„Sind wir alle süchtig nach dem Smartphone?“, so lautet die Überschrift des Artikels in der Süddeutschen Zeitung vom 29./30. März 2025, über den wir in unserer letzten Ausgabe in Teil 1 informierten. Im heutigen Teil 2 geht es um Smartphone-Sucht, genauer um Abhängigkeit von diesem Gerät und darum, wie und warum sie erzeugt wird.
Im Katalog der Internationalen Klassifikation der Krankheiten ICD-11 – das meint die 11. Fassung dieser Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation – tauche „Smartphone-Sucht“ nicht auf, schreiben die Autorinnen des Artikels Felicitas Kock und Carolin Werthmann.
Die Gründe dafür seien unterschiedlich. Zum Beispiel müsse die neurobiologische Evidenz für eine Sucht nachgewiesen werden, um in diesen Katalog aufgenommen zu werden. Dazu wird der Psychologe Christian Montag zitiert:
„In der Neurobiologie besteht eine erhebliche Forschungslücke, was die Folgen der Smartphone-Nutzung angeht“, sage der, der sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf das menschliche Verhalten beschäftige und den modernen Menschen als „Homo Digitalis“ interpretiere.
„Die Hardware ist nicht das Suchtmittel“ wird Bert te Wild, Chefarzt der psychosomatischen Klinik Kloster Dießen, zitiert. Christian Montag dazu: „Alkoholiker sind auch nicht flaschenabhängig“. Entscheidend sei demnach auch nicht das Smartphone, sondern manche Apps, die darauf installiert seien. Deshalb sähen te Wildt, Montag und ein Großteil ihrer Kollegen Smartphone-Sucht als eigenständiges Krankheitsbild nicht für sinnvoll an.
Christian Montag schlage deshalb vor, sich für die wissenschaftliche Beschreibung einer „Handysucht“ an den gängigen Suchtkriterien – wie etwa jener der Computerspielsucht zu orientieren. Als süchtig gelte ein Mensch demnach, wenn er die Kontrolle über sein Verlangen verliere, also immer wieder versuche, sein Verhalten zu ändern, es aber nicht schaffe. Die Betroffenen priorisierten dann das Computerspiel vor anderen Interessen und Lebensbereichen. Und trotz negativer Konsequenzen behielten sie das Verhalten bei. Zusätzlich müsse ein gewisser Schweregrad erreicht sein mit Folgen für den Computerspielsüchtigen.
Und die Psychiaterin Anna Lembke von der Universität Stanford sieht das Problem der Smartphone-Sucht so: „Wir haben heute eine sehr starke Bindung zu den Geräten, fast als wären es Lebewesen“. Diese Entwicklung würde sie kritisch sehen, ähnlich wie Montag und te Wildt.
Doch alle drei betonen, dass es wichtig sei, Alltagshandlungen nicht zu pathologisieren.
Im Weiteren zeigen die Autorinnen auf, warum Social-Media-Plattformen eine Bindungsfunktion haben und das Aufhören erschweren. Sie seien durch ein Datengeschäftsmodell bestimmt. Durch das Sammeln der Daten von Nutzern und gezieltes Ausspielen von Werbung verdienten Unternehmen Geld. Je länger die Verweildauer, umso größer sei der Verdienst der Betreiber. So sei es nicht (nur) mangelnde Selbstdisziplin, wenn ein 15-Jähriger mehrere Stunden am Tag YouTube anschaue. Das läge vielmehr daran, dass ein Heer von Datenwissenschaftlern und Entwicklerinnen für YouTube arbeiteten mit dem Ziel, den Algorithmus immer mehr zu verfeinern, um den 15-Jährigen zu binden, ihn sozusagen abhängig zu machen.
(Ende Teil 2)
In Teil 3 geht es um weitere Bindungsmethoden, die wie eine Droge wirken und abhängig machen können.
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Prof. Dr. Edwin Hübner: „Virtualität und Realität.
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Wir wünschen allen frohe und strahlungsarme Osterfesttage.
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