Der 11. April, Mittwoch (Fortsetzung)
Verwundet wurde an diesem Tag beim Versuch zu löschen:
Magdalena Knoll, geb. Bertsch, erlitt schwere Rippenquetschungen bei Bombenangriff, gestorben am 9. Mai im Weinsberger Weissenhof Behelfs-Krankenhaus, im Heimatfriedhof beigesetzt am 12. Mai 1945.
Tote an diesem Tag:
Barbara Harst, geb. Spohn, tödlich getroffen durch Bordbeschuss vor dem Kaplaneihaus, bestattet am 12. April.
Wilhelm Knoll, tödlich getroffen durch Bordbeschuss beim Versuch zu löschen, bestattet am 12. April.
Josef Denzer, getroffen von Granatsplittern, bestattet am 12. April.
August Herold, getroffen von Granatsplittern beim Versuch zu löschen in der Schulstraße, bestattet am 12. April.
Der tägliche amerikanische Operationsbericht meldet für den 11. April 1945, dass ein taktischer Verband im Gleitflug in 1.500 Fuß Höhe nach dem Ort Oedheim in S 105 725 unterwegs gewesen sei. Es wurden 2 Bombardierungstiefflüge ausgeführt. Sie beobachteten, dass alle Bomben – bis auf 2 – im Zielfeld einschlugen.
Ergebnisse:
20 Brandstellen
20 Gebäude zerstört
1 Transportfahrzeug in S 2436 beschädigt
1 Transportfahrzeug in S 3050 zerstört
1 Transportfahrzeug in S 2847 zerstört
2 Transportfahrzeuge in S 3345 zerstört
1 Jeep in S 250435 beschädigt.
Ein Jäger wurde durch Flugabwehr beschädigt, keine Verletzte.
Der 12. April, Donnerstag
2 Mal am Tage kreisten Fliegerverbände über dem Ort, ohne anzugreifen. Jedoch setzte von Westen her in der Nacht noch bis früh am Morgen etwa um 6 Uhr Beschuss ein, zunächst mit Brand- danach mit Sprenggranaten. Danach wurde dieser Beschuss eingestellt. Es sind wieder Brände ausgebrochen. Die Löschversuche wurden gestört durch weiteres Granatfeuer.
Deshalb sind die Scheunen trotz aller Anstrengungen von Karl Schiemer, Hermann Wolf, Martha Mosthaf und Wendelin Beck niedergebrannt. Das gleiche Schicksal ereilte das Wohnhaus Schmelcher in der Schlossstraße.
Wiederum war je ein Toter und Verletzter zu beklagen:
Emil Herold, beim Löschversuch im Pfarrgarten durch Granatsplitter am Kopf morgens um 5.15 Uhr tödlich getroffen, am gleichen Tag abends um 18 Uhr bestattet.
Josef Spohrer, bekannt als der „Gäulspohrer“, in seinem Stall durch Granatsplitter an der Wirbelsäule schwer verletzt, gestorben am 16. April, 12.30 Uhr, bestattet am 17. April, 17 Uhr.
Der 13. April, Freitag
Am Morgen dieses Tages war zum ersten Mal seit 2 Wochen kein Kriegslärm mehr zu hören.
Welche Erlösung! Die deutschen und amerikanischen Truppen waren fast gleichzeitig über Nacht abgezogen, somit lag unsere Gemeinde fortan nicht mehr im Kriegsgebiet, für Oedheim war der Krieg zu Ende!
Die Leute trauten sich fast ungläubig und sehr zögerlich aus den Kellern und wir selbst aus dem sogenannten Bierkeller im Nonnenrain, in dem wir fast 2 Wochen recht kümmerlich hausten.
Allen sah man die Not, Sorge und Entbehrung der letzten Zeit an, den Mangel und die Einseitigkeit der Ernährung. Es gab zwar genug Kartoffeln und Fleisch vom notgeschlachteten Vieh, jedoch seit einer Woche kein Brot.
Der Mundpropaganda folgend, strömten die Leute um die Mittagszeit zum Rathaus, wo Bürgermeister Joos die Übergabe des Ortes an die amerikanische Militärverwaltung verkündete.
Daraufhin wurde in der Fahrgasse und auf dem Kirchturm die weiße Fahne gehisst.
Am Nachmittag erschien, umringt von bettelnden Kindern, ein Vorauskommando der Amerikaner am Rathaus und verlangte die Ablieferung sämtlicher Waffen, auch Säbel und Munition bis zum Abend. Die Bevölkerung wurde durch „Ausschellen“ verständigt. Als Sammelstelle wurde das Modegeschäft Franz Anton Müller bestimmt. Schlossgärtner Schoch brauchte einen Leiterwagen, um die vielen Jagdflinten von Baron Bautz anliefern zu können.
(Noch sehr gut kann sich Anton Spohrer an das Geschehen erinnern: „Es war so gegen 1 oder 2 Uhr am Nachmittag, als sich eine Menschenmenge auf dem Bahngleis gegenüber der Kunstmühle versammelte. Quer über die Wiesen kam ein amerikanischer Jeep gefahren, besetzt mit 4 US-Soldaten und auf dem Rücksitz zwischen zwei Soldaten saß noch Antonie Jochim (geb. Denzer, verh. mit Josef Jochim). Augenscheinlich diente sie als Dolmetscherin, da sie des Englischen mächtig war. Ich selbst wurde zum Bürgermeister geschickt, um diesem die Ankunft der Amerikaner zu melden. Von Herrn Joos sollte ich dann ausrichten, dass die Soldaten zu ihm kommen sollten. Diese überquerten mit einem Ponton den Kocher und überbrachten dann ihre Anordnungen (s. o.) dem Bürgermeister.“)
Am Montag der Folgewoche erschien ein Kommando der amerikanischen Militärverwaltung einschließlich eines Dolmetschers, um die ersten Anordnungen der Besatzung bekannt zu geben.
Als Erstes wurden die einsatzfähigen Männer verpflichtet, den Schutt und die Panzersperren von den Straßen zu räumen. Die Landwirte sollten die Frühjahrssaat schnellstens bestellen. Weiter musste dringend die Wasserversorgung sichergestellt werden.
Als vordringlich wurde die Herstellung einer Notbrücke über den Kocher angesehen.
Nach und nach erfolgte auch die notdürftige Instandsetzung der Dächer, soweit dies der Mangel an Baustoffen zuließ. Schließlich galt es die obdachlosen Menschen und Tiere unterzubringen und die Beschaffung von Lebensmittel und Futter zu bewerkstelligen.
Nachtrag
An den Folgen der Kriegserlebnisse starben 2 Oedheimer im April/Mai:
Franziska Zimmermann starb an Kräftezerfall infolge der Erlebnisse der Kampftage, zuletzt litt sie an Herzschwäche, gestorben am 23. April, bestattet am 25. April.
Johann Ochs starb an Altersschwäche, die seit der Beschießung zu einem schnellen Zusammenbruch führte, gestorben am 6. Mai, bestattet am 9. Mai.
Ende