Nach dem Beschluss des Gemeinderates zum Neubau der Turmbergbahn hat sich die Redaktion bei den Fraktionen und Ortschaftsräten im Durlacher Ortschaftsrat umgehört, wie sie zum geplanten Neubau der Turmbergbahn stehen.
„Die Durlacher Liberalen haben sich die Entscheidung um das Neubauprojekt der Turmbergbahn nicht einfach gemacht. Seit 2017 haben wir immer wieder Vor- und Nachteile des Neubaus abgewogen und mögliche Alternativen geprüft. Im Kommunalwahlkampf haben wir den Wählern immer wieder deutlich gemacht, dass der Neubau bis hinunter zur Tram viele Vorteile bietet, wir als FDP jedoch immer einen besonderen Blick auf die Wirtschaftlichkeit haben werden und hiervon auch unsere Zustimmung abhängig machen werden", äußert sich Stefan Noe, Fraktionsvorsitzender der FDP im Ortschafts- und Gemeinderat zum Projekt.
Aus Sicht seiner Fraktion haben die Zahlen der wirtschaftlichen Gutachten nun „ein eindeutiges Ergebnis geliefert“: „Ein barrierefreier Neubau auf der Bestandsstrecke wäre nur unwesentlich preiswerter für die Stadtkasse als der komplette Neubau auf der gesamten Länge der seit über 100 Jahren bestehenden Freihaltetrasse. Auch das jüngst vorgelegte Gutachten der renommierten PTV-Group belegt eindrücklich den volkswirtschaftlichen Nutzen der neuen barrierefreien, vollautonom fahrenden Bahn“, so Noe weiter.
Er und seine Fraktion sowie die Durlacher FDP begrüßen „das deutliche Votum des Karlsruher Gemeinderates bei der die drei Karlsruher FDP Stadträte geschlossen für das Projekt gestimmt haben“, so Noe.
Zu den Befürwortern des 32-Millonen-Euro-Projekts, dessen Umsetzung nur mit einer mindestens 50-prozentigen Förderung durch das Land realisiert wird, gehört auch die SPD-Fraktion im Durlacher Ortschaftsrat.
„Wir sehen in Neubau und Verlängerung der Turmbergbahn eine nachhaltige Investition in die Zukunft“, unterstreicht der SPD-Fraktionsvorsitzende im Ortschaftsrat, Mathias Tröndle, die „klare Haltung der Durlacher SPD“. Das Projekt der Verkehrsbetriebe sei in dieser Form nach gründlicher Überprüfung sämtlicher ins Felde geführter Varianten die einzig sinnvolle, überzeuge in Sachen Wirtschaftlichkeit, Ökologie, Mobilität, Barrierefreiheit und Entwicklungsmöglichkeiten.
Zum einen schaffe die neue Bahn mit der künftigen Talstation an der B3 die von Beginn an geplante direkte Anbindung an das Netz des ÖPNV und sorge dafür, so Tröndle, „dass deutlich mehr Menschen als bisher das Auto stehen lassen und mit der Bahn auf den Turmbergbahn kommen.“ Weiter bekämen die Sportschule Schöneck, mit jährlich 35.000 Übernachtungen größter Beherbergungsbetrieb in ganz Karlsruhe, die Turmbergterrasse „mit ihrem heiß begehrten Trausaal“, die Gastronomiebetriebe, Waldseilpark und andere Ziele auf dem Turmberg Anschluss an den ÖPNV. Und der barrierefreie Ausbau von Wagen und Stationen gebe Menschen, die in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind, „endlich die Gelegenheit, ohne Hürden und selbstbestimmt auf den Hausberg zu kommen.“ Dies habe auch der Beirat der Stadt Karlsruhe für Menschen mit Behinderungen mehrfach unterstrichen.
Zudem setze der wirtschaftlich sinnvolle autonome Betrieb der Bahn ohne Fahrer ein Zeichen dafür, dass die IT-Stadt Karlsruhe und Durlach „auch beim Sprung in die Mobilität der Zukunft eine Vorbildfunktion erfüllen.“ Und darüber hinaus könne der Turmberg als nördlichster Berg des Schwarzwalds durch die neue Bahn „sein Potenzial für sanften Tourismus und als Ort für auf ihn zugeschnittene Veranstaltungen so richtig entwickeln“, so Tröndle.
Seine Fraktion freue sich mit zahlreichen Durlacherinnen und Durlachern auf die erste Fahrt mit der neuen Bahn und werde, um das Wohngebiet oberhalb der B3 ebenfalls an die Bahn anzuschließen, so Tröndle, „im weiteren Verlauf auf das Nachrüsten einer dortigen Haltestelle drängen.“
„Die CDU Durlach begrüßt ausdrücklich die deutliche Mehrheit im Gemeinderat Karlsruhe zum Vollausbau der Turmbergbahn“, äußert sich Dirk Müller, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU im Ortschaftsrat, zufrieden. „Die Faktenlage ist vollständig und das Planfeststellungsverfahren liegt vor, so dass es nun an der Zeit war, eine Entscheidung zu treffen“, so Müller weiter.
Er betont, dass mit dem Vollausbau auch eine „vollständige Barrierefreiheit und damit auch die Einbindung in den ÖPNV gewährleistet“ werde. Zugleich verweist er auf die Voraussetzung, das auch das Land den Bau mit mindestens 50 Prozent der Kosten fördere. „Dies ist eine nach wie vor gültige Beschlusslage der Gremien. Hierzu hat sich der Durlacher Ortschaftsrat inklusive den Stimmen der CDU mit einer zwei/drittel Mehrheit bekannt."
Müller zeigt auch Verständnis für Kritiker des Projektes, betont aber: „Sicherlich kann man auch gegen das Projekt sein. Dass aber hierbei auch mit falschen und irreführenden Behauptungen argumentiert wurde, ist schlichtweg unseriös. So haben sich kleine Fraktionen in Durlach und Karlsruhe gegenseitig mit Phantasiekosten überboten und hierbei die Basis einer sachlichen Argumentation verlassen.“
Müller und die CDU Durlach sprechen beim geplanten Vollausbau der Turmbergbahn dagegen von einem „Jahrhundertprojekt für Durlach, Karlsruhe und die Region". So erschließe sie zukünftig Karlsruhes größten Beherbergungsbetrieb (Sportschule Schöneck), Gastronomiebetriebe, ein Waldklassenzimmer für die Durlacher und Karlsruher Schulen, einen Waldseilpark, das Naherholungsgebiet Nordschwarzwald und nicht zuletzt die Turmbergterrasse vollständig barrierefrei.
Luna Labenz, die für Die Linke im Ortschaftsrat sitzt, versucht die Entscheidung von zwei Seiten zu betrachten. „Die Entscheidung für oder wider Neubau der Turmbergbahn ist keine einfache. Als positiv erachte ich die geplante Einbindung in den ÖPNV-Tarif und die Barrierefreiheit, welche den Turmberg für alle zugänglich machen wird, unabhängig von Gehalt oder körperlicher Verfassung. Kritisch sehe ich jedoch den Zeitpunkt, an dem ein derartig teures Großprojekt in einer ohnehin schon angespannten Haushaltslage angegangen wird. Dass die VBK zum Jahresbeginn drastische Sparmaßnahmen ergreifen musste, wie Ausdünnung des Linientakts, führt auch nicht zu weniger Ausfällen. Da frage ich mich doch, was eine verlängerte Turmbergbahn bringt, wenn die Bahn dorthin gar nicht erst fährt.“
(haf)