Am 15. Juli 2025 erschien von Elisabeth Koblitz: „Aber alle haben ein Smartphone“ im Rowohlt Verlag. Untertitel „So begleiten wir unsere Kinder entspannt und sicher im Umgang mit Handy.“ Koblitz ist Mutter von drei Kindern, Start-up-Gründerin, Newsfluencerin und Journalistin, lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Zielgruppe ihres Ratgebers sind Eltern und Lehrkräfte.
Zehn Tage nach dem Erscheinen ihres Buchs ist in der Süddeutschen Zeitung (SZ) ein Interview mit ihr zu lesen. Geführt wird es von Marie Gundlach, Volontärin bei der SZ. Gleich zu Beginn wird die Intention der Autorin klar, wenn sie sagt: „Meine zentrale Erkenntnis der letzten Monate war: Wir verlieren unsere Kinder nicht zwangsläufig an den digitalen Dschungel.“ Das bedeute jedoch, dass Eltern sowie die Gesellschaft viel Präventivarbeit leisten müsse. Wie in der analogen Welt, in der die Kinder ganz selbstverständlich vor Gefahren gewarnt würden, müsse es auch Leitlinien für das Bewegen in der digitalen Welt geben: „vor allem, wenn wir auch erklären, warum man zum Beispiel nicht alles von sich auf Instagram teilen sollte.“
Natürlich mache es Koblitz als Mutter betroffen, wenn ihre Tochter, die als Grundschülerin kein Smartphone habe, erzähle, dass sie in der Pause nicht mitreden könne. Sie habe deswegen nach einem Mittelweg gesucht, wenn ihr Kind jetzt auf die weiterführende Schule komme: „Wir haben uns darauf geeinigt, dass sie ein stinknormales Handy bekommt. Mit dem kann sie ihre Freundinnen anrufen und ihnen SMS schreiben, und für uns Eltern ist sie erreichbar. Aber es ist eben kein Smartphone.“ Kritisch frägt Gundlach nach, ob denn der Wunsch nach Zugehörigkeit stärker wiege, als die Bedenken. „Ich will, dass es meinem Kind so gut wie möglich geht, auch im Zusammenleben mit anderen Kindern. Das ist für viele Eltern ein wichtiger Grund, trotz Bauchschmerzen,“ begründet Koblitz ihr Verhalten. Und dann kommt ein Satz, der deutlich macht, dass Koblitz auch die Erwachsenen in die Pflicht nimmt: „Wir Erwachsenen haben es uns – bewusst oder unbewusst – ein bisschen bequem gemacht in unserer Unwissenheit.“ Darauf Gundlach: „Setzen Eltern zu stark auf einfache Antworten?“ Das bejaht Koblitz einerseits und stellt dann klar, dass Richtwerte zum Alterszugang, zur Begrenzung der Bildschirmzeit nicht von der entscheidenden Erziehungsaufgabe unserer Zeit entbänden. „Wir müssen unseren Kindern einerseits Alternativen anbieten, ihnen vermitteln, was echte Freundschaften bedeuten, echte Hobbys und echte Abenteuer – wir müssen aber andererseits auch ihr Interesse am Digitalen ernst nehmen. Kinder sind verschieden. Denken Sie an autistische oder queere Jugendliche. Für die kann der digitale Raum sogar ein wertvoller Zugang zur Welt sein und Teilhabe bedeuten.“
Eltern müssten sich mit den Themen auseinandersetzen, die Kinder beschäftigen. Ob dann Eltern jeden neuen Tiktok-Trend kennen müssten? Darauf gibt Koblitz eine pädagogisch kluge Antwort: „Nicht jeden einzelnen, aber wenn in der Schule meiner Tochter irgendwelche Tiktok-Tänze herumgehen, dann schauen wir uns die eben gemeinsam an. So lernt sie die digitale Welt nicht allein kennen – und ich lerne etwas über ihre digitale Welt. Die digitale Welt von Kindern sieht nämlich ganz anders aus als die der Erwachsenen. Viele Eltern unterschätzen das extrem.“ Diese digitale Welt sei intensiver, schneller, emotionaler. Kindern fiele das Abschalten noch schwerer als Erwachsenen, weil ihnen die zentrale Fähigkeit für einen gesunden digitalen Konsum fehle: Selbstdisziplin.
Das sei zwar auch bei Erwachsenen ein zentrales Problem. Doch sie verfügten über die Impulskontrolle. Dieser Bereich sei jedoch erst mit Anfang 20 richtig ausgereift. Anders sei es mit dem Bereich, der für Spaß und Spannung da sei. Der sei im Kindesalter schon sehr groß. Dass darauf die Algorithmen der Digitalkonzerne ausgerichtet seien, kritisiert Koblitz sehr und sagt: „Es gibt ja diese Dark Patterns, die Hintergrundstrategien, der endlose Feed, der personalisierte Feed, und die Tatsache, dass sich Videos automatisch abspielen. Dem Nutzer und der Nutzerin wird damit ganz gezielt die Möglichkeit genommen, überlegen zu müssen, was er oder sie als Nächstes sehen will – oder ob er oder sie überhaupt weitergucken möchte. Dazu die Inhalte voller Gewalt, Hass und Pornographie.“ Auf dem Papier müssten die Plattformen solche Inhalte löschen. Doch sie seien von der Politik nicht verbindlich dazu verpflichtet, für eine gewisse Kindersicherheit zu sorgen. Die Algorithmen seien im Grunde so angelegt, dass sie Kinder in Selbstverletzungen oder Essstörungen treiben könnten. Der Staat wälze diese Verantwortung ins Private ab, deshalb müssten sich Eltern mit jeder Plattform selbst auseinandersetzen. (Quelle: Süddeutsche Zeitung, Freitag, 25. Juli 2025, Feuilleton, S. 9)
Ende Teil 1. In Teil 2 informieren wir über Kolbitz‘ Recherchearbeit in Dänemark und in der irischen Kleinstadt Greystones, sowie ihre Folgerungen für Deutschland.
Wir freuen uns über neue Mitglieder im InfoMobilFunk Neckartenzlingen und Umgebung, Ortsgruppe im Mobilfunk Bürgerforum e. V.
Die Vorsitzenden: Prof. a. D. Helmuth Kern, Bert Hauser (Telefon: 07127/35655 bzw. 07127/35949)