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Internationale Wochen gegen Rassismus

"Wiesloch für alle" fordert Barrierefreiheit für Behinderte

Beim Meinungsaustausch im Bottloch sprachen Gäste über Barrieren im Alltag. Die Gruppe Wiesloch für alle will Teilhabe für alle Menschen ermöglichen.
Beim Meinungsaustausch im Bottloch sprachen Gäste über Barrieren im Alltag. Die Gruppe Wiesloch für alle will Teilhabe für alle Menschen ermöglichen.
Beim Meinungsaustausch im Bottloch sprachen Gäste über Barrieren im Alltag. Die Gruppe Wiesloch für alle will Teilhabe für alle Menschen ermöglichen.Foto: LIP

Im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ hatte eine Gruppe der Bürgerstiftung, die sich „Wiesloch für alle“ nennt, zu einem Meinungsaustausch mit Imbiss und Musik in das Eventcafé Bottloch in Frauenweiler eingeladen. Die Stadt sei für alle da, sagte Annette Steidel, als Vertreterin des Vereins, bei der Begrüßung, jeder habe das Recht auf Teilhabe, ob weiß oder schwarz, ob einheimisch oder Flüchtling, aber auch, ob behindert oder nicht behindert.

Dies stehe in der Menschenrechtskonvention und im Grundgesetz. Darüber hinaus werden die Rechte der Behinderten in der UN-Behindertenkonvention formuliert und deren Umsetzung von vielen Staaten gefordert. In Deutschland tue man sich besonders schwer damit, denn von 186 Ländern, die der Konvention beigetreten sind, liegt es auf dem letzten Platz. Die Akropolis in Athen sei heute barrierefrei zugänglich, und in vielen Ländern sei Zugfahren für Rollstuhlfahrer kein Problem. In Deutschland müsse man eine solche Fahrt eine Woche vorher anmelden, deshalb sei sie aber noch lange nicht barrierefrei.

Die Diskriminierung behinderter Menschen durch Staat und Gesellschaft habe hier, lange vor der Machtergreifung der Nazis, ihren Anfang genommen und habe 1945 nicht aufgehört. Die Projektgruppe wolle, dass alles, was die Stadt zu bieten habe, auch wirklich für jedermann erreichbar sei. Ein Rollstuhlfahrer könne in Wiesloch in vielen Geschäften nicht einkaufen, weil sie nur über Treppen zu erreichen sind. Dies gilt auch für das Polizeirevier, selbst die Klingel könne man nicht erreichen, um sich zu melden.

Verbesserung und künftige Maßnahmen

Sandra Oswald, eine der Gründerinnen der Gruppe, zeigte anhand von Diaaufnahmen, was schon alles verbessert wurde und für welche Maßnahmen man sich in naher Zukunft noch einsetzen werde. So wurde die Skulptur „Selbstbildnis“ von Marion de Lima im Gerbersruhpark weiter nach innen versetzt und der Fußweg an der Kurve der Parkstraße so ausgebaut, dass Fußgänger und Rollstuhlfahrer eine bessere Sicht bei der Überquerung haben. Die Bushaltestellen im Neuen Sträßel und der Spitzwegstraße wurden barrierefrei ausgebaut und die störenden Abgrenzungspfosten am Kreisel bei der Stadt-Galerie entfernt. Der Gehweg beim „Stoll’s“ wurde für Sehbehinderte mit einer Abgrenzungsschiene zur Heidelberger Straße versehen und die Behindertentoilette im Kubus am Adenauerplatz ist wieder mit einem Schlüssel zu öffnen, der in den Geschäften im Haus hinterlegt ist. In diesem Zusammenhang lobte Oswald die gute Zusammenarbeit mit den zuständigen Ämtern, was auch die anwesende Patin der Initiative, Monika Gessat, aus dem Vorstand der Bürgerstiftung, bestätigte.

Barrierefreie Kinderspielplätze

Für das laufende Jahr will sich die Gruppe unter Leitung von Sandra Oswald und Erika Schultze unter anderem für barrierefreie Zugänge zu den Kinderspielplätzen in Wiesloch und Frauenweiler einsetzen, außerdem für die Anschaffung von Rampen für Geschäfte, die nur über Stufen zu erreichen sind. Das Rathaus sollte endlich barrierefrei erreichbar sein und man wolle alle Bordsteine auflisten, für die eine Absenkung empfohlen wird. Wichtig finde man auch eine Begehung des städtischen Friedhofs mit seinen Kieswegen und den Toiletten.

Für Geschäfte, Restaurants, Cafés und weiteren Einrichtungen hat die Projektgruppe ein Plakat entwickelt, das darauf hinweist, wie eine Kontaktaufnahme trotz vorhandener Zugangseinschränkungen möglich ist. Dazu sind Hinweise aufgelistet, wie „klingeln“, „anrufen“, „an das Fenster klopfen“ oder „mobile Rampe vorhanden“. Der Hinweis „Call & Collect“ bedeutet, dass man in dem Geschäft telefonisch eine Bestellung aufgeben und die Ware dort abholen kann.

Schlechter Zustand der Gehwege

Die Gäste nahmen dies alles mit großem Interesse zur Kenntnis, fanden aber, dass sich in Wiesloch noch einiges im Argen befinde, wie fehlende Blindenampeln, Hinweise auf barrierefreie Hintereingänge für Geschäfte und ein für Rollstuhlfahrer erreichbarer Briefkasten des Amtsgerichts. Bemängelt wurde auch der schlechte Zustand der Gehwege, die offensichtlich immer erst mit der Erneuerung der ganzen Straße vorgenommen wird. Die von der AVR auf dem Gehweg abgestellten Mülleimer werden von Blinden und Sehbehinderten als nicht erkennbare Hindernisse beschrieben und eine ganz besonders gefährliche Situation entstehe dann, wenn der Gehweg für sie nicht erkennbar, in eine Straße übergeht. Dem Fazit der Veranstalter kann man sich da nur anschließen: „Wir haben schon einiges erreicht und es gibt noch viel zu tun: Barrieren abbauen und das Bewusstsein für die Würde jedes Einzelnen stärken.“

Annette Steidel ist im Vorstand des Frauenforum Wiesloch e.V.
Annette Steidel ist im Vorstand des Frauenforum Wiesloch e.V.Foto: LIP
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Ausgabe 15/2025

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von Redaktion NUSSBAUMAnton Ottmann
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