Ebersbach an der Fils steht – wie viele Kommunen im südwestdeutschen Raum – vor spürbaren klimatischen Veränderungen und wird die Folgen des Klimawandels in den kommenden Jahrzehnten immer stärker zu spüren bekommen. Das 2024 veröffentlichte Klimagutachten des Ingenieurbüros Dr. Dröscher zeigt auf, dass sich das Stadtklima bereits messbar verändert hat – und dass weitere Veränderungen sehr wahrscheinlich sind.
So stieg die Zahl der Sommertage (Tage mit über 25 °C) im Vergleich zu früheren Jahrzehnten deutlich an: von etwa 41 Tagen (1961–1990) auf aktuell 61 Tage (1991–2020). Auch Hitzetage (über 30 °C) sind häufiger geworden – im Mittel etwa 16 pro Jahr. Je nach Klimaszenario ist bis zum Jahr 2100 ein Anstieg auf bis zu 100 Sommertage und über 40 Hitzetage jährlich möglich. Auch Tropennächte, bei denen die Temperatur nicht unter 20 °C fällt, nehmen besonders in bebauten Lagen spürbar zu.
Neben der Erwärmung verändert sich auch die Verteilung der Niederschläge: Sommer werden tendenziell trockener, während der Winter mehr Niederschlag bringt – häufig in Form intensiven Regens. Gleichzeitig nehmen Starkregenereignisse zu, was die Gefahr lokaler Überflutungen erhöht. So geschehen im Juni 2024, als die Fils und Teile ihrer Zuflüsse nach schweren Regenfällen über die Ufer traten. Keller liefen voll, Unterführungen standen unter Wasser und Teile der Infrastruktur mussten gesperrt werden. Es entstanden erhebliche Schäden an öffentlichem und privatem Eigentum – es gibt vermutlich niemanden in Ebersbach und Umgebung, der sich daran nicht mehr erinnern kann.
Das Starkregenereignis vom Juni 2024 lässt sich zwar nicht eindeutig dem Klimawandel direkt zuschreiben, doch laut der Attributionsforschung – einem Zweig der Klimawissenschaft – nimmt mit steigender globaler Temperatur die Wahrscheinlichkeit und Intensität solcher Extremereignisse messbar zu. Durch die Erwärmung kann die Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen, was insbesondere im Sommer das Potenzial für heftige Niederschläge und lokale Überflutungen erhöht. Auch wenn einzelne Ereignisse nicht kausal dem Klimawandel zugeordnet werden können, zeigt die Forschung, dass deren statistische Häufigkeit zunimmt – insbesondere bei Hitzewellen und Starkregen. Wer sich genauer damit befassen will, dem empfehle ich das Buch „Wütendes Wetter“ von Friederike Otto – einer deutschen Physikerin und Klimatologin, die am Imperial College London tätig ist.
Um die Auswirkungen greifbarer zu machen, bedient sich die Forschung des Begriffs der Klimazwillinge: Städte, deren heutiges Klima dem entspricht, was künftig in Ebersbach zu erwarten ist. Demnach ähnelt Ebersbach im Jahr 2050 klimatisch dem heutigen Karlsruhe oder Straßburg – mit heißeren Sommern und trockenerer Vegetation. Bei ungebremstem Klimawandel könnte das Klima bis zum Ende des Jahrhunderts dem heutigen Mailand oder Bologna (Norditalien) entsprechen.
Die Stadt Ebersbach nimmt diese Entwicklungen ernst, das zeigt die Beauftragung des bereits erwähnten Klimagutachtens, welches auch Maßnahmen für die Zukunft nennt. Unter anderem sind dies die gezielte Begrünung von Dächern und Fassaden, den Erhalt von Kaltluftbahnen (wie dem Nassachtal), eine Stadtplanung, die auf Verschattung, Entsiegelung und Verdunstung setzt (sogenannte „Schwammstadt“) sowie die Anpassung der Bepflanzung an trockenere Bedingungen. Aber auch die Energiewende spielt eine entscheidende Rolle. Darum, und speziell um die aktuell heiß diskutierten Windräder, soll es in den nächsten Wochen gehen.
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel sind eindeutig – auch wenn manche Stimmen weiterhin versuchen, sie zu relativieren oder zu leugnen. Doch wer heute die Realität der Erderwärmung infrage stellt, ignoriert nicht nur weltweite Forschung, sondern auch die lokalen Veränderungen, die längst spürbar sind. Es ist wichtig, sich nicht von vermeintlich einfachen Antworten (auf komplexe Fragen) oder gezielten Fehlinformationen blenden zu lassen. Stattdessen braucht es Fakten, Verantwortung und den gemeinsamen Willen, auf die Herausforderungen unserer Zeit mit klarem Blick und entschlossenem Handeln zu reagieren.
Thorsten Just für den Ebersbacher Ortsverband
von Bündnis 90 / Die Grünen