Das Geschichtsprojekt der Realschule Obrigheim.
Scheitern und Erfolg einer Idee.
Vorstellung des Projekts „Umbenennung der Schule in Vinzenz-Rose-Schule“. Was können wir daraus lernen?
Museumsscheuer Dossenheim. 14. Mai, 18.30 Uhr, Eintritt frei.
Zu Gast in Dossenheim sind Schülerinnen und Schüler der Realschule Obrigheim und ihr Lehrer Bernhard Edin. Eingeladen haben folgende Dossenheimer Institutionen: Initiative Stolpersteine, Jugendgemeinderat, Freundeskreis Gemeindebücherei, Katholische Kirchengemeinde, Evangelische Kirchengemeinde.
Seit November 2021 arbeiten sie an dem Projekt Vinzenz-Rose-Schule Obrigheim, mit dem die Idee der Umbenennung der Schule in Gang gesetzt werden soll. Der Lebensweg des Sinto Vinzenz Rose, Schicksal und Ermordung seiner Angehörigen im sog. „Zigeunerlager“ in Auschwitz, die Haft im KZ Natzweiler und im Außenlager Neckarelz sowie die Befreiung aus diesem Lager im August 1944 mithilfe seines Bruders Oskar sind beispielhafte und dramatische Stationen der Verfolgung und des Völkermords an 500 000 Sinti und Roma in der NS-Zeit.
Die beiden Brüder Vinzenz und Oskar Rose stehen seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts für die Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma in Deutschland. Diskriminierung, Verfolgung und Missachtung von „Zigeunern“ bestimmen auch die Nachkriegszeit, bis deren Schicksal 1982 von der Bundesrepublik anerkannt wird. Antiziganismus, die rassistisch motivierte Feindseligkeit gegen Angehörige der Sinti- und Roma-Gemeinschaft, ist bis heute lebendig, wie die Forschung und die Gedenkarbeit, z.B. des Dokumentationszentrums deutscher Sinti und Roma in Heidelberg unter Leitung von Romani Rose, beständig unter Beweis stellen.
Das Projekt der Schulumbenennung in Obrigheim scheitert spätestens am 16. Mai 2024, als der Gemeinderat von Obrigheim in geheimer Abstimmung mit einer Gegenstimme selbst den Kompromissvorschlag zur Benennung der Neckarbrücke nach Vinzenz Rose ablehnt. Ein Scheitern? Wirklich? Für die beteiligten Schüler*innen ist ein nachhaltiger Prozess in Gang gekommen. Sie erfahren Ablehnung und Unterstützung. Sie stoßen auf Widerstand und werden geehrt. Sie erhalten 2024 den Preis der Bundeszentrale für Politische Bildung, eine mit großem Engagement gestaltete Ausstellung wurde im Heidelberger Dokumentationszentrum ausgestellt und ist mittlerweile als Wanderausstellung unterwegs. Die KZ-Gedenkstätte Neckarelz ist Herausgeberin eines eindrucksvollen Katalogs der Ausstellung. In ihr wird historisch abgesichertes Wissen zur Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma mit persönlichen Zeugnissen und Dokumenten von Vinzenz Rose verbunden, dessen Lebensgeschichte fiktiv von ihm selbst nacherzählt wird.
„Von Vinzenz Rose kann man lernen, dass man nie aufgeben soll“, sagt ein Schüler. In der Begegnung mit den aktiven Obrigheimer Schüler*innen und ihrem Lehrer Bernhard Edin erfahren wir, was Politische Bildung in Schule und Jugendarbeit erreichen kann. Und woran sie oft fatalerweise scheitert. Wie wichtig diese Erfahrungen sind, wird in der aktuellen Situation immer deutlicher. Unwissen, Desinteresse und Verleugnung greifen um sich. Umso wichtiger und wertvoller ist die hier sichtbare Erinnerungsarbeit.
Norbert Giovannini, Rainer Loos