RECHTSVERORDNUNG
des Landratsamtes Enzkreis
zur Beschränkung der Ausübung des Gemeingebrauchs
an oberirdischen Gewässern im Enzkreis
(RVO Wasserentnahmeverbot)
Vom 18. Juli 2025
Aufgrund von § 25 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) vom 31.07.2009 (BGBl. I S. 2585), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 22. Dezember 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 409) in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Nr. 1 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg (WG) vom 03.12.2013 (GBl. S. 389), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 7. Februar 2023 (GBl. S. 26, 43), wird verordnet:
§ 1
Zweck der Rechtsverordnung, Schutzgüter
Aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Ordnung des Wasserhaushalts, des Schutzes der Natur und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung wird die Ausübung des Gemeingebrauchs an oberirdischen Gewässern beschränkt.
§ 2
Räumlicher Geltungsbereich
Diese Verordnung gilt für alle oberirdischen Gewässer auf dem Gebiet des Enzkreises.
§ 3
Verbote
(1) In der Zeit vom 23. Juli 2025 bis einschließlich 15. Oktober 2025 ist das Entnehmen von Wasser aus oberirdischen Gewässern im Rahmen des durch § 20 Abs. 1 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg gestatteten Gemeingebrauchs für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft oder den Gartenbau mit Hilfe technischer Geräte (wie Pumpen, Vakuumfässern, Schläuchen) selbst in geringen Mengen verboten.
(2) Ebenfalls verboten in der Zeit vom 23. Juli 2025 bis einschließlich 15. Oktober 2025 ist das Entnehmen von Wasser aus oberirdischen Gewässern durch Schöpfen mit Handgefäßen wie beispielsweise mit Gießkannen oder Eimern.
(3) Für Inhaber einer wasserrechtlichen Erlaubnis gilt das Wasserentnahmeverbot ebenfalls, sofern diese Erlaubnis eine Inhalts- oder Nebenbestimmung enthält, welche die Wasserentnahme in dem Zeitraum, in dem der Gemeingebrauch beschränkt ist, für unzulässig erklärt.
(4) Über den Gemeingebrauch hinausgehende Wasserentnahmen bedürfen einer wasserrechtlichen Erlaubnis. Das Aufstauen eines Gewässers und das Anlegen von Vertiefungen zum Zweck der Wasserentnahme sind ohne Erlaubnis bereits nach § 28 Wassergesetz verboten.
§ 4
Befreiungen
(1) Das Landratsamt Enzkreis, untere Wasserbehörde, kann auf Antrag eine widerrufliche Befreiung dieser Rechtsverordnung erteilen, sofern im Einzelfall nachgewiesen wird, dass eine Beeinträchtigung der in § 1 genannten Schutzgüter ausgeschlossen ist oder dass eine unbillige Härte vorliegt.
(2) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen und befristet werden. Sie kann nachträglich mit zusätzlichen Anforderungen versehen oder weiteren Einschränkungen unterworfen werden, um das betroffene Gewässer im Rahmen dieser Rechtsverordnung vor nachteiligen Veränderungen seiner Eigenschaften zu schützen, die bei der Erteilung der Befreiung nicht voraussehbar waren.
§ 5
Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig im Sinne von § 126 Abs. 1 Nr. 18 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg in der jeweils geltenden Fassung handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einem Verbot nach § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 dieser Rechtsverordnung zuwiderhandelt.
§ 6
Möglichkeit der Einsichtnahme
Diese Rechtsverordnung ist vom Zeitpunkt ihrer Verkündung für die Dauer ihrer Gültigkeit auf der Internetseite des Enzkreises unter www.enzkreis.de in der Rubrik „Amtliche Bekanntmachungen“ bereitgestellt. In dieser Zeit kann sie an der Infothek im Landratsamt Enzkreis, Zähringerallee 3, 75177 Pforzheim während der Sprechzeiten kostenlos eingesehen werden. Dort ist sie gegen Kostenerstattung als Ausdruck erhältlich.
§ 7
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Rechtsverordnung tritt am 23. Juli 2025 in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 15. Oktober 2025 außer Kraft.
Pforzheim, den 18. Juli 2025
Im Original gezeichnet
Dr. Hilde Neidhardt Landratsamt Enzkreis
Erste Landesbeamtin Untere Wasserbehörde
Was bedeutet das?
Wegen der anhaltenden Niedrigwasserlage in unseren Bächen, Flüssen und Seen darf ab Mittwoch, 23. Juli bis einschließlich Mittwoch, 15. Oktober 2025 kein Wasser mehr im Rahmen des ansonsten zugelassenen „Gemeingebrauchs“ aus diesen Gewässern im Enzkreis entnommen werden.
Generell bedarf jede Wasserentnahme direkt aus dem Naturhaushalt einer wasserrechtlichen Erlaubnis. Eine Entnahme geringer Mengen aus Oberflächengewässern hingegen ist im Rahmen des sogenannten Gemeingebrauchs nach § 20 Absatz 1 Wassergesetz normalerweise in folgendem Umfang gestattet:
In extremen Trockenzeiten mit Niedrigwasser – wie jetzt – kann dieser Gemeingebrauch eingeschränkt werden. Davon hat das Umweltamt mit dem Wasserentnahmeverbot nun Gebrauch gemacht.
Die Wasserstände und -abflüsse in den Oberflächengewässern im Enzkreis zeigen einen anhaltenden Rückgang. Kurzfristige Anstiege der Pegel durch Niederschläge sind möglich, jedoch beheben diese nicht nachhaltig die Niedrigwasserlage. Laut Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) war der Juni 2025 aufgrund geringer Niederschläge deutlich zu trocken. Auch die Vormonate fielen zu trocken aus, insgesamt fielen in den Monaten von Februar bis Juni landesweit lediglich rund 57 Prozent der für diesen Zeitraum üblichen mittleren Niederschlagsmenge (LUBW). Der ausgebliebene Niederschlag macht sich nun in den Gewässern deutlich bemerkbar. Die Wasserstände selbst großer Gewässer wie Enz und Würm liegen im Bereich des minimalen Jahresgangs. Es ist davon auszugehen, dass diese in den kommenden Sommermonaten noch weiter sinken werden.
Zwar gibt und gab es schon immer Gewässer, die in den Sommermonaten temporär trockenfallen, aber mit steigenden Temperaturen und sinkenden Niederschlägen trifft es inzwischen auch viele andere Gewässer. Hier können die Folgen von Niedrigwasser für die Gewässerökologie dann schnell verheerend werden – lange, bevor diese komplett trockenfallen. Der Lebensraum in und am Wasser schrumpft zusammen oder trocknet komplett aus. Für viele Arten gibt es auf Grund der fehlenden Wassertiefe dann auch nicht mehr die Möglichkeit, sich ausreichend fortzubewegen oder zurückzuziehen. Hinzu kommt, dass sich die Gewässer bei niedrigen Wasserständen schneller aufheizen und auch der Sauerstoffgehalt sinkt. Dies allein kann schon zu Fischsterben führen, begünstigt dazu aber auch andere Stressfaktoren wie das Wachstum von Algen, die Ausbreitung neuer Krankheiten und einiger eingewanderter Arten. Die Erholung nach einer derartigen Schädigung der Gewässerökologie ist oft nicht oder nur sehr langsam möglich. Der Hitzestress auf die Gewässerökologie ist daher so groß, dass zusätzliche Wasserentnahmen über die Sommermonate leider nicht mehr vertretbar sind.
Für Personen, die eine wasserrechtliche Erlaubnis besitzen, wirkt sich das Wasserentnahmeverbot indirekt aus, sofern diese Erlaubnis eine Regelung enthält, welche die Wasserentnahme in Zeiträumen, in denen der Gemeingebrauch beschränkt ist, für unzulässig erklärt. Jede*r Nutzende von Oberflächenwasser sollte in die Inhalts- oder Nebenbestimmung der Erlaubnis schauen.
Bitte machen Sie mit!
Wo immer möglich, macht es Sinn, Wasser einzusparen, egal, ob es aus dem Wasserhahn stammt oder aus einem Bach oder See.
Was sind die Konsequenzen einer unerlaubten Wasserentnahme?
Das Landratsamt setzt in erster Linie auf die Einsicht der Wassernutzenden. Unerlaubte Wasserentnahmen können aber mit Bußgeldern geahndet werden.
Landratsamt Enzkreis
Umweltamt