Weinsberger Blutostern 1525
Geschichte zum Bauernkrieg 1524/25
von Klaus Heiland und Manfred Wiedmann
(Fortsetzung vom letzten Nachrichtenblatt Nr. 11/25)
In Forchheim bei Nürnberg gab es 1524 kleinere Unruhen, so auch im Thurgau, Elsass, in St. Blasien, Staufen und in Baltringen bei Biberach. Die Einwohner von Forchheim rebellierten Ende Mai 1524 gegen die Ausbeutung durch den Bischof von Bamberg. Sie forderten das freie Fischen und Jagen. Die Unruhen wurden schon im Keim erstickt, als der Bischof Militär zur Stadt Forchheim entsandte.
Ein weiterer geschichtlicher Rückblick
Der Verlauf des Bauernkriegs im oberschwäbischen Württemberg, 1524/1525
Die Lebensverhältnisse der Bauern im deutschen Südwesten waren zu Beginn des 16. Jahrhunderts sehr bescheiden. Die Bevölkerung bestand zu 80 % aus Bauern, zu 3 % aus dem Adel und der Rest aus Städtern. Die Bauern finanzierten mit ihren hohen Abgaben den Adel und die Geistlichkeit und trugen zusätzlich die Hauptlast des Staates. Als politische Gruppe sind sie im Reich völlig bedeutungslos. Die Vermehrung der Lasten und Missernten führten zu Krisen. Auch die Pest um 1450 wirkte sich auf die Bevölkerung negativ aus. Eine wesentliche Besserung der politischen Lage war damals nicht in Sicht. Die Bauern hatten so hohe Abgaben zu leisten, dass für sie wenig übrigblieb. Ein Wohnungswechsel, auch eine Eheschließung, war nur mit Zustimmung des regierenden Herrn möglich. Auch der Einfluss der Reformation machte sich zunehmend geltend. Die Bibel wird zum Rechtsbuch.
Unter dem Zeichen des Bundschuhs im Volk, das ist der mit Riemen gebundene Schuh der Bauern, kam es am Oberrhein, im Bistum Speyer, im Schwarzwald und im oberen Neckartal schon am Ende des 15. Jahrhunderts bis zum Jahr 1504 zu Aufständen. Begonnen hat der Aufstand unter dem Bauernführer Joß Fritz aus Untergrombach 1501, der später bei verschiedenen Aufständen, wie am Bodensee, in Oberschwaben, Freiburg und im Schwarzwald auftauchte. Ihm folgte ein Aufstand im Kloster von Ochsenhausen1502. Er endete mit einem Vertrag, der fast 300 Jahre Gültigkeit hatte. In Württemberg führte der Aufstand des „Armen Konrad“ 1514 wegen der Misswirtschaft Herzog Ulrichs zu einer vorläufigen Einigung. (Wir berichteten gesondert darüber).
Der „Arme Konrad“ war 2014, nach 500 Jahren, in aller Munde. Als „Armer Konrad“ bezeichnet man den Voraufstand von 1514, den großen Aufstand vor dem Bauernkrieg 1525 im Herzogtum Württemberg. Konrad deswegen, weil das früher ein sehr verbreiteter Vorname war. Auch das sprichwörtliche „Hinz und Kunz“ – Heinrich und Konrad – kommt daher.
Das Eigenschaftswort „arm“ bei Konrad geht nur bedingt auf die ökonomische Situation zurück. Angesprochen sind vielmehr die geringen Mitwirkungsrechte der Bauern und Handwerker. Als Feindbild des Aufstands in Württemberg steht zu Recht Herzog Ulrich von Württemberg (1487 – 1550), eine der schillerndsten Herrscherfiguren des Hauses Württemberg. Er war der Sohn eines geisteskranken Vaters und wuchs mutterlos auf, da seine Mutter Elisabeth von Zweibrücken im Kindsbett starb. Viel zu früh (1503) wurde er von Kaiser Maximilian I. für volljährig erklärt.
Beeinflusst durch Ständevertreter und durch den Kaiser hatte er einen unbändigen Drang nach Selbstdarstellung, Repräsentation und militärischem Erfolg. Das zerrüttete die ohnehin nicht glänzenden Finanzen seines armen Landes Württemberg. Die immensen Kosten seiner Hochzeit mit Sabina von Bayern im Jahr 1515 brachten das Land fast an den Rand des Ruins.
Herzogin Sabina von Württemberg
Als er deswegen 1514 die Verbrauchssteuern erhöhte, löste das den Aufstand „Armer Konrad“ aus. Besonders perfide war die Art und Weise der Erhöhung. Durch verminderte Maße und Gewichte sollten bei wichtigen Lebensmitteln zusammen mit der Verschlechterung der Währung höhere Steueraufkommen erzielt werden.
Der Aufstand wurde nicht zuletzt unter Mithilfe der sogenannten „Ehrbarkeit“, die sich Ulrich durch den Tübinger Vertrag von 1514 gewogen gemacht hatte, blutig niedergeschlagen. Als 1519 die Situation erneut eskalierte, verlor Ulrich auf lange Zeit sein Herzogtum.
Im Herbst 1524 und Frühjahr 1525 versammelten sich die Bauern in ganz Süddeutschland und klagten verstärkt wegen der hohen Abgaben und der weitreichenden Abhängigkeit von ihren verschiedenen Herren. Da sie kein Gehör bei der Obrigkeit fanden, rotteten sie sich zusammen und zogen in langen Märschen durch das Land. Sie zerstörten Burgen und Klöster und versuchten auf diese Weise, ihre Forderungen durchzusetzen. Außer materiellen und sozialen Gründen führten auch reformatorische Gedanken zu den erbitterten Kämpfen zwischen den Bauern und ihren adligen Herren.
Am 6.10.1524 erhoben sich die Stühlinger und Klettgauer Bauern. Sie waren 3.500 Mann, als sie in Richtung Neustadt und weiter nach Furtwangen im Schwarzwald aufbrachen und durch die Baar zogen.
Im April 1525 unternahmen sie einen zweiten Zug, der sie bis vor die Stadt Freiburg führte.
Schon im 13. und 14. Jahrhundert waren Bauern in der Schweiz, England, Ungarn, Flandern und Böhmen gegen die Adeligen ortsbezogen aufgestanden.
Ende 1524 gab es kleinere Unruhen in Forchheim bei Nürnberg, im Thurgau in der heutigen Schweiz, im Elsass und in St. Blasien im Schwarzwald.
Herzog Ulrich von Württemberg war entschlossen, sein Territorium, das im Besitz der Habsburger war, 1525 zurückzuholen. Allerdings erinnerten sich die Bauern an den Aufstand „Armer Konrad“ von 1514 und ließen sich von dem Sinneswandel des Herzogs nicht täuschen. So waren die Bauern von Württemberg nicht bereit, als er gegen Stuttgart marschierte, ihn zu unterstützen.
Nun war der Weg frei für Georg III. Truchsess von Waldburg-Zeil, als Anführer des Schwäbischen Bundes seine Truppen gegen die Bauern mobil zu machen. Der Truchsess wurde im Verlauf des Krieges auch als „Bauernschlächter“ bezeichnet. Er brachte seinen eigenen Scharfrichter, Berthold Aichelin aus Ulm mit. Wer zu den Anführerbauern zählt, wird gefangen genommen und sofort gerichtet. Im November/Dezember begannen die Bauern, ihre Proteste unter Berufung auf die Evangelien zu rechtfertigen.
Thomas Müntzer
Dadurch angeregt erschien der Bauernführer, Thomas Müntzer von Thüringen, auch im südwestdeutschen Raum, und zwar verstärkt im Klettgau und im Hegau. Bis zum Februar 1525 hat er die dortigen Bauern für seinen Einsatz gewinnen können, was aus seiner Sicht für ihn angeblich nicht so recht funktionierte. Enttäuscht ging er nach Thüringen zurück und entwarf dort seine Strategie für einen Aufstand der Bauern in Thüringen.
Im Februar bildete sich der Zusammenschluss des „Allgäuer Haufens“ und des „Seehaufens“ , Bodensee) in Leipheim. Nach dem 1. Zusammenschluss der beiden Haufen am 5.3.1525 wurde festgelegt, dass sie sich künftig gegenseitig bei militärischen und politischen Aktionen vorher abstimmen sollten. Dieser Zusammenschluss gilt als erstes Bauernparlament auf deutschem Boden.
(Fortsetzung im nächsten Nachrichtenblatt Nr. 13/25)