Unter großem Applaus wurde am vergangenen Freitag das neu gestaltete Graffiti im Flur des SRH Berufsbildungswerks Neckargemünd präsentiert. Das farbenfrohe Kunstwerk, das sich über mehrere Quadratmeter erstreckt, ist mehr als nur ein Blickfang – es erzählt Geschichten aus dem Campusleben.
Entstanden ist es in enger Zusammenarbeit zwischen zwei internationalen Graffitikünstlern, Janis und Clarafosca, und zehn Auszubildenden des Hauses. Nach einem intensiven Workshop, in dem Grundlagen und Techniken des Sprayens vermittelt wurden, konnten die jungen Menschen die Motive schließlich eigenhändig auf die Wand bringen.
Die Auszubildenden strahlen vor Stolz über das, was sie gemeinsam geschaffen haben. „Teilnehmende“ werden sie hier am SRH Berufsbildungswerk genannt. Der Begriff spiegelt die Haltung dieses Bildungsortes wider: Hier sollen junge Menschen ihre Ausbildung und ihren Weg ins Leben aktiv selbst gestalten. Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit stehen im Mittelpunkt. Ob Freizeitaktivitäten, therapeutische Angebote, individuelle Lernmodule oder das Knüpfen sozialer Kontakte – das Berufsbildungswerk bietet ein Umfeld, in dem sich jeder persönliche Ziele stecken und auf sie verwirklichen kann.
Viele der Teilnehmenden haben bereits eine bewegte Geschichte hinter sich. Körperliche Beeinträchtigungen oder psychische Diagnosen wie ADHS, Angststörungen oder Depressionen prägten ihren bisherigen Bildungsweg, der oft begleitet war von Ausgrenzung und Unsicherheit. Dieser Ort in Neckargemünd gibt ihnen Raum, sich neu zu entdecken, Stärken zu entfalten und Zugehörigkeit zu erleben. „Ich weiß, dass viele, die mit uns an dem Graffiti gearbeitet haben, ihr Päckchen zu tragen haben“, sagt Janis nachdenklich. Gerade deshalb war es ihm wichtig, mit dem Projekt Selbstvertrauen und Gemeinschaft zu fördern.
Das fertige Werk zeigt Szenen aus dem Leben auf dem weitläufigen, 100.000 Quadratmeter großen Campus. Die Wand erzählt von Gaming, Musik, Sport, Freundschaft und Dingen, die die Teilnehmenden bewegen und verbinden. „Graffiti ist ein kreativer Ausdruck, der hilft, Höhen und Tiefen zu verarbeiten“, erklärt Janis, „Graffiti unites!“ In seiner Arbeit erlebt er immer wieder, wie die gemeinsame Gestaltung von Wänden Grenzen überwindet – zwischen Kulturen, Meinungen und Lebenswegen. Respekt, Zusammenhalt und Offenheit prägen dabei den Umgang miteinander.
Clarafosca, Künstlerin aus Spanien, sieht in Projekten wie diesem auch eine Zukunftsperspektive: „Hier gibt es viele kreative junge Menschen. Wir möchten zeigen, dass Kunst nicht nur Leidenschaft, sondern auch Beruf sein kann.“ Berufe wie Animationsdesigner, Tätowierer, Messedesigner oder Illustrator – all das kann über die Auseinandersetzung mit Kunstformen wie Graffiti angestoßen werden. Kreativität wird hier nicht als bloßes Hobby verstanden, sondern als Schlüssel zu neuen Wegen.
Mit Blick auf das fertige Kunstwerk sagt Janis lächelnd: „Ich bin begeistert vom Ergebnis!“ Und vielleicht ist es genau das, was die Wand in Zukunft vermitteln wird: den Mut, Neues zu wagen – und das Vertrauen, dabei nicht allein zu sein. (pm/red)