Ist Ihnen im Westen Heidelbergs schon der runde, blaue Turm mit dem geschwungenen Dachaufsatz und der riesigen weißen Helixtreppe aufgefallen? Er ist weithin sichtbar und z. B. von der Autobahn aus gut zu sehen. Dieses Gebäude ist der Energie- und Zukunftsspeicher der Stadtwerke Heidelberg, der im November 2019 an das Fernwärmenetz angeschlossen wurde.
Er steht im Energiepark der Stadtwerke Heidelberg im Pfaffengrund. Die Stadtwerke Heidelberg haben einen genauen Plan, wie sie das Ziel klimaneutraler Fernwärme bis 2035 erreichen werden. An dem heute schon 225,7 km langen Fernwärmenetz sind 5.367 Gebäude angeschlossen, die jährlich 474,4 GWh Wärmeenergie beziehen. Die intelligent miteinander gekoppelten Anlagen im Energiepark (z. B. Holz-Heizkraftwerk, innovative Kraft-Wärme-Kopplung (iKWK), Energiespeicher) sind Bausteine auf dem Weg zur Klimaneutralität der Stadt Heidelberg.
Beim Energiespeicher handelt es sich um einen insgesamt 55 m hohen Turm mit einem Durchmesser von 25 m. Es ist ein riesiger, isolierter Metallbehälter, der mit 20 Mio. Litern heißem Wasser gefüllt ist. Somit funktioniert er, sehr vereinfacht gesagt, ähnlich wie eine Thermoskanne. Er dient als Puffer im Fernwärmenetz und kann mit seinen 40 MW thermischer Leistung im Frühjahr und Herbst den Fernwärmebedarf Heidelbergs über ein Wochenende decken. Im Winter dient er zur Deckung von Wärmebedarfsspitzen. Dafür musste früher ein mit Öl und Gas betriebenes Reservekraftwerk hochgefahren werden, das jetzt nur noch an wenigen Tagen im Jahr benötigt wird.
Über seine technische Funktion hinaus soll der Turm der Bevölkerung auch als Ort für Freizeit und Spaß dienen. Das Gebäude wird Teil eines Bewegungsparks, der mit der benachbarten Firma adViva (Orthopädie- und Rehatechnik) gestaltet wird. Auf dem Dach des Energiespeichers sollen voraussichtlich ab Frühjahr 2026 eine Event-Location mit Restaurant und eine Ebene darüber eine Aussichtsplattform eröffnen.
Der Energiespeicher ist ein Zweizonenspeicher, dessen technisches Prinzip von dem schwedischen Ingenieur Anders Hedbäck entwickelt wurde. Im unteren Teil des Speichers werden 12.800 m3 Wasser auf bis zu 115 °C erhitzt. Um das Sieden und Verdampfen des Wassers zu verhindern, wird durch das Gewicht der darüber befindlichen zweiten Wasserschicht ein entsprechend großer Gegendruck aufgebaut. Die obere Schicht (7.200 m3) ist kühler und dient lediglich dem Druckaufbau. An der Ein- und Ausspeicherung von Wärmeenergie nimmt sie nicht teil. Die beiden Zonen sind durch eine thermisch isolierte Zwischendecke voneinander getrennt, jedoch durch Rohre miteinander verbunden, über die sie kommunizieren können. Dadurch kann sich das Wasser im unteren Teil bei Erwärmung in den oberen Teil ausdehnen oder bei Abkühlung im unteren Teil (Volumenreduktion) entsprechend wieder aus dem oberen Teil zurückfließen. Der gesamte Speicher ist somit sein eigenes Ausdehnungsgefäß. Im Detail sorgen zahlreiche Sensoren, Klappen, Ventile und Pumpen dafür, dass die verschiedenen Betriebszustände des Speichers sicher funktionieren. Neben dem Speicher in Heidelberg gibt es in Deutschland aktuell 11 weitere Zweizonen-Energiespeicher, u. a. bei den Stadtwerken in Duisburg, Leipzig, Nürnberg und Kiel.
Fazit: Die Stadtwerke Heidelberg sind Motor für den Klimaschutz, befassen sich mit vielen innovativen Technologien und setzen diese um. Die Wärmewende ist keine Utopie, sondern im Energiepark Pfaffengrund schon längst konkrete Realität. Die Technologien gibt es. Man muss den Willen haben, sie intelligent zu nutzen.
Was allerdings im Rhein-Neckar-Kreis noch schmerzlich fehlt, um Versorgungslücken auszugleichen, sind Windräder. Bleibt zu hoffen, dass der geplante Bürgerentscheid in Dossenheim und Schriesheim zugunsten der Windkraft ausfällt.
(Volker Sauermann)