Die Stadt hatte vergangene Woche zu einer ersten Bürgerinformationsveranstaltung zum Thema kommunale Wärmeplanung eingeladen. An dem Abend erfuhren die Anwesenden, was Aufgabe der kommunalen Wärmeplanung ist, was sie kann und was sie nicht kann.
„Kommunale Wärmeplanung Gerlingen – Was steckt dahinter?“ Unter dieser Überschrift hatte die Stadt zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, zu der Bürgermeister Dirk Oestringer fast 100 Interessierte begrüßen konnte. Unter den Teilnehmenden befanden sich auch zahlreiche Gemeinderäte, Vertreter der Stadtverwaltung und des Ingenieurbüros greenventory GmbH, die die Stadt beim Thema kommunale Wärmeplanung begleitet. Im vergangenen Jahr sei das Thema kommunale Wärmeplanung in Zusammenhang mit dem Heizungsgesetz in aller Munde gewesen, hielt das Stadtoberhaupt fest. Und das Thema Wärmeplanung hat sicher auch dafür gesorgt, dass die Verwirrung, die wegen des Heizungsgesetzes herrschte, etwas entwirrt werden konnte.
Gerlingen habe sich bereits 2022 dazu entschlossen, eine kommunale Wärmeplanung durchzuführen. Dies obwohl Städte in der Größe Gerlingens dazu noch gar nicht verpflichtet sind. „Wir möchten Sie heute darüber informieren, was kommunale Wärmeplanung ist, was sie nicht ist und welche Ergebnisse damit erzielt werden können“, so Oestringer. Dabei gehe es nur ganz allgemein um das Thema Wärmeplanung, konkrete Aussagen könne man noch keine machen. Wie die Bürger habe auch die Stadt Erwartungen an die kommunale Wärmeplanung. So wolle man beispielsweise wissen, wo es Ressourcen für die Wärmegewinnung gibt, oder wo in der Stadt Wärmenetze möglich sind.
Marc-André Triebel von greenventory zeigte anschließend in einem kurzen Vortag auf, was Wärmeplanung ist, welche Schritte bereits gemacht wurden und welche noch gemacht werden müssen und was die Wärmeplanung für den einzelnen bedeutet.
Ein Wärmeplan sei ein strategisches Planungsinstrument, das keine Detailplanungen für einzelne Gebäude beinhalte. Ziel sei es, die Ausgangssituation zu erfassen und Potentiale zu erkennen. Herauskommen soll am Ende ein individueller Maßnahmenkatalog für die Kommune. Ein Wärmeplan baue sozusagen die Brücke zwischen weit gefassten Klimaschutzkonzepten und den deutlich enger gefassten energetischen Transformationsplänen sowie Quartierskonzepten. Der Wärmeplan sei im Grunde eine flächendeckende Betrachtung der gesamten Kommune mit all ihren Quartieren. „Eine Detailtiefe wie bei Quartierskonzepten oder Bebauungsplänen kann man von einem kommunalen Wärmeplan nicht erwarten“, macht Triebel deutlich.
Nachdem anhand von detaillierten Daten erfasst worden sei, welche Heizmittel in einer Kommune verwendet werden, wie der aktuelle Wärmebedarf ist und in welchem Zustand sich die Gebäude befinden, sei der nächste Schritt zu schauen, wo Potentiale für Energieerzeugung liegen. Geprüft wird in dem Schritt beispielsweise, ob Wasser und Windkraft, Abwärme aus Flüssen, Seen oder Abwasser, Abwärme der Industrie genutzt werden können, und ob Freiflächen für Solarthermie oder Photovoltaik genutzt werden können. Aus diesen Erkenntnissen entwickle man dann die Zielszenarien für eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung bis 2024. Dazu gehöre die Ermittlung des zukünftigen Wärmebedarfs oder auch die Identifikation von Gebieten, wo eine zentrale Wärmeversorgung möglich ist und wo nicht. Mögliche Transformationspfade und eine Maßnahmenbewertung stehen im vierten Schritt an. Beispielhafte Maßnahmen seien Gebäudesanierungen, zentrale Wärmenetze oder dezentrale Wärmeversorgungsansätze, die Frage, ob und wie Gasnetze weiter verwendet werden, aber auch Beratungen. Anhand von Beispielen zeigte Triebel dann auf, wie ein Energiemix in der Zukunft aussehen könnte und welche Energieträger möglich sind. Für eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung seien große Umbauten nötig. Die Elektrifizierung der Heizenergie, sprich Wärmepumpen, werde eine große Rolle spielen, aber auch die zentrale Wärmeversorgung mittels Wärmenetzen.
Abschließend hielt Triebel fest, dass sich aus einem kommunalen Wärmeplan keine rechtlichen Auswirkungen oder Pflichten ergeben. Aus dem Wärmeplan entstehe auch nicht die Pflicht, dort ausgewiesene Infrastruktur auch tatsächlich für die Versorgung zu nutzen. Er machte auch deutlich, dass bei einem Neubau schon jetzt bei der Heizung 65 Prozent erneuerbare Energie zum Einsatz kommen muss. Bei Nachverdichtung und in Bestandsgebäuden dürfe man noch bis 30. Juni 2028 neue Gas- und Ölheizungen einbauen, danach gelte auch die 65 Prozent-Erneuerbare-Energie-Regel.
Zum Status quo in Gerlingen hielt Triebel zusammenfassend fest, dass es in der Stadt aktuell kein großflächiges Wärmenetz gebe. Mit dem bestehenden Wärmenetz könne man nur kommunale Gebäude versorgen und es könnten dort auch nur kommunale Gebäude angeschlossen werden. In der Wärmeplanung würden jetzt Eignungsgebiete für Wärmenetze identifiziert. Bis dann ein Wärmenetz gebaut wird, seien weiterführende Studien, Prozesse und Planungen nötig, an deren Ende auch eine Entscheidung gegen ein Wärmenetz stehen könne. Bis ein neues Wärmenetz in Betrieb gehen könne, daure das in der Regel zehn Jahre. Planungssicherheit ergebe sich durch die Wärmeplanung vor allem in Gebieten, in denen eine Einzelversorgung favorisiert wird. Empfehlungen für eine bestimmte Heizungsart für das Einzelgebäude dürfe man aber nicht erwarten. Bezüglich der Wirtschaftlichkeit eines Heizungstauschs riet Triebel zu bedenken, dass es derzeit beim Einbau von klimafreundlichen Lösungen attraktive Förderungen vom Staat gebe. Fossile Heizungen würden im Betrieb in den nächsten Jahren erheblich teurer. Beratung erhalte man bei der Energieagentur Kreis Ludwigsburg, bei Energieberatern und Heizungsbaubetrieben. Bürgermeister Oestringer ergänzte, dass auch die städtische Klimaschutzmanagerin Alexandra Graf Kontakt zu Energieberatern vermitteln könne und aus der Mitte der Zuhörer kam noch der Hinweis, dass es beim Arbeitskreis Energie der Lokalen Agenda ehrenamtliche Energieberater gebe. Kontakt ist jeweils über die Webseite der Stadt Gerlingen möglich.
In der anschließenden Fragerunde kam die Frage auf, ob es Sinn mache, mit der Anschaffung einer Wärmepumpe zu warten, bis klar ist, ob im eigenen Wohngebiet ein Wärmenetz gebaut wird. Die Frage sei, ob man warten wolle, bis das Wärmenetz gebaut wird, meinte Triebel. Genau diese Fragestellung mache die Situation für Wärmenetzbetreiber momentan sehr schwierig, weil sich möglicherweise viele eine Wärmepumpe anschaffen. Die Frage sei auch, ob eine Wärmepumpe für das eigene Wohngebäude die richtige Lösung ist. Da könne ein Energieberater weiterhelfen.
Zur Frage, ob die Stromnetze den Bau von vielen Wärmepumpen aushalten, kam von Bürgermeister Oestringer ein Ja. Das Thema habe man schon beim Ausbau der Ladeinfrastruktur diskutiert. Das Netz brauche einen Ausbau, aber das sei bei den Netzbetreibern angekommen.
Zur Frage, wohin denn die Tendenz bei der Wärmeplanung gehe, meinte Triebel, dass er dazu keine konkreten Aussagen machen könne. Als Faustregel könne man aber sagen, dass je dichter ein Gebiet bebaut ist, umso sinnvoller ist ein Wärmenetz. Bei der Auswahl der Energieträger prüfe man alle Möglichkeiten, meinte Triebel zu einer entsprechenden Frage aus dem Publikum. Stadtbaumeister Thomas Günther erklärte, dass klar sei, dass es in Gerlingen keine Geothermie mit Tiefbohrungen geben werde. Allenfalls Geothermie auf der Fläche sei möglich, aber da brauche man sehr große Flächen. Lösungen sind aus seiner Sicht Solaranlagen auf den Dächern und Wärmepumpen als Zusatz. Und man hoffe auch etwas auf Wasserstoff, ergänzt der Erste Beigeordnete Stefan Altenberger. „Wir schauen, was für Gerlingen am sinnvollsten ist“, brachte es Triebel auf den Punkt.
Text/Foto: Tommasi