Sopran) gestaltet. Begleitet wurden Chor und Solistinnen von Mitgliedern der Kurpfalzphilharmonie Heidelberg sowie von Edwin Monninger, Violoncello, und Bernhard Monninger am Orgelpositiv.
Zu Beginn des Konzertes wurden die Zuschauerinnen und Zuschauer mit zwei weihnachtlichen Kompositionen, Dies ist der Tag, von Gott gemacht (Thomas Tallis, 1505–1585) und O Heiland, reiß die Himmel auf (Friedrich Spee, 1591–1635), in einem Satz von Eva Sassenscheidt-Monninger, mit begeisterter Beteiligung des Publikums in adventliche Stimmung versetzt.
Anschließend wurden die beiden Werke von Antonio Vivaldi, Magnificat (RV 610) und Gloria in D (RV 589) für Sopran, Alt, Chor und Orchester, zur Aufführung gebracht. Sie wurden zu Vivaldis Zeiten vom Chor und Orchester des Ospedale della Pietà in Venedig aufgeführt. Dieses Waisenhaus war ausschließlich Mädchen vorbehalten, die dort eine ausgezeichnete musikalische Ausbildung erhielten.
Das Magnificat hat Vivaldi mehrfach vertont. Es ist besonders bewegend, tragend und tiefsinnig. Es besteht aus neun Teilen. Hervorzuheben sind: der Eingangschor Magnificat mit seinen aufsteigenden Harmonien, das expressive Et misericordia mit einer Vielzahl von für die damalige Zeit eher ungewöhnlichen Dissonanzen und Sprüngen, das mächtige Fecit potentiam. Eine Besonderheit stellt das Deposuit potentes dar, in dem der Chor unisono geführt wird: eine wahre Herausforderung, ist hier doch eine absolut reine Intonation erforderlich. Diese hat der Chor bravourös gemeistert.
Diesen in der Erstfassung vorhandenen Sätzen fügte Vivaldi drei farbenreiche Arien für Sopran und Alt hinzu sowie ein abschließendes Gloria, in dem er zunächst auf die Melodik des Eingangssatzes zurückgreift, um dann aber mit einem glanzvollen Fugato zu enden. Die Solo-Arien wurden von Angelika Reinhard und Astrid Bohm-Franz mit überzeugender Musikalität gestaltet. Sopran und Mezzo-Sopran der Solistinnen vermischten sich mit dem Chor und dem Orchester zu einem Gesamtklang von virtuoser Anmut.
Das Magnificat wurde eingerahmt von zwei weiteren weihnachtlichen Stücken, Tochter Zion (Georg Friedrich Händel, 1685–1759), bei dem das Publikum wieder freudig seinen Beitrag leistete und Tollite hostias (Camille Saint-Saëns, 1835–1921).
Das Gloria in D ist sicherlich Vivaldis bekanntestes geistliches Werk. Es ist nicht Teil einer zusammenhängenden Messvertonung, sondern greift allein den Text des Gloria auf und gliedert diesen in zwölf Abschnitte, die sich in Besetzung, Satzart, Takt und Tonart unterscheiden.
Die Sätze sind in barocker Art sehr kontrastreich, mit überwiegend festlich jubelndem Charakter ausgestaltet. So stimmt Vivaldi schon im Eingangschor unter Einsatz der Solotrompete das Publikum auf ein glanzvolles Werk ein. Musikalischer Höhepunkt ist der kunstvolle Chorsatz Et in terra pax mit ausdrucksvollen Dissonanzen und dem davon unabhängigen vorwärtstreibenden Orchester. Im Quoniam tu solus sanctus wird das Motiv des Eingangschores wieder aufgegriffen. Das Werk endet mit einer kunstvollen Fuge: Cum sancto spiritu.
Damit war auch der musikalische Teil zu Ende. Alle Singenden und Musizierenden, sowie die Dirigentin Eva Sassenscheidt-Monninger, wurden vom Publikum mit begeistertem und anhaltendem Beifall belohnt. Solistinnen und Solisten sowie die Dirigentin erhielten Blumengeschenke, und glückliche Gesichter, wohin man sah, bezeugten, dass sich Adventsstimmung verbreitet hatte. (ae/red)