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Vor 80 Jahren – der Krieg kommt nach Oedheim

Der 5. April, Donnerstag Der amerikanische Operationsbericht eines massierten Bombenangriffs am Nachmittag des 5. April 1945 vermeldet: „Taktischer...

Der 5. April, Donnerstag

Der amerikanische Operationsbericht eines massierten Bombenangriffs am Nachmittag des 5. April 1945 vermeldet: „Taktischer Verband auf Kurs. Im Gleitflug das Ziel (Oedheim) aus 1.500 Fuß, Höhe (ca. 460 m) bombardiert. 10 Bomben trafen den nördlichen Rand des Dorfes, der mit Rauch markiert worden war. 4 Bomben trafen das Ende des Dorfes. 10 Gebäude wurden zerstört, bei 10 Gebäuden brach ein großes Feuer aus. 2 Angriffswellen wurden unternommen.“

Das Ergebnis dieser kühlen Aufzählung war furchtbar! Zerstört oder abgebrannt sind die Anwesen Albert und Wilhelm Zimmermann, auch die Post der „Postmarie“, die Metzgerei und Gasthof „Zur Rose“ von Franz Ochs sowie die Häuser von Karl Sandel, Wilhelm Haag, alle an der Hauptstraße. Im Kapellenweg (das Ende des Dorfes s. o.) waren die Anwesen von Michael Funk, Johann Götz und Karl Weber betroffen. Vor dem Angriff wurden zwischen dem Haus Josef Förch auf der einen und der „Alten Kelter“ auf der anderen Seite Panzerfäuste und anderes Kriegsmaterial abgeladen. Außerdem befand sich dort eine Panzersperre. All dies wurde natürlich vom Feind beobachtet, sodass die Gegend um den Kapellenweg auch Ziel der Bombenabwürfe wurde.

Johann Weber, der Bruder von Karl Weber, der imDreikaiserjahr 1888 geboren wurde, machte um die Angriffszeit ein Mittagsschläfchen an der Stallwand von Karl Webers Stall. Die Stallwand stürzte um und drückte ihm den Brustkorb tödlich ein. Nach seiner Bergung wurde er am 7. April im Oedheimer Sammelgrab beigesetzt. Johann Weber, der eigentlich in Mannheim wohnte, wollte sich und seine Frau in Oedheim in Sicherheit bringen, weil Mannheim sehr häufig feindlichen Luftangriffen ausgesetzt war. Auf der Eisenbahnfahrt durchs Neckartal hierher kam aber tragischerweise schon seine Frau ums Leben. Der Zug wurde beschossen und rettete sich zunächst bei Hirschhorn in den dortigen Tunnel. Bei der späteren Ausfahrt aus dem Tunnel und erneutem Luftangriff wurde seine Frau tödlich getroffen. Unweit davon liegt der Heimatort von Frau Weber – St. Ilgen – dort wurde sie dann beerdigt.

Robert Sandel geb. 1875 wurde durch einen Splitter bei seiner Wohnung am Friedhof tödlich getroffen. Auch er wurde am 7. April im Sammelgrab beigesetzt.

Auch der SS-Grenadier Rudolf Samel wurde vor dem Haus von Franz Herold an der Brücke durch Splitter tödlich getroffen und zunächst im Ehrengrab Nr. 9 beigesetzt. Aufgrund seines Soldbuchs erkannte man ihn als Katholiken. Später wurde er von der Kriegsgräberfürsorge an der Ehrenanlage bei der Kapelle auf dem Friedhof in Oedheim umbestattet.

Jedoch nicht nur die Bombardierung forderte an diesem schlimmen Tag Menschenleben, auch die andauernde Artilleriebeschießung tat ein Übriges. So durchschlug eine schwere Granate auch den nördlichen Hausgiebel beim „Spohrersbäck“, Gasthaus zur Linde, vernichtete auch das Treppenhaus und detonierte neben der seitlichen Haustüre. Die Splitter durchschlugen die Wände zum Gastraum, der Backstube und sogar des Kellers. Der kleine Anton Spohrer geb. 1935; der krank im Bett im Keller lag, wurde dort durch einen Splitter schwer verwundet und nach Schwäbisch Hall ins Krankenhaus gebracht. Am anderen Tag erlag er dort seinen schweren Verletzungen, nachdem er die Sterbesakramente empfangen hatte. Zunächst wurde er dort auch kirchlich beerdigt. Später erfolgte seine Überführung in seinen Heimatort Oedheim, wo er am 30. Mai 1945 um 19.00 Uhr eingesegnet wurde.

Am Nachmittag des 5. April sollten auch die BDM-Mädel zum Ortsgruppenleiter kommen, zwecks sofortiger Evakuierung. Dies sollte um 15.30 Uhr sein, als schon die feindlichen Flugzeuge über dem Ort kreisten und zum darauffolgenden Angriff ansetzten. Da war natürlich größte Aufregung und ein Durcheinander im Dorf, und so war an ein Abmarschieren der Mädels zum Glück nicht zu denken.

Sinnloses Opfer dreier Oedheimer Volkssturmleute am 5. April

Am Morgen des 3. April 1945 machten sich befehlsgemäß die Oedheimer Volkssturmleute Alois Karle (geb. 1894), Johann Mosthaf (geb. 1894), Wilhelm Spörle (geb. 1895), Franz Herold und Franz Spohrer, alle fünf Kriegsteilnehmer 1914 bis 1918, zu Fuß auf den Weg zu ihrem Bestimmungsort in die Badener Kaserne in Heilbronn. Zunächst ging es über den Reichertsberg, vorbei am Herrenbuschwald und Schweinshag auf dem Kelterweg nach Erlenbach. Nach einer Stärkung mit einem Gläschen Wein bei dortigen Verwandten ging es dann schließlich weiter nach Heilbronn. Beim Volkssturmeinsatz auf der Fleiner Höhe im Fleiner Wald nahe des heutigen Zubringers zur BAB A 81 wurde die Gruppe von einem amerikanischen „Ari“ – Flieger beobachtet und kurz darauf beschossen. Eine Artilleriegranate traf eine Baumkrone. Unter diesem Baum in einem Erdloch befand sich die Gruppe in Deckung. Durch Granatsplitter wurden die drei Oedheimer Alois Karle, Johann Mosthaf und Wilhelm Spörle sowie ein Erlenbacher und ein Sontheimer Kamerad tödlich verletzt.

Franz Spohrer wurde verletzt zum Heimatort zurückverlegt. Die Gefallenen wurden zunächst anderntags im Fleiner Friedhof bestattet. Die Todesnachricht erreichte die Oedheimer Angehörigen erst nach einer Woche.

Der Imker Franz Kolb aus Heilbronn, Bruder des Oedheimers Wilhelm Kolb, konnte durch gute Beziehungen zur amerikanischen Militärregierung die Überführung der drei Oedheimer Volkssturmleute und des Oedheimers Emil Baumgart in den heimatlichen Friedhof erreichen.

Der Fuhrunternehmer Wilhelm Kolb hat solidarisch die Überführung kostenlos übernommen.

Die Särge wurden der Zeit entsprechend schlicht auf einem Anhänger an einem „Lanz Bulldog“ in den Abendstunden nach Oedheim gebracht. Anderntags, am 28. April wurden die vier Kriegsopfer auf dem Friedhof gleich links am Eingang hinter den Pfarrergräbern beigesetzt.

Aber auch dort fanden sie nicht ihre letzte Ruhe, später wurden sie erneut umgebettet, nämlich an das Kriegerdenkmal.

Fortsetzung folgt



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Ausgabe 20/2025

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