Wildes Holz - da ist der Name Programm. Das Trio wurde 1998 von Tobias Reisige (Blockflöte) Markus Conrads (Kontrabass) und Gitarrist Anto Karaula (gest. 2018) gegründet. Seit 2021 steht Johannes Behr an der Gitarre, nachdem Djamel Larouissi (2019-2020) ausgestiegen war. Und was die drei Herren in der intimen Atmosphäre der Orangerie bei den Festspielen auf die Bühne zauberten, war einfach grandios.
Wild und Holz - in beiden Worten steckt Wahres. Seit 25 Jahren macht das Trio Musik von Barock bis Pop und Rock. Damals noch eher ungewöhnlich, heute ein beliebtes Crossover-Thema. Die wilde Mixtur aus klassischen Kompositionen mit modernen Rock- und Pop-Songs in technischer Perfektion und leidenschaftlicher Spielfreude, gespielt auf Holzinstrumenten, reißt mit.
Tobias Reisige, der in seiner Jugend zusätzlich Saxophon spielte und sich dann voll der Blockflöte zuwandte, spielte abwechselnd die gängige C-Dur-Blockflöte, die Alt-Tenor- und Bass-Blockflöte und setzte sie unterschiedlich ein. Gleich mit Georg Telemanns Fantasie in C-Dur zeigte sich, wohin die Reise geht: in den Jazz, Tempi werden verschoben, Rhythmen versetzt, es ist eine Freude, das Publikum geht mit. Spätestens als Johannes Brahms 3. Sinfonie, daraus der 3. Satz Pocco allegretto, sich zur Dancing Queen von ABBA zu „BRABBA“ entwickelt, die Herren zusätzlich mit Performance aufwarten, ist der Tenor des Abends enthüllt. Reisige, der als diplomierter Jazz-Blockflötist auch pädagogisch ausgebildet ist, erzählt vom Grundschulunterricht: „Sie wissen was Mozart 40 ist? Richtig, ein Handy-Klingelton!“ Der sich dann doch als Bachs „Badinerie“ aus der Orchestersuite Nr. 2 b-Moll BWV 1067 entpuppte und sich mit Michael Jacksons „Billie Jean“, Guns 'n'Roses' „Paradise City“ und Joe Conlans „Barry de Vorzon“ mischte.
Alle dargebotenen Musikstücke sind Eigenkompositionen und Bearbeitungen von Ensemblemitgliedern bis auf eine, erzählte Johannes Behr: Modest Mussorgskys Werk wurde vom Violinisten und Komponisten Christian König zu „Wilder einer Ausstellung“ dem Trio auf den Leib geschrieben. Auch wenn die Flöte erst einmal klassisch bleibt, werden Bass und Gitarre zu einem futuristischen Schlagwerk. Die nun vibrierende Flöte wechselt in die Ausdrucksweise der Vogelkunde und tiriliere am Ende mit der Piccoloflöte. Der jazzige Rhythmus macht's, lässt Köpfe und Beine mitwippen, bevor das Spiel zurückfällt in den besänftigenden Mussorgsky-Modus! Der Applaus wollte kein Ende nehmen, doch Markus Conrads hat auch hier eine eindeutige Geste bereit: er fängt den Applaus ein.
Und weiter geht es. Mit J.S. Bachs „Bourrée“ e-Mpll BWV 996 und Jethro Tulls „Locomotive Breath“… Geht das zusammen? Oh ja, es klingt wunderbar lyrisch, melodiös, jazzig. Im Jethro-Tull-Original spielt Ian Anderson die Querflöte - Tobias Reisige steht ihm mit seiner Flöte in nichts nach und steigert sich in eine enorm virtuose Darbietung, begleitet und gefolgt von einer unglaublichen Fingerfertigkeit auf Bass und Gitarre.
Zum italienischen Medley packt dann Markus Conrads seine Mandoline. genannt der „Kleine Bass“, aus, wie Tobias Reisige humorvoll moderierte. So konnte das Publikum in alten italienischen Schlagern wie „Felicita“ oder „Buona Sera“, vermischt mit Luigi Boccerinis Streichquintett E-Dur op. 11 Nr. 5, schwelgen. Bevor der Flötist die Bühne für sich alleine hatte, um beim von ihm bearbeiteten „The Earl of Essex Galiard“ von John Dowland aus einer Flöte ein Trio zu machen. Mozart und Beethoven als „Highway to Hell“ von AC/DC? Passt!
Martin aus Schifferstadt mit Tochter Julia gehen mit, auch Austauschschüler Andrew aus USA findet es fantastisch! Da hilft zum Abkühlen nur noch Johannes Brahms Wiegenlied mit Mandoline, Flöte und Gitarre sanft gespielt. Und weil der Applaus kein Ende nehmen wollte „... spielen wir noch eins“: das Moretti-Medley nach dem italienischen Birra Moretti, ein musikalischer Rückblick auf die Jahre „ ... auf dem Holzweg“ als Straßenmusiker in Italien. Man glaub es ihnen! (aw)