Seit vielen Jahren treffen sich Mauserforscher aus dem In- und Ausland zum sogenannten KÜ-Meeting in Oberndorf am Neckar. Das jährliche Treffen dient der Kontaktpflege und dem gemeinsamen Austausch über aktuelle Forschungsthemen rund um die Geschichte von Mauser. Jetzt ließ man erstmalig die Öffentlichkeit teilhaben und lud am 5. Juli zum Vortragsabend in die ehemalige Augustiner-Klosterkirche. Mit Unterstützung des Museums und Archivs der Stadt Oberndorf wurden zwei hochkarätige Präsentationen in englischer Sprache angeboten.
Der erste und für den Abend namensgebende Vortrag bewegte sich im Fahrwasser des diesjährigen Gedenkens an das Kriegsende vor 80 Jahren. Dr. Peter Dallhammer, Leiter des Beschussamts in Ulm, stellte gemeinsam mit dem niederländischen Waffen- und Mauserexperten Albert Kuus den Inhalt eines bemerkenswerten Dokuments vor: „Visit to Mauser-Werke“. Hinter dem unscheinbaren Titel verbirgt sich der Bericht eines Feldteams des C.I.O.S. (Combined Intelligence Objectives Sub-Committee) der Alliierten, der nach der Besetzung Oberndorfs im April 1945 entstanden ist. Ihr Auftrag: Deutsches Know-How bei Mauser sicherstellen.
Albert Kuus gelang es vor wenigen Jahren, ein intaktes Originalexemplar aufzuspüren. In diesem werden die Organisation der Waffenfabrik, die führenden Köpfe und die teils bahnbrechenden Erfindungen beschrieben, die Mauser bis zum letzten Moment vorantrieb und dann vergeblich versuchte, mit einem Sonderzug zu evakuieren. Peter Dallhammer gab detaillierte Einblicke in die revolutionäre Waffentechnik, die schließlich zur Kriegsbeute der Alliierten wurde. Der fast 400-Seiten umfassende Bericht, von dem es bisher nur undeutliche Fotokopien kursierten, ist jetzt dank der Übersetzungsarbeit von Peter Dallhammer in deutscher Sprache erhältlich.
Im Anschluss stellte der italienische Waffenhistoriker und Leiter des Paul-Mauser-Archivs Mauro Baudino die Geschichte der Mauserpistole C06/08 vor. Ein Prototyp dieser Waffe war im vergangenen Mai in einem deutschen Auktionshaus aufgetaucht und ging für 25.000 € unter den Hammer. Aus diesem Anlass erläuterte Mauro Baudino die Bedeutung der nie in Serie gegangenen Pistole, welchen Stellenwert sie im Lebenswerk von Paul Mauser einnahm und wie sie noch einmal im Zweiten Weltkrieg auftauchte, bevor sie erneut verschwand.
Nach jedem Vortrag wurde Raum für Fragen gegeben, den das Publikum für einen interessierten Austausch mit den Rednern nutzte. Der Abend zeigte, dass die Geschichte von Mauser ein noch immer sehr lebendiges Forschungsfeld darstellt, welches sich noch lange nicht erschöpft hat.