
In dieser sowie in einigen der nächsten Ausgaben wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie unsere heimischen Wildtiere den Winter überstehen. Beginnen wollen wir mit unseren gefiederten Freunden, den Vögeln. Wie die Säugetiere können auch die Vögel ihre Körpertemperatur unabhängig von den Außentemperaturen konstant aufrechterhalten. Warum verlassen uns dennoch viele Arten im Herbst und begeben sich auf eine gefährliche Wanderung? Das liegt primär nicht an den fallenden Außentemperaturen, sondern an dem mangelnden Futterangebot. Das zeigt sich sehr deutlich beim Mauersegler. Er ist ein kurzer Gast, verweilt er doch nur ca. 3 Monate bei uns. Fast die ganze Zeit verbringt er dabei in der Luft. Hier ist er auf den Fang von allerlei Insekten spezialisiert. Er fliegt mit geöffnetem Schnabel und fischt das Insektenplankton, das in der Luft schwebt, ab. Wenn das Insektenvorkommen aufgrund der fallenden Temperaturen weniger wird, verlässt er uns und zieht in wärmere Regionen. Ähnlich verhält es sich auch bei den Schwalben. Aber auch andere Vögel, die auf tierische Nahrung angewiesen sind, wie z.B. der Haus- oder Gartenrotschwanz, die Nachtigall, der Kuckuck oder der Storch, ziehen aus diesem Grund in den Süden. Gleichzeitig stellen wir aber fest, dass viele Vögel, die an unsere Futterhäuschen kommen, eigentlich Insektenfresser sind. Dazu gehören z.B. die Meisenarten und das Rotkehlchen. Diese Vögel können ihr Verdauungssystem umstellen, sodass sie sich über Winter auch mit pflanzlicher Nahrung ernähren können. Wenn im Frühjahr dann wieder Insekten vorhanden sind, stellen sie sich wieder auf tierische Nahrung um. Es gibt aber auch Vögel, wie z.B. die Amsel, die das ganze Jahr sowohl tierische als auch pflanzliche Nahrung zu sich nehmen. Für sie gibt es keine Umstellungsprobleme. Die größte Gruppe, die den Winter bei uns verbringt und nicht wegzieht, sind die Körnerfresser. Sie ernähren sich das ganze Jahr überwiegend von pflanzlicher Kost. Hierzu gehören z.B. der Buchfink, der Grünfink, der Distelfink und der Haussperling. Oft sehen wir an unseren Futterstellen Gäste aus dem Norden, wie z.B. den Bergfink oder auch den Dompfaff. Das knappe Nahrungsangebot in den verschneiten nordischen Regionen zwingt sie, in südlichere Lagen zu wechseln, wo sie noch ausreichend Futter finden. Wie sehr dieses Futterangebot das Zugverhalten der Tiere beeinflusst, zeigt sich bei der Wanderung der Störche oder der Rotmilane. Obwohl die Störche normalerweise bis nach Afrika fliegen, rasten sie inzwischen überaus lange in Spanien, wo es aufgrund von zahlreichen Müllkippen ausreichend Nahrung gibt. Wie aber widerstehen auch die kleinsten Vögel den kalten Temperaturen? Wie oben bereits erwähnt, gehören Vögel zu den gleichwarmen Tieren. Ihre Körpertemperatur ist daher unabhängig von der Außentemperatur zwischen 38 und 42 Grad konstant. Zudem können sie ihr Gefieder aufplustern, sodass ihr ganzer Körper eine kugelige Form annimmt. Dadurch verlieren sie weniger Wärme, da diese Kugelform im Vergleich zur normalen Körperstatur eine kleinere Oberfläche aufweist. Zusammen mit dem Untergefieder und den Deckfedern hält dieses System warm wie eine Daunenjacke. Was ist aber mit den Füßen? Bekommen die Vögel keine kalten Füße oder warum friert eine Ente nicht auf dem Eis fest? Die Vögel haben kalte Füße, aber das stört sie nicht. Im Gegenteil, diese kalten Füße sind notwendig! Hätte die Ente warme Füße, würde das Eis unter ihren Füßen zunächst antauen, dann wieder gefrieren und letztlich würde sie dadurch festfrieren. Wir kennen diesen Vorgang, wenn wir mit warmen Händen eine gefrorene Tiefkühlpackung aus der Gefriertruhe holen. Die Finger kleben fest. Wie können aber die Füße der Ente kalt sein, dabei gut durchblutet werden und beim ständigen Stehen auf dem Eis nicht abfrieren? Das liegt an dem sogenannten Wundernetz. Bei den Vögeln liegen in den Beinen die Arterien und die Venen parallel und sehr nahe beieinander. Das zufließende und das abfließende Blut funktionieren dabei wie ein Wärmetauscher. Das vom Herzen kommende warme Blut in der Arterie wird im Bein kurz vor dem Eintritt in den Fuß durch das zurückfließende kalte Blut in der Vene abgekühlt. Dadurch fließt praktisch frisches, aber kaltes Blut in den Fuß. Das zurückfließende kalte Blut in der Vene wird dagegen nach dem Austritt aus dem Fuß durch das Vorbeifließen an dem warmen Blut der Arterie angewärmt. Damit fließt das verbrauchte kalte Blut aus dem Fuß warm zum Herzen zurück. Letztlich bleibt dadurch der Fuß kalt, wird aber trotzdem ständig mit frischem Blut versorgt.
E.B.