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Windkraft und Klimaschutz: Warum ein Windpark kein Maßstab für die gesamte Energiewende ist

Die Energiewende ist eine der größten gesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit. Der Umbau unserer Energieversorgung hin zu erneuerbaren Quellen wie Wind...
Foto: Joachim Auch

Die Energiewende ist eine der größten gesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit. Der Umbau unserer Energieversorgung hin zu erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne ist entscheidend, um die Erderwärmung zu begrenzen. Die Windenergie spielt dabei eine zentrale Rolle – sie ist eine der leistungsfähigsten erneuerbaren Energiequellen überhaupt und längst kein einseitiges Parteiprojektmehr, sondern wird – mit wenigen Ausnahmen – über Parteigrenzen hinweg als zentraler Bestandteil der Energiewende anerkannt. Bundes- wie Landesregierungen unterschiedlichster politischer Zusammensetzung haben den Ausbau der Windkraft vorangetrieben. Der Windpark Königseiche ist also nicht das Ergebnis einer „grünen Spinnerei“, wie mancherorts behauptet wird, sondern Teil eines breiten energiepolitischen Konsenses, der auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und klimapolitischer Notwendigkeit basiert.

Doch immer wieder gerät die Windenergie in die Kritik – wie aktuell eben auch bei uns. Hier kam es in den letzten Monaten zu technischen Störungen, langen Stillständen, erhöhter Lärmbelastung und einem tiefen Vertrauensverlust bei vielen Anwohnerinnen und Anwohnern. Diese Probleme sind real und dürfen nicht kleingeredet werden. Sie verdienen eine genaue Analyse und eine offene, ehrliche Kommunikation zwischen Betreiber, Verwaltung und Öffentlichkeit.

Technische oder betriebliche Schwierigkeiten bei einem einzelnen Windpark sind jedoch kein Beweis für die Untauglichkeit der Windkraft als Ganzes. Man würde auch nicht fordern, das Autofahren zu verbieten, nur weil ein bestimmtes Modell mit defektem Getriebe ausgeliefert wurde.

Windkraftanlagen in Deutschland haben 2024 mehr als 130 Milliarden Kilowattstunden Strom eingespeist – das entspricht 33 % des gesamten Stromverbrauchs. Moderne Anlagen liefern zuverlässig und günstig Strom – besonders im Winter, wenn Solaranlagen wenig Ertrag bringen. Windkraft ist die tragende Säule einer klimafreundlichen, sicheren und bezahlbaren Energieversorgung.

Ebersbach ist kein einfacher Standort – und gerade deshalb so bedeutsam

Dass bei den beiden Windenergieanlagen Königseiche Schwierigkeiten aufgetreten sind, liegt nicht an der Technologie selbst, sondern an Planungs- und Umsetzungsproblemen. Es ist wichtig, diese klar zu benennen – aber ebenso, daraus zu lernen, statt die gesamte Technik zu verwerfen.

Denn die öffentliche Debatte hier vor Ort zeigt, wie schnell Emotionen Fakten verdrängen können. Technische oder wirtschaftliche Herausforderungen bei einem Projekt dürfen nicht als ideologische Projektionsfläche für eine pauschale Ablehnung der Windenergie missbraucht werden.

Windenergie ist Klimaschutz – auch in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg gehört zu den Bundesländern mit dem bislang geringsten Windstrom-Anteil. Dabei sind große Teile des Landes – auch Höhenlagen um Ebersbach – durchaus geeignet. Moderne Windkraftanlagen liefern heute das 5- bis 7-fache der Leistung früherer Anlagengenerationen. Zudem gelten inzwischen deutlich strengere Vorgaben in Sachen Lärmschutz, Naturverträglichkeit und Bürgerbeteiligung.

Um die Klimaziele einzuhalten und gleichzeitig die regionale Stromversorgung zu sichern, braucht es mehr Windenergie – nicht weniger. Dabei ist Qualität entscheidend: Bürgernahe Planung, nachvollziehbare Erträge, zuverlässiger Betrieb, transparente Kommunikation. Nur so entsteht Akzeptanz. Das muss hier in Zukunft besser laufen.

Differenzieren statt Diskreditieren

Es wäre ein fataler Rückschritt, die Probleme des WP Königseiche zum Anlass zu nehmen, die Windenergie grundsätzlich in Zweifel zu ziehen. Genau das geschieht derzeit in Teilen der öffentlichen Debatte – oft gepaart mit Fehlinformationen oder dem Versuch, Unsicherheit zu säen.

Doch wer so argumentiert, verkennt die Dimension des Problems: Die Klimakrise schreitet voran. Extremwetter, Ernteausfälle, Hochwasser und Hitzetage sind längst Realität – auch in Ebersbach. Fossile Energien sind keine Alternative. Sie verschärfen die Krise und machen uns wirtschaftlich abhängig. Die Antwort auf die Schwierigkeiten eines Windparks kann daher nur lauten: Besser machen, nicht zurückrudern.

Was jetzt nötig ist

Statt Windenergie pauschal zu verurteilen, braucht es eine sachliche Aufarbeitung der Probleme am Windpark Königseiche, konstruktive Kritik, die auf Verbesserungen abzielt, klare Kommunikation über Ziele, Herausforderungen und Nutzen der Energiewende und eine differenzierte Diskussion, die das große Ganze nicht aus dem Blick verliert.

Klimaschutz braucht Energie – aber nicht irgendeine. Er braucht saubere, verlässliche, dezentrale Energiequellen. Windkraft gehört dazu. Wer den Klimawandel ernst nimmt, muss sich auch ernsthaft mit seiner Lösung befassen – und dazu zählt eben auch, unbequeme Diskussionen auszuhalten und den Blick über den Einzelfall hinaus zu richten.

Thorsten Just für den Ebersbacher Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen

Foto: Joachim Auch
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Ausgabe 21/2025
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