Musik

Volles Haus und Vergnügen beim Stuwwowed

Vom Schurgle, Gräwilli und Kittelschorz Nichts spiegelt die regionale Identität und Vielfalt so wider, wie die als immaterielles Kulturerbe anerkannte...
Eine Gruppe Frauen und Männer. Einige halten einen Präsentkorb in den Händen.
13 Mundartbegriffe sollte das Publikum ins Hochdeutsche überstzen.Foto: cm

Vom Schurgle, Gräwilli und Kittelschorz

Nichts spiegelt die regionale Identität und Vielfalt so wider, wie die als immaterielles Kulturerbe anerkannte Mundart. Schon in Krune schwätzt man annerschd als in Eschdringe oder in Mengelse. Binnen wenigen Tage war der dritte vom Kur- und Verkehrsverein ausgerichtete Stuwweowed ausverkauft, und schon um 18 Uhr konnte das Vorstandstrio Norbert Dirolf, Klaus Heinzmann als Organisatoren und Angelika Messmer einen vollen Sängersaal im Vereinsheim der Konkordia begrüßen.

Karl Hubert Ries, ein Alleinunterhalter par excellence, oder - um im Thema zu bleiben - mit Kuddl un‘ Labbe, stimmte das aufs Beste aufgelegte Publikum mit dem von Eugen Gilliard geschaffenen Mengelser Heimatlied und Witzen am laufenden Band ein.

„Gebt alles weiter, damit es nicht verloren geht“

Abermals hatte das Team 13 Begriffe ausgesucht, die Dinge so beschreiben, wie es im Hochdeutschen so präzise nicht geht. Marina Heißler präsentierte den Kittelschorz, der vom Mundabbutze über das Abstaube für alles verwendet wurde und so keimbelastet, wie er war, vor allem für Liebe stand. Sandra Gratz verteilte die Reiderlin, die Oma meist mit Lyoner zurechtmachte, aus technischen Gründen mit Lewwerworschd beschmiert. Urgestein Heinz Grittmann wusste natürlich, dass der Hornschreeder ein Hirschkäfer ist, zu Zeiten, als die Hirschkäfer/in noch nicht gegendert wurde. Albert Schanzenbach hatte seine ganz eigenen Kindheitserinnerungen mit dem Zieg- und dem Leidawejili, und als ihn so ein Gefährt einmal fast den Fußzeh kostet, meinte sein Vater trocken, dass man den Wagen mal wieder mit Karchschmier behandeln müsse, weil er schlecht leeft. Er war etwas früher von der Generalprobe des Musikvereins entlassen worden. „Worte wie Gräwilli kann man gar nicht übersetzen“, meinte Karl Hubert Ries. Es handelt sich hier um die Ritze zwischen zwei Matratzen, und das sei schließlich kein Graben. Heike Bender referierte über die Schnurgler, die einst die Zigarren wickelten und wusste genau, wo die einzelnen Fabriken standen. Unglaublich viele Utznome hatte sie zusammengetragen, denn früher hatte fast jeder einen solchen liebevollen Spitznamen. Ihr Appell ging an die Gäste. „Wenn ihr das schon nicht mehr wisst, wer sonst. Gebt alles weiter, damit es nicht verloren geht“, sagte sie.

Urkunde für Heike Bender

Als erste Frau wurde sie nach Heinz Friedel Grittmann und „Schlabbe“ Albert Schanzenbach mit einer Urkunde für ihre großen Verdienste rund um die Ortsgemeinschaft und für die Verbreitung sowie den Erhalt des Dialektes ausgezeichnet. Ihr Vater Ewald, bekannt als Schockibender, weil er in der Grund- und Hauptschule für den Pausenverkauf zuständig war, hatte seiner Tochter das Talent zum Schreiben humoristischer Reden in die Wiege gelegt. Ihr umfangreiches Wissen über das Ortsgeschehen sammle sie beim Gassigehen und bei der Begegnung mit den Mengelsern, so Laudator Norbert Dirolf. „Ob beim Rathaussturm, in der Bütt auch als Redenschreiber für andere oder als Unikum heute Abend, bist du nicht nur in der Fastnacht nicht wegzudenken“, lobte Dirolf.

Caro Gutting - Ulknudel und begnadete Sängerin

Als eine Stimmungskanone mit unglaublichem Timbre zeigte sich Caro Gutting, die als ausgebildete Fitnesstrainerin ihre Vorstellung gleich einmal auf den Tischen begann. „Ich bin’s, ich war’s“, lachte sie über ihr eigenes Bild, das sie in der Vorankündigung im Abendkleid gezeigt hatte. Als Wahlulmerin seit 30 Jahren genoss es die gebürtige Rheinhäuserin sichtlich, im Dialekt schwelgen zu können. „Wenn du mit zu Hause redschd, muss ich immer an ein Kuhmaul denken“, habe ein Kollege am Theater wenig schmeichelhaft gesagt, lachte sie. Gutting ist eine Ulknudel, aber vor allem eine begnadete Sängerin, die auch heilsames Singen unterrichtet. „You raise me up“ mit deutscher Strophe oder „The Rose“ verfehlten ihre Wirkung nicht, aber auch ein Lied über Männer wurde bejubelt. Am allerliebsten singe sie von Gott, sagte sie.

Fünf neue Mitglieder hatte sich der Verein zum Ziel gesetzt. Mit wenigen Euro im Jahr trägt man zum Erhalt der Mundart und Verschönerung des Ortsbildes bei. (cm)

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exklusiv online
von Redaktion NUSSBAUMRedaktion NUSSBAUM
31.10.2025
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