Das Deutsche Reich litt schon vor Kriegsbeginn 1939 an einem Mangel an Arbeitenden, was sich durch den Entzug von Hunderttausenden von Männern zum Kriegseinsatz nach September 1939 naturgemäß noch wesentlich verstärkte. Andererseits bedurfte es für den nationalsozialistischen Angriffskrieg auch eine immense Rüstungsindustrie, die für die benötigten Kriegsgeräte von der einfachen Gewehrpatrone bis hin zu einem Messerschmid-Jagdflugzeug zu sorgen hatte.
So wurde anfangs in den mit Hitler befreundeten Staaten (Rumänien, Slowakei, Italien, teilweise auch in Polen) freiwillige Arbeitskräfte angeworben. Diese reichten bei Weitem jedoch nicht aus, so dass auch immer mehr Kriegsgefangene mehr oder minder freiwillig für den Arbeitseinsatz rekrutiert wurden. So kamen viele Polen 1940/41 zum Arbeitsdienst; diese arbeiteten oft einzeln auf Bauernhöfen, auf denen der Familienvater und erwachsene Söhne im Kriegseinsatz bzw. gefallen waren. Nach Hitlers Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 tauchten dann auch im oberen Nagold russische Zwangsarbeiter auf, teilweise Kriegsgefangene, teilweise von der Straße verschleppte Zwangsarbeiter.
Die Überlieferungslage bezüglich dieser großen ausländischen Zwangsarbeiter ist in der Regel sehr schlecht. Das heißt, man weiß kaum etwas über sie. In den Rechnungsbüchern der Simmersfelder Gemeinde von 1944 und 1945 fand sich jedoch vor kurzem ein Beleg für den Einsatz von italienischen Waldarbeitern. Laut der Lohnlisten ab Dezember 1944 gab es in Simmersfelder vier italienische Waldarbeiter mit den Namen Forte, Leukine, Rosse und Telline; lediglich vom Letzteren kennen wir den Vornamen (Angelo), da er eine der Lohnabrechnungen eigenhändig unterschrieb. Bezahlt wurden sie, wie bei Waldarbeitern üblich, nach erbrachter Arbeitszeit. So erhielten die vier im Dezember 1944 zusammen 39,60 Reichsmark (RM), im Januar 1945 198.- RM, im Februar 1945 193,60 RM und im März 158,60 RM. Für den April 1945 ist noch der Betrag für das Quartett von 122,90 RM vermerkt, ausbezahlt am 17. Mai 1945. Das bedeutet, dass die Italiener nach dem Einmarsch der französischen Soldaten (13.4.1945) noch einige Wochen in Simmersfeld blieben, bevor sie sich auf die Reise in die Heimat machten. Die Reisebedingungen waren nach dem Zusammenbruch von Hitler-Deutschland sehr begrenzt.
Zur Betreuung, also zum Bekochen und wohl auch Wäschepflege dieses Vierergespanns, wurde extra eine Frau Gemma geb. Luccini eingestellt. Sicherlich kam sie aufgrund ihres Namens auch aus Italien. Sie erhielt von den italienischen Waldarbeitern im Monat Gehalt, auch Versicherungsbeiträge waren zu leisten (annähernd 30 RM). Untergekommen waren die Italiener bei Johannes Bürkle, wohl im Haus gleich unterhalb der Kirche, der für die Miete in der Zeit vom 18.12.1944 bis 17.5.1945 einschließlich des Lichtverbrauchs von der Gemeinde 100 RM erhielt. Am 13.12.1944 wurde das Gepäck der Italiener von Hans Roller per Ochsengespann vom Altensteiger Bahnhof nach Simmersfeld gefahren, so dass wir also auch das genaue Ankunftsdatum und benutzte Verkehrsmittel wissen. In Simmersfeld hielten sie sich wohl bis zum 17.5.1945 auf.
Unklar bleibt, ob diese fünf Personen Zwangsarbeiter waren oder in Italien angeworben wurden. Aber vielleicht kann sich noch ein Simmersfelder oder eine Simmersfelderin an diese besonderen Waldarbeiter im Winter 1944/45 erinnern? Auch Erinnerungen an andere ausländische (Zwangs-)Arbeiter aus den Kriegsjahren wären sehr interessiert und würden helfen, dieses nicht sehr bekannte Kapitel der Ortsgeschichte zu erhellen. Dazu gehört auch der „russische Ostarbeiter“ Michaelo Sidorenko (* 1923), der als einziger beim Fliegerangriff am 30.1.1945 im Wald an der Straße nach Enzklösterle beim Schneeschaufeln ums Leben kam. Zusammen mit dem von 10 Ochsen gezogenen Bahnschlitten waren insgesamt 13 Personen beim Räumen der Straße beschäftigt gewesen. Die anderen konnten durch die Schneewehen sich ausreichend Deckung durch die Bäume suchen. Michaelo Sidorenko hatte wohl seine Familie bei sich, da seine Tochter im Juni 1944 in Pforzheim geboren wurde und im Juli 1945 in Calw starb. Beide sind auf dem Ehrenfriedhof vom Nagolder Friedhof begraben.
Entsprechende Informationen werden daher mit großem Interesse entgegengenommen, entweder auf dem Simmersfelder Rathaus oder bei mir direkt – Telefon 0721-502812 oder per E-Mail: Waidelich.Dietmar