„Ich habe drei Leben“, sagt Karlheinz Raviol zu Beginn des Gesprächs. Dabei bleibt es nicht: Im Verlauf erhöht er auf zehn. Das Entscheidende: Ja, die Berichterstatterin glaubt ihm und wäre nicht überrascht, wenn er, sagen wir mal, als Nächstes 100 sagen würde. Sie erkennt schnell, dass es im Rahmen dieses Artikels nur darum gehen kann, ein einziges, vielleicht typisches, vielleicht besonderes, Ereignis aus diesen Leben darzustellen.
In der Episode geht es um eine Begegnung von Karlheinz Raviol und Hans Rosenthal. Karlheinz Raviol erinnert sich daran, weil Hans Rosenthal am 2. April 100 Jahre alt geworden wäre. Stellen wir die beiden zuerst vor.
Karlheinz Raviol wurde 1944 in Durlach geboren und „auf dem Küchentisch während eines Fliegeralarms getauft – evangelisch natürlich“, sagt er. Aufgewachsen ist er in der Zunftstraße im ehemaligen Gasthaus Sonne, später Buonamico. Er besuchte die Friedrichschule, erlernte den Beruf des Industriekaufmanns, wurde später Betriebswirt. Sein Berufsweg führte ihn nach Südafrika, ins Marketing-Management vieler namhafter Firmen, etwa Nokia, Big, SEL, Schwan Stabilo, Onko … und später in die Selbstständigkeit und das Ehrenamt in Durlach. Auf seinem Weg begleitete ihn ein Hobby: Fußball. Er übernahm wichtige Aufgaben in verschiedenen nationalen Fußballverbänden, machte die Pressearbeit, spielte in einer „Prominentenmannschaft“ bei Benefiz-Spielen.
Hans Rosenthal (1925 - 1987) war ein deutscher Entertainer, Moderator und Regisseur. Er wuchs in Berlin in einer jüdischen Familie auf. Als die Eltern starben, kamen er und sein jüngerer Bruder Gert in eine Erziehungsanstalt. Gert wurde 1942 nach Riga transportiert und dort von den Nazis erschossen. Hans Rosenthal musste Zwangsarbeit leisten und konnte sich 1943 bei einer mutigen Frau in einer Kleingartenanlage verstecken. 1945 absolvierte Hans Rosenthal eine Ausbildung beim Berliner Rundfunk, wechselte 1948 in den Westen zu RIAS Berlin. 1955 kamen erste Fernsehauftritte dazu, von 1972 bis 1986 moderierte er die Spielsendung „Dalli Dalli“. In seiner Freizeit spielte er gerne Fußball, 1950 gründete er mit Mitgliedern der Berliner Kabarettgruppe „Die Stachelschweine“ eine Freizeitmannschaft. Diese wurde als Prominenten-Elf bekannt, spielte, um Spenden für soziale Projekte zu erwirtschaften. 1987 erhielt sie den Namen „Hans-Rosenthal-Elf.“
Und so kamen die beiden zusammen: Im Dezember 1984 fand in Marrakesch in Marokko ein Benefiz-Spiel statt. Karlheinz Raviol war in der Mannschaft der Frankfurter Sportpresse. Wofür genau der Erlös war und an das Ergebnis erinnert er sich nicht mehr. Was ihm jedoch noch im Bewusstsein ist, ist die Begegnung mit einem Spieler der gegnerischen Condor-Mannschaft. Dort nämlich kickte Hans Rosenthal. Sein Gert spielte in der Mannschaft von Karlheinz Raviol.
„Ich erinnere mich noch daran, dass Hans Rosenthal nicht wie ein Prominenter, sondern wie ein ganz normaler Mensch auftrat“, sagt Karlheinz Raviol. „Er war immer höflich, freundlich, bodenständig, zugewandt zu allen, fern jeglicher Abgehobenheit.“ Auf die kurze Begegnung folgte eine kurze Korrespondenz und eine längere zwischen Gert Rosenthal und Karlheinz Raviol, die ganz locker noch heute besteht.
„Obwohl ich es schon häufig bei anderen Benefiz-Spielen mit prominenten Mitspielern zu tun hatte, war es doch etwas Besonderes, gegen einen solch bekannten und populären Star der Fernsehunterhaltung Fußball zu spielen“, so erinnert sich Karlheinz Raviol weiter. Er habe damals nichts von Hans Rosenthals Fußballvergangenheit gewusst. Deshalb habe er voll Respekt beobachtet, wie dieser trotz seiner knapp 60 Jahre mit dem Ball umging, sich auf dem sandig-harten Spielfeld körperlich einbrachte für sein Team und wie kameradschaftlich er mit den Spielern beider Mannschaften umging. „Ein richtiger Sportsmann!“, sagt Karlheinz Raviol. (rist)