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Volles Haus beim Erzähl-Café mit Polizeipräsident a. D. Konrad Jelden

Am vergangenen Freitag war der Polizeipräsident a. D. Konrad Jelden auf Einladung des Geschichtsvereins Urbach zu Gast beim Erzähl-Café. Mit über 50...
Das Erzähl-Café war wieder sehr gut besucht
Das Erzähl-Café war wieder sehr gut besuchtFoto: JW

Am vergangenen Freitag war der Polizeipräsident a. D. Konrad Jelden auf Einladung des Geschichtsvereins Urbach zu Gast beim Erzähl-Café. Mit über 50 Gästen war der Saal wieder bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt. Moderator war der ehemalige Urbacher Bürgermeister und Landrat a. D. Johannes Fuchs, der zu Beginn auf die vielfältigen dienstlichen, aber auch freundschaftlichen und familiären Begegnungen hinwies, die ihn mit Konrad Jelden seit 48 Jahren verbinden.
Nach seinem Werdegang gefragt, erzählte Jelden, dass dieser als Dezernent am Landratsamt Waiblingen begonnen hat. Danach folgte eine Zeit als Abteilungsleiter im Landeskriminalamt, die geprägt war durch die Attentate der RAF. Dort erreichte ihn der Ruf, die Position des Ersten Landesbeamten und Stellvertreters des damaligen Landrats Horst Lässing zu übernehmen. Danach folgte eine Zeit in der Polizeiabteilung des Innenministeriums, die vor allem geprägt war von den Herausforderungen, die die deutsche Wiedervereinigung für die Integration der ehemaligen Volkspolizei mit sich brachten. Dann kam die Berufung zum Polizeipräsidenten des Regierungspräsidiums Stuttgart. Eine Tätigkeit, die Jelden bis 2010 ausübte, als er in den „aktiven Ruhestand“ wechselte.
Nach dieser kurzen Chronik des beruflichen Werdegangs griff Johannes Fuchs das Stichwort „Horst Lässing“ auf und fragte, wie denn Jeldens Erfahrungen mit dem legendären Landrat waren. „Geachtet und gefürchtet“, sei er gewesen. Jemand, der auch schnell mal aufbrausend sein konnte. Er erinnere sich noch an den Tag der Einweihung des Mühlenwanderwegs, als ein Schneegestöber über der anwesenden Polit-Prominenz aufzog, was Lässing zu der Bemerkung an Jelden veranlasste: „Nedd amol fürs Weddr kennad ihr sorga!“ Die Verstimmung des Landrats legte sich allerdings schlagartig, als er in der Heinlesmühle nahe dem Ofen auf dem „Ehrenohrensessel“ Platz genommen hatte und der „Ehrenobstler“ in Kombination mit den frisch gebackenen „Damenschenkeln“ ihre Wirkung entfaltete.
Auf die Frage von Johannes Fuchs, was denn Jeldens Rezept für eine erfolgreiche Kommunalpolitik gewesen sei, antwortete dieser: „Vertrauen schaffen durch Zuhören und sich Zeit nehmen für Gespräche hinter den Kulissen, wie z. B. bei einem ausgiebigen Vesper.“
Im Folgenden lenkte Fuchs das Gespräch auf die Polizeiarbeit und fragte: „Was macht denn die Arbeit für die Polizei so besonders?“ Jelden betonte, dass es keine andere Behörde mit einem größeren inneren Zusammenhalt gäbe, wie die Polizei. Er berichtete auch über seine Einführung in die Polizeiarbeit durch Paul Rau, den legendären Stuttgarter Polizeipräsidenten. Dieser lud Jelden eines Tages ein, mit ihm abends einen Streifzug durch die Stuttgarter Nachtlokale und Bars am Nesenbach zu unternehmen, um ihm den für die Ermittlungsarbeit so wichtigen „Kontakt zur Basis“ zu demonstrieren. Und Jelden wunderte sich nicht schlecht, dass Rau in den Etablissements von den Betreibern und den leicht geschürzten Damen mit dem Ausruf „Sind sie auch mal wieder da!“ begrüßt wurde.
Jelden war es auch, der den finalen Rettungsschuss in das Polizeigesetz aufnehmen ließ, und damit für die Polizisten Rechtssicherheit in einer Situation schaffte, die bis dahin eine Grauzone bildete.
Seine Führungsprinzipien als Chef einer Behörde mit über 7.000 Mitarbeitern lauteten: Gehe auf die Menschen zu. Zeige ihnen Deine Wertschätzung für Ihre Arbeit und führe die Mitarbeiter im Dialog. Und ganz wichtig: „Polizei kannst Du nur begreifen, wenn Du da bist, wo die Polizei arbeitet.“
Gefragt nach den tragischen Momenten seiner Zeit als Polizeipräsident nannte Jelden zum einen die Entführung und Ermordung des sechsjährigen Mädchens Alexandra Sophia im Jahre 2000. Und zum anderen den Amoklauf in Winnenden im Jahr 2009. Beide Ereignisse, so Jelden, brachten ihn an die Grenze seiner Belastbarkeit. Nach dem Amoklauf musste er 45 Polizisten in den Ruhestand schicken, da sie das Ereignis nicht verkrafteten. Auch er selbst musste sich in Behandlung begeben.
Als nächstes Thema in Konrad Jeldens Vita fragte Fuchs nach seinem Engagement für den Ebnisee. Jelden ist seit 1985 Vorsitzender des Ebniseevereins. Sein Interesse am Ebnisee wurde bereits 1977 bei einem Vesper mit dem Kaisersbacher Bürgermeister Adolf Walcher geweckt, bei dem er sich von dessen Begeisterung für den Ebnisee anstecken ließ. Als Walcher verstarb, hinterließ er Jelden als Vermächtnis seinen „Roten Ordner“, in dem alles, was er im Laufe der Jahre über den See gesammelt hatte, enthalten war. Dieses Vermächtnis war für Jelden Anlass und Verpflichtung, sich seit dieser Zeit mit viel Leidenschaft für die Pflege, den Ausbau und den Erhalt dieser „Perle des Schwäbischen Waldes“ einzusetzen.
Als Nächstes lenkte Johannes Fuchs das Gespräch auf das Thema „Wein“. Die Leidenschaft für Weine verdanke er seinem Vater, der, beginnend mit Jeldens Konfirmation, jeden Sonntag zum Essen eine Flasche Roten und eine Flasche Weißen zum Probieren öffnete, und ihm die Besonderheiten dieser Weine erklärte. Heute ist Jelden ein überzeugter und begeisterter Kenner auch der vielfältigen Weinlandschaft Württembergs, und er ließ es sich nicht nehmen, auch beim Erzähl-Café für die regionalen Weine und ganz speziell für die Weine des Remstals zu werben. Diese Kultur sei nur dann auf die Dauer zu erhalten, wenn die Weine auch konsumiert werden. Daher sein Aufruf an die Gäste des Abends: „Wenn ihr zum Wein greift, dann sollte der Horizont nah sein!“
Abschließend fragte Johannes Fuchs den Gast noch, ob er denn einen Rat für einen zufriedenen und sinnstiftenden Alltag in der dritten Lebensphase habe. Die Antwort lautete: „Frage Dich, was tut auch Dir selbst gut“. Und für ihn laute das Rezept: „Sei für andere da und verbinde Freude mit Engagement.“
Nach knapp zwei Stunden bedankte sich Fuchs für den spannenden und kurzweiligen Abend und beendete das Erzähl-Café mit guten Wünschen an die anwesenden Zuhörer.

Der Polizeipräsident a. D. Konrad Jelden (links) und der Moderator des Abends Johannes Fuchs
Der Polizeipräsident a. D. Konrad Jelden (links) und der Moderator des Abends Johannes Fuchs.Foto: JW
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Ausgabe 12/2025

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