Unser kommunalpolitischer Spaziergang in Schriesheim Nord widmete sich auch der Windkraft. Der Ort an der zukünftigen Rettungswache war gut gewählt, ist es doch einer der wenigen in Schriesheim, von denen aus ein Teil der Windkraftanlagen am weißen Stein überhaupt zu sehen wäre. Eine online verfügbare Computersimulation zeigt einen realistischen Blick auf potenzielle Anlagen in der Nähe des weißen Steins. Der Versuch, mit Drohnenbildern von nicht vergleichbaren Anlagen die Bevölkerung zu verunsichern, ist schädlich für eine ernsthafte Diskussion. Vielmehr sind möglichst realitätsnahe Computermodelle zu bevorzugen. Teilnehmer:innen des Spaziergangs zeigten sich denn auch angenehm überrascht, wie wenig letztendlich zu sehen wäre.
Gut gewählt war auch der Zeitpunkt. Gerade sind die Haushaltsdebatten beendet, die ein trübes Bild auf Schriesheims finanzielle Lage zeigten. Wichtige Projekte müssen derzeit geschoben werden: die Sanierung des Strahlenberger Schulhofs, der zugleich ein wichtiger Spielplatz für die Kinder der Altstadt ist, Anschaffungen für die Feuerwehr, Sanierung des Waldschwimmbades und vieles mehr. Schriesheim muss erwachsen werden und endlich eigene Einnahmen generieren. Ein Vergleich mit anderen Gemeinden zeigt, dass sechsstellige Pachterträge pro Jahr und Windkraft-Anlage zu erwarten sind. Eine sichere und dringend notwendige Einnahmequelle für eine klamme Stadt. Und das für eine umweltfreundliche Einnahmequelle, die zugleich zum Klimaschutz und zur Unabhängigkeit von Energieimporten beiträgt. Die Haushaltsberatungen zeigen deutlich, wo die Reise ohne Einnahmen hingeht: Gebührenerhöhungen und die Anhebung der Grundsteuer. Das heißt, am Ende würde die Bürgerschaft jährlich für den Verzicht auf Windkraft zahlen.
Nach aktuellem Stand sind zwei bis vier Anlagen auf Schriesheimer Gemarkung geplant. Das entspricht einem Eingriff in etwa 0,2 % der Schriesheimer Waldfläche. Während der Pachtzeit müssten je Anlage etwa 0,5 Hektar als geschotterte Fläche freigehalten werden. Zum Vergleich: Die 120 Kilometer Waldwege, die in ähnlicher Form geschottert sind, nehmen knapp 40 Hektar in Anspruch. Horrorszenarien von durch Windkraft ausgelösten Überschwemmungen oder zerschnittenen Wäldern fehlt daher jegliche Grundlage.
Anfang Juli werden die Ergebnisse der Dialoggruppe Windkraft, die sich aus Dossenheimer und Schriesheimer Gemeinderäten zusammensetzt, öffentlich vorgestellt. Eine gute Gelegenheit, sich auf Basis von Fakten zu informieren. Auf Falschaussagen basierende Angstkampagnen helfen für eine sachliche Diskussion nicht weiter.
Patrick Schmidt-Kühnle