Weinsberger Blutostern 1525
Geschichte zum Bauernkrieg 1524/25
(von Klaus Heiland und Manfred Wiedmann)
Einführung
Das Jahr 2025 markiert den 500. Jahrestag des Bauernkriegs, eines der bedeutendsten sozialen und politischen Ereignisse in der deutschen und europäischen Geschichte. Der Bauernkrieg war jedoch ein gewaltsamer Aufstand mit tragischem Ausgang. Es ist heute eine Gelegenheit, die Ursachen und Folgen des Bauernkriegs zu untersuchen und seine Bedeutung für die weitere Entwicklung der modernen Gesellschaft zu verstehen. Dadurch wird der Bauernkrieg in das öffentliche Bewusstsein gerückt und seine Bedeutung für die heutige Zeit vertiefend diskutiert. Diesjährig nach 500 Jahren ist die Gelegenheit, sich an die historischen Ereignisse zu erinnern, die eine tiefgreifende und epochemachende Auswirkung auf die Gesellschaft hatten. Die Themen des Bauernkriegs, wie soziale Gerechtigkeit, politische Teilhabe und religiöse Freiheit, sind auch heute noch aktuell und werden in gesellschaftlichen und politischen Debatten aufgegriffen und debattiert. Über das ganze Jahr 2025 verteilt finden zahlreiche Veranstaltungen in Weinsberg in Sachen Bauernkrieg und dessen Umgebung statt.
Wir werden Sie, liebe Leser, im Nachrichtenblatt der Stadt Weinsberg über den Bauernkrieg angemessen informieren.
Vorbemerkung
Im Frühjahr 1525 erbebte das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Ein Aufstand, angeführt von verzweifelten Bauern, die nach Gerechtigkeit und Freiheit verlangten, erschütterte die Grundfesten des Feudalsystems. Eines der dramatischsten Kapitel dieses Aufstands spielte sich in der „kleinen“ Stadt Weinsberg ab. Hier, an den Hängen des „Weinsbergs“ (heute Weibertreu), entfaltete sich ein blutiges Drama, das als „Weinsberger Blutostern“ in die Weltgeschichte einging.
Im späten Mittelalter, in den Jahren 1524/25, zogen die süddeutschen Bauern in den Krieg gegen die regierenden Feudalherren, insbesondere die Ritter und Adeligen, auch die Großgrundbesitzer. Als Deutscher Bauernkrieg wird die Ausweitung lokaler Bauernaufstände ab 1524 (Stühlingen und Forchheim) in weiten Teilen des süddeutschen Sprachraumes (Süddeutschland, Österreich, Elsass und der Schweiz) bezeichnet. Bemerkenswert an diesem Konflikt ist, dass die Bauern mit ihren zwölf Artikeln erstmals fest umrissene Forderungen formulierten. In Schwaben, Franken, dem Elsass und in Thüringen wurden die Aufstände 1525, in Sachsen und Tirol 1526 niedergeschlagen. Diesem Bauernkrieg gingen Aufstände in England und der Schweiz voraus. Der Bauernkrieg von 1525 war eine weitreichende Rebellion der Bauern gegen den Adel im Heiligen Römischen Reich. Getrieben von sozialen Ungerechtigkeiten und inspiriert von den Ideen der Reformation forderten die Bauern eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen und mehr politische Mitbestimmung. Die Bauern, jahrhundertelang unterdrückt und ausgebeutet, erhoben sich gegen den Adel. Ihre Forderungen nach mehr Freiheit und sozialen Reformen führten zu einem der blutigsten Konflikte der frühen Neuzeit. Die Bauern kämpften für eine gerechtere Welt und scheiterten am Ende. Sie forderten unter anderem bessere Arbeitsbedingungen, weniger Abgaben, mehr Rechte, die Aufhebung der Leibeigenschaft und eine gerechte Aufteilung des Landes. Die größte Bevölkerungsgruppe musste die Last des Staates tragen. Die Bauern finanzieren mit ihren Abgaben den Adel und die Geistlichkeit, hatten aber gleichzeitig kaum politische Rechte. Dann verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation. Nach 1450 erholte sich die Bevölkerung von der großen Pest im Mittelalter, das heißt, die Bevölkerungszahl wuchs. Da es aber nicht mehr zu verteilen als vorher gab, wurden die Leute ärmer und ärmer. Missernten verschärfen noch die Lage. Trotzdem verlangen die Herrschenden weiterhin hohe Abgaben von den Bauern.
Der Aufstand begann im Südwesten Deutschlands und breitete sich schnell auf andere Regionen aus, wobei Tausende von Bauern bewaffnete „Banden“ bildeten und gegen die Herrscher marschierten. Zuerst zogen die Haufen (militärische Einheiten) der Bauern durch die Lande. Sie plünderten die Klöster und erstürmten Burgen und Schlösser. Anfänglich wurde von ihnen keine größere Gewalt verübt. Das änderte sich am Ostersonntag, 16. April 1525. Die Blutostern inWeinsberg 1525 brachte die Wende im Krieg der Bauern gegen die Ritter und Adeligen. Die Ereignisse von Ostern 1525 in Weinsberg ging in die Weltgeschichte unter dem Namen Weinsberger Blutostern ein.
Dieser Krieg endete jedoch in einer Niederlage der Bauern und hatte keine langfristigen politischen Veränderungen zur Folge. Das Scheitern des Bauernkriegs führte zu einer Stärkung des Feudalsystems und zur Festigung der Adelsmacht sowie zur weiteren Schwächung des Bauernstandes in Deutschland.
Die Hexenverfolgung in dieser Zeit ist ein weiteres dunkles Kapitel der Geschichte, das auch im Zusammenhang mit dem Bauernkrieg von 1525 eine Rolle spielte. Darüber werden wir gesondert berichten.
Einleitung
Es gibt ein altes Sprichwort über den Bauernkrieg von 1525:
„Wer 1523 nicht stirbt,
1524 nicht im Wasser verdirbt und 1525
nicht wird erschlagen,
der mag wohl von Wundern sagen“.
Dieses Sprichwort spiegelt die hohe Sterblichkeitsrate während der Pestjahre und des Bauernkriegs wider und drückt die Hoffnung auf Überleben aus.
Die Menschen lebten in vager Annahme, dass im Jahr 1524 in der Welt etwas Außergewöhnliches geschehen werde. Man erwartete, dass sich alle Planeten des Alls im Zeichen der Fische treffen, und die Astrologen hatten schon im Jahr 1499 prophezeit, dass eine Sintflut, eine große Katastrophe über die Menschheit kommen werde. Diese Deutung der Ruhelosigkeit und der Ungewissheit wurde durch die Religion noch verstärkt. Die Sintflut blieb aus. Um 1523 hat sich sukzessiv die evangelische Predigerbewegung im Rahmen der Reformation im Reich ausgebreitet. Die Reformatoren, vor allem Zwingli und Luther, sahen in den Evangelien der Heiligen Schrift den Maßstab für eine Reformation des Gemeinwesens in politischer, gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht.
Die Reformatoren Zwingli aus der Schweiz und Müntzer aus Thüringen vertraten die Ansicht, „dass jeder Mensch ohne die Vermittlung zu seiner Herrschaft und die Unterwerfung durch die Kirche bei seinem Weg und den Bezug zu Gott und seinem Seelenheil finden könne“.
Einer Schätzung in Württemberg zufolge hatten sich 60 bis 70 Prozent aller Männer im waffenfähigen Alter den Bauernrebellen angeschlossen. Die Aufstände erstreckten sich vom Elsass im Westen bis nach Tirol und Salzburg im Osten sowie von den Schweizer Alpen im Süden bis nach Thüringen im Norden. An die 100.000 Menschen wurden bis zur gesamten Wiederherstellung des Friedens getötet, und das Trauma des Bauernkriegs wirkte sich auf den Verlauf der Reformation ebenso aus, wie auf die Regierungspraxis in den deutschen Territorien.
Im Frühjahr 1525 waren die Regierenden zwar in vielen Gebieten von den Bauernaufständen so eingeschüchtert, dass sie Verhandlungsbereitschaft zeigten, aber nur ein paar Monate später brachen die Bauernheere eines nach dem anderen unter der Wucht der überlegenen fürstlichen Streitkräfte zusammen.
Die sozial Bessergestellten reagierten überwiegend negativ auf die Vorgänge. Wenn Räte in Reichsstädten wie etwa Rothenburg oder Heilbronn die Sache der Bauern unterstützten, geschah das im Wesentlichen auf Druck von unten, vonseiten der Bauern. Vom Adel schlossen sich nur ganz wenige den Bauern an.
Die Vorgeschichte und die Ursachen des Bauernkriegs und seine Auswirkungen
Die Vorgeschichte des „Bauernkriegs“ beginnt im Jahr 1502 im Raum Bruchsal, wo Joss Fritz, Anführer der sogenannten Bundschuh-Bewegung, damals lebte.
Die Fahne mit dem Bild eines mit Riemen gebundenen Bauern -Schuhs war das Kennzeichen dieser Verschwörung. Unter ihr hatten bereits 1493 Bauern rebelliert, deren Anführer anschließend hingerichtet worden waren. Ziele der Bundschuh-Bauernerhebung waren die Abschaffung der Leibeigenschaft, die Verteilung der kirchlichen Güter und der freie Zugang aller Ortsbewohner zur Allmende (gemeinsam genutztes Gemeindegut). Als Herrn wollten die auf mehrere tausend geschätzten Bundschuh -Anhänger lediglich den Kaiser (Maximilian I.) anerkennen. Die Bewegung wurde vor Pfingsten 1502 verraten, mehr als 100 Anhänger konnten, gefangen genommen werden, Joss Fritz allerdings entkam. Wer nicht gefoltert oder, wie zehn der Anführer, gevierteilt wurde, musste das Land verlassen oder hohe Strafgelder bezahlen.
Die „Bundschuhbewegung“ von 1502 am Oberrhein und die Bewegung „Armer Konrad“ von 1514 im Herzogtum Württemberg waren die Vorläufer zum Bauernkrieg.
Auch in Württemberg hatte der Bauernkrieg seine Vorläufer: Ulrich, seit 1498 Herzog von Württemberg, schlug im Jahr 1514 mit Unterstützung der Landstände die Bewegung des „Armen Konrad“ im Remstal nieder (wir berichteten, auch Weinsberger Bauern waren dabei). Er musste jedoch als Gegenleistung ebendiesen Ständen, die ihm seine Politik finanzierten, politisch entgegenkommen. Noch im selben Jahr gewährte er verfassungsmäßig festgeschriebene weitgehende Mitspracherechte im sogenannten „Tübinger Vertrag“. Die Württemberger Bürger wussten damals nichts von Luther und der Reformation. Doch dies änderte sich im Verlauf der folgenden Jahre. (Wir berichteten 2019 darüber).
Doch weitaus bedeutender waren die Impulse, die eine bäuerlich orientierte Bewegung von religiöser Seite her erhielt. Im Jahre 1476 hatte der Odenwälder Hans Böhm, bekannt unter dem Namen „der Pfeifer von Nicklashausen“ (Taubertal), das Fragen und Suchen der Bauern mit religiöser Kraft hervorgebracht. Sie wurde mit Gewalt für Jahrzehnte von der Oberfläche erstickt.
(Fortsetzung im nächsten Nachrichtenblatt, Nr. 4/25)