Bei der zweiten Info-Veranstaltung zum möglichen Wärmenetz in Waghäusel fand Bürgermeister Andreas Emmerich gleich zu Beginn klare Worte: „Es handelt sich heute nur um die Vorlage einer Machbarkeitsstudie, wobei noch mit keinem Betreiber gesprochen wurde und politische Fragen nicht beantwortet werden.“ Nach dem Eingang des Abschlussberichts der mit der Studie beauftragten MVV Regioplan GmbH werde die Stadtverwaltung einen Vorschlag für das weitere Vorgehen erarbeiten und dem Gemeinderat der Großen Kreisstadt zur Beschlussfassung vorlegen. Geprägt war das Treffen im Atrium des Rathauses von großer Sachkenntnis der Bürgerinnen und Bürger, die leider nur in geringer Anzahl anwesend waren. Kompetenz zeigten auch Vera Sehn und Annika Brecht von MVV sowie der promovierte Projektmanager Matthias Reuter von der Umwelt- und Energieagentur des Kreises Karlsruhe.
Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie offenbarten für Waghäusel zwei mögliche Varianten. Bei einem Verbundnetz über alle drei Stadtteile könne der Bedarf jedoch nur durch den Einsatz von Tiefengeothermie gedeckt werden, weshalb diese Variante nicht weiter untersucht wurde. Bevorzugt werden Einzelnetze für jeden der drei Stadtteile. In Waghäusel müssten Leitungen von 3,8 Kilometern gelegt werden, wobei der Wärmeverbrauch bei einer Anschlussquote von 60 Prozent mit 3.800 Megawattstunden (MWh) errechnet wurde. Die Wärme könnte zu 60 Prozent aus dem Abwasser des nahegelegenen Klärwerks und zu 40 Prozent aus der bereits bestehenden Biogas-Anlage sowie einem kleineren Wärmepufferspeicher gewonnen werden.
In Wiesental hätten die Leitungen eine Länge von 18,7 Kilometer und der Wärmeverbrauch komme auf 30.000 MWh. Eine Groß-Luftwärmepumpe könnte 80 Prozent der Wärme erzeugen; 20 Prozent eine aus dem Restholz kommunaler Wälder gespeiste Holzschnitzelanlage. In Kirrlach ergibt sich ein Wärmebedarf von 27.000 MWh bei einer Leitungslänge von 16,6 Kilometern. Auch hier könnte die Wärme zu 60 Prozent aus einer Luftwärmepumpe sowie jeweils 20 Prozent durch Abwärmenutzung und Biomasse erzeugt werden. Bei einer Gegenüberstellung der Kosten war der Preis für die Nahwärme pro Kilowattstunde am günstigsten, wobei Bürgermeister Emmerich besonderen Wert darauflegte, dass für alle drei Stadtteile ein einheitlicher Preis pro Kilowattstunde festgelegt wird.
Betreiber einer Nahwärmeversorgung könnte eine Bürgerenergie-Genossenschaft oder die Kooperation mit anderen Stadtwerken sein. Die Alternative zu einem Nahwärmenetz wäre, dass jeder Hauseigentümer nach eigenen Lösungen sucht, was deutlich höhere Kosten verursachen würde. An weitere Vorteile der Nahwärme erinnerte Matthias Reuter. Neben einer langfristig hohen Versorgungssicherheit sind es die geringeren Betriebskosten und die lange Lebensdauer durch eine wartungsarme Technik. Auch an den Gebäuden wären keine Anpassungen notwendig.
Kurt Klumpp