Wie wohnen? – Diese Frage trieb moderne Architekten schon vor hundert Jahren um. Und was ihnen dazu eingefallen ist, dafür interessierten sich zwanzig Männer und Frauen von 60plus Schöckingen unter der Leitung von Dieter Kolb und Hans Looser am letzten Donnerstag.
Ziel war der Stuttgarter Killesberg mit der weltweit bekannten Weissenhofsiedlung. 17 Architekten aus fünf europäischen Ländern schufen im Jahre 1927 in nur 21 Wochen 21 Häuser mit 63 Wohnungen. Sie ist ein Musterbeispiel für flexibles, gesundes und freizügiges Wohnen. Einzig das zum UNESCO Weltkulturerbe gehörende Haus von Le Corbusier, mit seinen Stützen charakteristisch, ist zu besichtigen. Flexibles, ungezwungenes Leben sollte möglich sein durch den wandelbaren Wohnraum, sagte Kunsthistorikerin Wagner-Douglas, die die Gruppe durch das Weissenhofmuseum mit seinen originalgetreu renovierten Innenräumen führte. Da gab es Schiebetüren und -betten, angelehnt an ein Zugabteil, sowie lange Fensterbänder und „den Luxus von Licht und Raum.“ Damals ein Novum. Die Besucher staunten über moderne Küchen und Bäder. Stahlstützen zogen sich durch das ganze Haus. „Energetisch eine Katastrophe“, sagte Wagner-Douglas. Aber architektonisch genial, denn so war ein Dachgarten möglich.
Anfangs fremdelten die Menschen mit der Weissenhofsiedlung, die ihren Namen dem Bäcker Georg Philipp Weiß verdankt, der hier 1779 eine Meierei errichtete. Als Arabersiedlung oder „schwäbisch Marokko“ wurde sie kritisiert. Einige Häuser wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die elf noch erhaltenen stehen unter Denkmalschutz und sind bewohnt.
Vollgepackt mit neuem Wissen stärkten sich die Schöckinger bei Kaffee und Kuchen im nahe gelegenen Café, bevor es mit Bus und Bahn heimwärts ging.
Usch.