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Vor genau 500 Jahren

Weinsberger Blutostern 1525 Geschichte zum Bauernkrieg 1524/25 von Klaus Heiland und Manfred Wiedmann (Fortsetzung vom letzten Nachrichtenblatt Nr....
Foto: Wiedmann

Weinsberger Blutostern 1525

Geschichte zum Bauernkrieg 1524/25

von Klaus Heiland und Manfred Wiedmann

(Fortsetzung vom letzten Nachrichtenblatt Nr. 12/25)

Insgesamt waren die Haufen in ihrer Gesamtheit im oberschwäbischen Raum 40.000 Mann stark. Bei Leipheim kommt es zur ersten Schlacht am 4.4.1525, bei der der Leipheimer Haufen besiegt wurde. Leipheim musste daraufhin Strafgeld bezahlen und die Führer des Haufens wurden hingerichtet. Die Bauern zogen in Haufen ungeordnet durch das Land. Sie plünderten Klöster, raubten und stürmten Burgen. Im Februar 1525 versammelten sich bei Weingarten etwa 8.000 aufständische Bauern. Sie plünderten das Kloster Langnau. An Ostern 1525 drohte hier eine große Schlacht, die aber abgewendet wurde.

Auch im weiteren Oberschwaben, im Allgäu und im Bodenseegebiet, begannen die Unruhen im Februar und März 1525 sich auszuweiten. Hier war es vor allem der „Baltringer Haufen“ unter der Führung von Ulrich Schmid. Der bibelkundige und schriftgewandte Handwerker Sebastian Lotzer aus Memmingen fasste die Forderungen der Bauern in den „Zwölf Artikeln“ zusammen. Aus vielen lokalen Beschwerdelisten der Bauern entwickelte sich als einziges Dokument, das mit der evangelischen Sache fest verbunden war, die „Zwölf Artikel“. Die Bauern erklärten dabei, nicht zum Mittel der Gewalt greifen zu wollen, weil die Evangelien Frieden, Liebe, Einigkeit und Geduld lehrten, und sie ihr Leben an Gottes Wort ausrichten wollten. Die einfache und direkte Sprache machte die „Zwölf Artikel“ sehr schnell populär. Anfangs wurden 1525 ca. 25.000 Exemplare hiervon gedruckt und verteilt.

Die „Zwölf Artikel“ der Bauern – Das Titelblatt des Urtexts der „Zwölf Artikel“ der Bauern:

Obige Textwiedergabe:

Dye Gründlichen Und rechten

haupt Artickel, aller baurschafft

vnd Hyndersessen der

Gaistlichen vnd Weltlichen

oberkayten, von wo(e)lchen sy

sich beschwert vermainen.

Übersetzter Text des Titelblatts der „Zwölf Artikel“ (siehe Bild)

Die grundlegenden und

rechtmäßigen Hauptartikel

aller Bauernschaft und

Hintersassen

der geistlichen und weltlichen

Obrigkeit, über welche

sie sich beschwert

fühlen.

Kommentar

Grundlegende und rechtmäßige Hauptartikel: Dies bezieht sich auf die wichtigsten Forderungen oder Beschwerden. Bauernschaft und Hintersassen (jemand, der hinter einem anderen steht, nämlich dem Herren).Damit ist die ländliche Bevölkerung gemeint, die unter der Herrschaft der Obrigkeit lebte. Geistliche und weltliche Obrigkeit: Dies bezieht sich auf die kirchlichen und weltlichen Herrscher, wie z. B. Fürsten, Grafen und Bischöfe. Beschwert fühlen: Das bedeutet, dass sie sich ungerecht behandelt oder unterdrückt fühlen. Dieser Text bezieht sich auf die „Zwölf Artikel“, ein bedeutendes Dokument des Deutschen Bauernkriegs von 1524/25. In diesen Artikeln formulierten die aufständischen Bauern ihre Forderungen nach mehr Rechten und Freiheit. Sie kritisierten die bestehende soziale und politische Ordnung und forderten Reformen.

Erläuterungen für die folgenden Texte

Kommentare sind in eckige Klammern [...] gesetzt, der Text in geschweiften Klammern {...} ist im Original ebenfalls nicht vorhanden, die normalen Klammern (...) hingegen bestehen auch im Urtext. Die Zwölf Artikel der Bauern, Artikel 1 ungekürzt, die weiteren werden in Kurzfassung folgend aufgeführt. Sie können aber bei uns eingesehen werden.

Der erste Artikel der „Zwölf Artikel“ (Urtext, Langfassung)

Zum Ersten ist unsere demütige Bitte und Begehr, auch unser aller Wille und Meinung, dass wir zukünftig {die} Gewalt und Macht haben wollen, eine ganze Gemeinde soll ihren Pfarrer selbst erwählen und küren [im Original „kyesen“]. Auch {soll sie} die Gewalt haben, den selbigen wieder abzusetzen, wenn er sich ungebührlich verhält. Der selbige erwählte Pfarrer soll uns das heilige Evangelium lauter und klar predigen, ohne alle menschlichen Zusätze, Lehre und Gebote, denn uns {nur} den wahren Glauben stets verkündigen, {er} gibt uns eine Ursache Gott und seine Gnade zu bitten, in uns den selbigen wahren Glauben auszubilden und {diesen} in uns wohnen zu lassen. Denn wenn seine Gnade in uns nicht ausgebildet wird, so bleiben wir stets Fleisch und Blut, das zu nichts weiter nutze ist, wie denn klar in der Schrift steht, dass wir allein durch den wahren Glauben zu Gott kommen könnten und alleine durch seine Barmherzigkeit selig werden müssen. Darum ist uns ein solcher Vorgeher [im Sinne von „beispielhafte Person“] und Pfarrer vonnöten, und in dieser Gestalt in der Schrift begründet.

(Kurzfassung, die Langfassung kann bei uns eingesehen werden.)

Die Bauern hatten folgende 12 Forderungen

1. Jede Gemeinde soll ihren Pfarrer selbst wählen dürfen.

2. Den „rechten Kornzehnten“ sind die Bauern bereit zu entrichten. Davon soll der Unterhalt des Pfarrers bestritten, der Rest an Bedürftige verteilt werden. Auch zur Verteidigung soll etwas zurückgelegt werden, „damit man keine Landsteuer auf den armen Mann legen muss“.

3. Die Leibeigenschaft soll abgeschafft werden: „Es ist bisher der Brauch gewesen, dass man uns für Eigenleute gehalten hat, was zum Erbarmen ist. [Es] ergibt sich aus der Schrift, dass wir frei sind, und deshalb wollen wirs sein; nicht, dass wir gar keine Obrigkeit haben wollen, das lehrt uns Gott nicht“.

4. Jedermann soll freie Nutzung von Jagd und Fischfang haben.

5. In den Gemeindewäldern soll jeder Brennholz schlagen dürfen.

6. Die harten Dienstleistungen sollen auf das frühere Maß zurückgeführt werden.

7. Ein Vertrag zwischen Herren und Bauern soll die Dienstleistungen regeln.

8. Der Zins soll nach dem Vermögen des Bauern eingestuft werden.

9. Die Gerichtsbarkeit soll nicht der Willkür der Gerichtsherren anheimgestellt sein, sondern nach „der alten geschriebenen Strafe“ verfahren.

10. Die Gemeindegüter sollen nicht veräußerlich sein.

11. Die Erbschaftssteuer soll ganz abgeschafft werden.

12. „Zum Zwölften ist unser Beschluss und endgültige Meinung, wenn einer oder mehrere Artikel dem Wort Gottes nicht gemäß sind – wie wir aber nicht glauben – ‚die gleichen Artikel möge man uns mit den Worten Gottes als unzutreffend erweisen, so wollen wir davon absehen“.

Die Gewalt der Bauern gegen die Adeligen änderte sich erst am Ostersonntag, 16.4.1525. An diesem Tag töteten aufständische Bauern den Grafen Ludwig Helferich von Helfenstein und 16 seiner treuen Begleiter vor den Toren der Stadt und der Burg Weinsberg. (Dieses Thema werden wir in einem besonderen Abschnitt behandeln.)

Truchsess Georg III. von Waldburg- Zeil (Bauernjörg)

Nach dem Vorfall rüsteten die Landesfürsten unter der Leitung des Truchsessen Georg III. von Waldburg-Zeil, auch Bauernjörg genannt, gegen die Bauernhaufen. Zu Beginn konnte der Bauernjörg, der Heerführer des Schwäbischen Bundes, erfolgreich gegen die Haufen von Leipheim, Wurzach und Baltringen vorgehen. Er konnte anschließend gegen die 12.000 Mann des „Seehaufens“, unter Leitung von Eitelhans Ziegelmüller, wenig bewegen. Am 17.4.1525, am Ostermontag, kam es zum „Vertrag von Weingarten“, der in diesem Landstrich zwischen den Adeligen und den Bauern Frieden brachte. Die Bauern konnten eine gewisse Mitsprache und auch dadurch Verbesserungen auf dem Vertragsweg erzielen. Es erfolgte die Auflösung des „Allgäuer- und des „Seehaufens“. Danach schlugen die Bundestruppen ihr Lager bei dem Hofe Burach auf. Der Truchsess hatte erreicht, die folgende Nacht ruhig bei Weingarten verbringen zu können. Er beabsichtigte nun, sich mit seinem Heer in die Gegend des Bodensees zu begeben, um die von Bauern im Bereich des Untersees, des Klettgaus und aus dem Hohen Gau belagerte Stadt Radolfzell zu entsetzen. Aber der Bundesrat gab ihm den Befehl, von seinem Vorhaben abzusehen und sich gegen das Unterland und ganz besonders dem Neckarraum hinzuwenden und auch hier die aufständischen Bauern zu züchtigen und zur Ordnung zu bringen. Im Schwarzwald und im Elsass gab es weitere Unruhen im südwestdeutschen Raum. Es kam anschließend zu Gewaltausbrüchen in Franken, in Württemberg, dem Rheingau und in Thüringen. Aufgrund der in den Forderungen der Bauernschaft genannten Missstände erhoben sich die Bauern gegen ihre Herrscher.

Die Entwicklung weiterer Bauernhaufen (Zusammenschlüsse der Bauern und deren Führer) in Südwestdeutschland

Der Neckartäler Haufen der Bauern

In der Gemeinde Flein, nahe Heilbronn, bildete sich am 2. April ein Bauernhaufen, den man später Neckartäler Haufen nannte. Am Tag nach der ersten Versammlung in Flein zogen die Bauern von Sontheim (bei Heilbronn) aus über den Neckar in das Heimatdorf von Jakob Rohrbach nach Böckingen. Hier las man die 12 Artikel der Bauern vor und der Vortragende rief in die Menge der Versammlung. „Ihr seid nun frei und nicht schuldig, Renten, Zehnten und Gülten zu vergeben, die Weingärtner werden euch nicht verlassen!“

Man verpflichtete die Bauern mit dem Vorgeben der 12 Artikel, die inhaltliche Gerechtigkeit zu handhaben und dem Evangelium der Christenheit beizustehen.

Die Bauern wählten einen Ausschuss und weigerten sich weiterhin, Frondienste für die Adeligen zu leisten.

Von Böckingen aus zogen die Bauern am gleichen Tage nach Großgartach, von wo sie weiter nach Nordheim und weiter nach Sontheim über den Neckar zogen. Dort tranken sie viel Wein und leerten den Weinkeller der Komture (Verwaltungsstelle) des Deutschen Ordens in Sontheim bis zum letzten Fass.

Am 4. April, am gleichen Tag, wurden die oberschwäbischen Bauern bei Leipheim vom Bundesheer entscheidend geschlagen.

Am selben Tag wurde Jakob Rohrbach in einer Botschaft aus Öhringen vorgeschlagen, dass sich der Neckartal-Haufen dem Odenwald-Haufen anschließen sollte.

(Fortsetzung im nächsten Nachrichtenblatt Nr. 14/25)

Foto: Wiedmann
Erscheinung
Nachrichtenblatt für die Stadt Weinsberg
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Ausgabe 13/2025

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Weinsberg

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von Stadtgeschichte
28.03.2025
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