Dialekt ist Heimatgefühl und Zugehörigkeit
Ist Dialekt in Gesellschaft und Kirche überhaupt in?
Mit dieser Frage beschäftigten sich Pfarrer i.R. Matthias Zaiss und die Aktiv-im-Alter-Senioren nach dem gemeinsamen Kaffeetrinken im Evangelischen Gemeindehaus.
Eine Studie hat ergeben, dass lediglich 26 % der Bevölkerung über 50 Jahre einen Dialekt spricht und das eher im Familien- oder Freundeskreis. Am bekanntesten sind der Hamburger, das Plattdeutsche, der Sächsische und bayerische Dialekt. Auf diese Herkunft und Vielfalt, die einen gewissen Charme hat, sind die Menschen stolz. Sie vermitteln ein Heimatgefühl, Nähe und Zugehörigkeit.
Es steht nicht so gut um den Dialekt. Befragt man die Generation Z, die Menschen unter 25 Jahren, so sind es nur etwa 5 %, die Dialekt sprechen und verstehen. Aktiv Sprechende sind weitaus älter. Dialekt sprechen sei uncool. Dass Dialekt ein Kulturgut ist, das es zu bewahren gilt, hat sich das Land Baden-Württemberg seit 2018 auf die Fahne geschrieben und hat Eingang in die Bildungseinrichtungen gefunden. Das zeigte vor Kurzem ein tolles Projekt mit bekannten Mundartkünstlern in der Reilinger Schillerschule. Ziel sei, sich mit der Sprache zu identifizieren, stolz auf seine Herkunft zu sein. Oft ist der Dialekt regional gefärbt und gleich erkennbar, aus welcher Sprachregion jemand kommt. Im Dialekt verspüren die Menschen, meist gesprochen in ländlichen Gebieten, Heimat und Nähe. Auch wenn im Beruf oder in der Schule Hochdeutsch gesprochen wird, ist das Image des Dialekts in der Öffentlichkeit gut und unterstreicht seine Lebendigkeit. Dialekt wird als sympathisch und intelligent wahrgenommen. Bei Instagram und bei Influenzern gibt es mit einem Augenzwinkern sogar Kurse. Dialekt kann auch humorvoll sein, wenn ein Schild darauf hinweist, dass, wenn jemand vor seiner Garage parkt, er „dä Ronze vollkriegt“.
Auch die Kirche widmet sich seit vielen Jahren der Mundart. So auch Pfarrer i.R. Zaiss bereits seit 2016. Gottesdienst oder Lieder, das Umarbeiten von Bibel- und geistlichen Texten erfordern viel Zeit. Solche Gottesdienste sprechen die Menschen an, die Gemeinschaft suchen und ihnen ein Gefühl von Heimat geben. Gottesdienste in der Muttersprache gehen zu Herzen, ohne ins Lächerliche zu gehen. „Uff Ohrehöh“, so Zaiss, „theologisch net ohfach un monschmol ohstrengend“. Wirklich, so der Norddeutsche? „Joh geh fort“ oder „Kumm geh fort“, wenn es wahr ist. Dass die Kurpfälzer ein eigener Schlag sind, hörte man in der Geschichte der „Hemmer“, norddeutsch Hemden. „Konn ma losse“, so die Frage, ob es schmeckte und auch die Geschichte um das Beichten einer Sünde gefielen den Senioren.
Das Evangelium soll den Menschen verständlich und menschennah verkündet werden, ein Glauben, der zum Alltag steht. Licht, Liebe und Hoffnung, wie Salz in die Kirche bringen, das wäre unsere „Uffgab“. Ihm gehe das Messer „in dä Dasch uff unn er wäad kronk“, wenn er von den derzeitigen Kriegen höre. „Net uffheare zu glawe und zu bete“, sei sein Wunsch.
Texte aus der Bibel um Zacharäus und Petrus, der „net zu soim Word gstonne isch“, Gedanken zu Himmelfahrt sowie der Frage nach dem Glauben, „dodavu zu heare, neigierisch zu soi“, brachte die Senioren zum Nachdenken. „Konnsch Gott ohsehe oder ohlonge?“ „Konnsch du doi Hern sehe?“, die Gegenfrage? „Noo, donn hosch a kohns.“ Solche Geschichten und für das kommende Pfingsten, der Geist, der uns Menschen zusammenbringen soll, um unsere Welt zum Positiven zu verändern, gab Pfarrer Zaiss den Senioren mit auf den Weg. Dialekt darf nicht aussterben. Unser Land ist bunt, spreche bunt, unser Land ist auf jeden Fall nicht langweilig.
Mit einem süßen Dankeschön bedankte sich Alexandra Oezkalay bei Pfarrer i.R. Matthias Zaiss, der sich freute und schmunzelnd sagte „Des wea awa net nedisch gwest“.
Am 7.7. von 11 bis 13 Uhr treffen sich die Neulußheimer Aktiv-im-Alter-Senioren ab 70 Jahren zum Fischerfest am Eichelgartensee. Zu einem gemeinsamen Frühstück am 5. August im Gemeindehaus bedarf es der vorherigen Anmeldung beim Kulturamt unter 06205/3941-11.
Lieben Dank für Text und Bilder an Renate Hettwer.