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Vom Säen und Ernten

Das JuZ als zweites Zuhause der Jugendlichen Die Jugend ist eine Zeit der Veränderung. In den Köpfen der Jugendlichen machen sich Sorgen, Ungewissheit...
Susanna Giolda (l.) und Laura Rudolph betreuen zusammen im Jugendzentrum „JuZ“ in Wiesloch rund 75 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Hier wird zusammen gespielt, gekocht, geredet und Überraschung: freiwillig Obst und Gemüse gegessen.
Susanna Giolda (l.) und Laura Rudolph betreuen zusammen im Jugendzentrum „JuZ“ in Wiesloch rund 75 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Hier wird zusammen gespielt, gekocht, geredet und Überraschung: freiwillig Obst und Gemüse gegessen.Foto: Laura Rudolph/Jugendzentrum Wiesloch

Das JuZ als zweites Zuhause der Jugendlichen

Die Jugend ist eine Zeit der Veränderung. In den Köpfen der Jugendlichen machen sich Sorgen, Ungewissheit und Orientierungslosigkeit breit. Nicht wenige leiden in dieser Zeit unter psychischen Problemen, seit der Coronapandemie nehmen diese Studien zufolge noch mehr zu.

Viele Jugendliche aus Wiesloch und Umgebung kommen in das dortige Jugendzentrum „JuZ“ zum „Chillen“ und Freundetreffen. Hier werden sie von den zwei Sozialpädagoginnen Laura Rudolph und Susanna Giolda betreut.

Der Blick auf die Zukunft

Das JuZ bietet den Jugendlichen ein vielseitiges Angebot an Aktivitäten – müssen aber nichts tun. Denn das JuZ hat auch einfach nur offen. Den beiden Pädagoginnen ist es wichtig, dass die Jugendlichen im JuZ so sein können, wie sie wollen. Ob sie über ihre Probleme, Gefühle und Bedenken reden wollen oder nicht, überlassen die zwei den Jugendlichen. Die Bedürfnisse der Jugendlichen entscheiden, was auf der Tagesordnung steht. Doch welches Thema beschäftigt die Jugendlichen aus der Umgebung am meisten? Für die Pädagoginnen ganz klar – die Frage nach der eigenen Zukunft. „Eines unserer größten Angebote zurzeit ist die Hilfe beim Übergang zwischen Schule und Beruf. Wir machen mit den Jugendlichen Beratungsgespräche im Einzelsetting oder auch Bewerbungsschreiben und -trainings. Bei uns wurden auch schon Vorstellungsgespräche per Zoom abgehalten, manchmal stellen wir einfach nur die Endgeräte oder das WLAN.“ Im JuZ können sich die Jugendlichen gerade in dieser unsicheren Lebensphase auf die Expertise der beiden verlassen.

Vermehrte psychische Probleme

Denn auch im JuZ bleiben die Probleme der Jugendlichen nicht unerkannt. Seit der Coronapandemie leiden die Jugendlichen vermehrt an psychischen Problemen. „Wir können viel Orientierungslosigkeit, vor allem bei den Zukunftsfragen, beobachten. Viele sind durch die Pandemie zu Einzelkämpfern geworden und kommen hierher, um einfach Gemeinschaft zu erleben. Die Jugendlichen sind außerdem gewaltbereiter geworden, was wahrscheinlich mit der Frustration der erlebten Pandemiejahre zusammenhängt.“ Die Orientierungslosigkeit beschäftigt die Jugend nicht nur hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft. Viele Jugendliche neigen vermehrt zur Negativität und suchen den eigenen Lebenssinn, laut den beiden Pädagoginnen: „Die Gedanken werden in den vergangenen Jahren von vielen Kindern und Jugendlichen schon oft düsterer und gehen in die belastende, depressive Richtung.“ Gedanken, die Rudolph und Giolda versuchen aufzufangen und Unterstützung zu suchen. Bei erheblichen psychischen Problemen können die beiden Betreuerinnen im JuZ eine erste Anlaufstelle für die Jugendlichen sein: „Wir leisten viel Vermittlungsarbeit bei psychischen Problemen oder Suchtproblemen. Wir schauen zusammen mit den Betroffenen nach Therapieplätzen und Suchtberatung.“ Voraussetzung hierfür ist, dass die beiden eine vertrauensvolle Beziehung zu den Jugendlichen haben.

Raum nur für Jugendliche

Die beiden nehmen auf längere Sicht eine prägende Rollenfigur für die Jugendlichen ein, sie erhalten Feedback wie: „In meinem Leben ist meine Mama mir wichtig und ihr beide.“ Was sagen die Eltern zu dem JuZ und den Betreuerinnen? Laut der beiden hätten sie sehr wenig Elternkontakt und das sei gewollt. Schließlich sei das JuZ kein Ort für Eltern: „Es ist ein Raum ganz gezielt für Jugendliche, hier können sie sein, wie sie sind, und haben einen Rückzugsort. Und über manche Themen spricht man eher, wenn die Eltern nicht da sind.“ Die intimen Themen sprudeln jedoch nicht einfach aus den Jugendlichen heraus, Vertrauen aufzubauen sei die Grundlage der Jugendarbeit: „Die Kernarbeit ist die verlässliche Beziehungsarbeit und die verlässlichen Ansprechpartnerinnen für die Jugendlichen, die sie auch mal in Ruhe lassen, wenn sie nicht reden wollen.“ Ihre Tätigkeit und die Wichtigkeit dieser werde häufig nicht wahrgenommen, meinen beide Pädagoginnen. Umso gefestigter wirken sie, sie sind sich ihrer Verantwortung, den Jugendlichen gegenüber, bewusst: „Es ist nicht so, dass wir mit einer Kaffeetasse am Kicker stehen und mit ihnen Zeit verbringen, sondern das sind ganz essenzielle Tür-und-Angel-Gespräche, die wirklich zum Teil bei den Jugendlichen die Zukunft entscheiden.“ Dass man ihren Erfolg nicht sehen kann, sei der Grund für die schlechte Wahrnehmung ihrer Arbeit: „Unsere Arbeit ist nicht messbar wie die von Unternehmen. Wir machen keinen Profit, wir investieren in die Jugend.“

Säen und Ernten

Ob fünf Jugendliche über den Tag verteilt oder 20 zeitgleich da sind, ob sie nur nach einem Ort zum Chillen oder nach dem Sinn des Lebens suchen – das JuZ muss sich bedarfsgerecht nach den Jugendlichen richten. „Das macht unsere Arbeit aus, wir müssen sehr spontan, flexibel und bedarfsgerecht agieren. Wir planen selten Dinge früher, sondern planen sie mit den Jugendlichen gemeinsam im Affekt.“ Weder planbar noch messbar ist der Arbeitsalltag im JuZ. Die beiden Pädagoginnen investieren viel Arbeit in die Jugendlichen – selten kriegen sie die Auswirkung ihrer Arbeit mit: „Wir pflanzen ganz, ganz viel, aber wir ernten meistens gar nicht.“ Manchmal sähe man schon die persönliche Entwicklung der Jugendlichen im JuZ. Dass die beiden den Jugendlichen aber sehr viel mit auf ihren Weg geben, wissen sie. Sie säen, was die Jugendlichen dann ernten. (krw)

Das JuZ wird vom Internationalen Bund (IB) betrieben und von der Stadt Wiesloch finanziert. Der IB ist ein freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit in Deutschland.
Das JuZ wird vom Internationalen Bund (IB) betrieben und von der Stadt Wiesloch finanziert. Der IB ist ein freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit in Deutschland.Foto: Laura Rudolph/Jugendzentrum Wiesloch
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