Redaktion NUSSBAUM
74821 Mosbach

Zweiten Mosbacher CSD gefeiert

Farbenfrohes Fest der Sichtbarkeit Über dreihundert Besucher nahmen am vergangenen Wochenende am zweiten Mosbacher Christopher Street Day (CSD) teil....
Der Demonstrationszug des zweiten Christopher Street Days in Mosbach am Marktplatz.
Der Demonstrationszug des zweiten Christopher Street Days in Mosbach am Marktplatz.Foto: pvh

Farbenfrohes Fest der Sichtbarkeit

Über dreihundert Besucher nahmen am vergangenen Wochenende am zweiten Mosbacher Christopher Street Day (CSD) teil. Das zweiteilige Event beinhaltete einen Demonstrationszug durch die Stadt und im Anschluss ein buntes Programm im Stadtpark.

„Ich bin nicht vom anderen Ufer, ich lebe immer noch im selben Land wie du.“ Mit diesen Worten fasste Poetry-Slammer Niklas Rosche gekonnt zusammen, weshalb sich Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transgender, Nichtbinäre, Intersex und viele weitere queere Personen sowie deren Freunde und Unterstützer an diesem Tag sammelten.

Demozug & Botschaft

Bei Pride-Veranstaltungen wie dem CSD ginge es darum, Aufmerksamkeit zu schaffen: für die erlebte Realität zahlreicher Personen, für andauernde soziale Ungerechtigkeiten, für die Diversität und Individualität aller Menschen. Rosche, der selbst beim CSD Heilbronn aktiv ist, wünschte sich ganz gezielt: „eine Welt, in der ich jederzeit die Hand von meinem Freund halten kann. Nicht als Provokation, sondern einfach, weil mir danach ist.“

Ev. Kirche unterstützt

Aus diesem Grund zog die bunte Menge ab 14.20 Uhr feiernd durch die Mosbacher Innenstadt. Einen Zwischenstopp wurde dabei auf dem Kirchplatz im Schatten der großen Linden eingelegt, wo Dekan Folkhard Krall während den Kundgebungen zu persönlichen Segenssprüchen in die Stiftskirche St. Juliana einlud. Krall betonte bei seinem späteren Grußwort im Elzpark, dass die Kirche stets ein Ort sei, der Menschen verbinden und zusammenbringen sollte. „Wer sich um Menschen kümmert, der sieht, welchen Abstand wir noch haben“, betonte Krall. Im Erleben der Kirchengemeinschaft sei stets klar, dass keine zwei Menschen gleich sind – Diversität ist natürlich und solle auch als solche angenommen werden.

CSD Neckar-Odenwald

Während des Aufenthalts am Kirchplatz war neben Rosches Poetry-Slam auch selbstgeschriebene Musik von Michelle Koger sowie eine kurze Rede von Moderator und Mitorganisator Dominik Rügner zu hören. Rügner wies dabei auf die anstehende Vereinsgründung hin, bei der aus dem unabhängig organisierten „CSD Mosbach“ in Zukunft der eigenständige Verein „CSD Neckar-Odenwald“ entstehen soll. Zur Vereinsarbeit gehöre in Zukunft nicht nur ein jährlicher CSD-Marsch, sondern auch viele weitere Themen.

Rügner ist es dabei wichtig, auf die Menschen zuzugehen: Ein großer Teil der obdachlosen Bevölkerung sei Teil der LGBT-Community. Und auch in anderen Bevölkerungsgruppen sei Aufklärung notwendig. Der Hauptorganisator des CSD Mosbach, Waldemar Pusch, wies dazu auch auf die Bemühungen seitens der örtlichen Geschäfte hin, in Mosbach sichere Orte für queere Menschen zu schaffen.

Besuch aus Hamburg

Angeführt von Waldemar Pusch und zwei „Drag-Queens“ setzte sich der Demonstrationszug schließlich durch die Altstadt bis hin zur Seebühne im Stadtgarten fort. Aufgrund von Temperaturen weit über dreißig Grad versammelten sich die Gäste hauptsächlich im Schatten unter Bäumen und Pavillons. Bei kühlen Getränken dank der Bewirtung durch das Brauhaus Mosbach wurden hier Erfahrungen ausgetauscht, gelacht und neue Kontakte geknüpft.

Waldemar Pusch begrüßte das Publikum mit einem kurzen Dank an alle Unterstützenden, einschließlich der Sponsoren und nicht zuletzt der Polizei für den Schutz. Er betonte die Wichtigkeit darin, stets offen aufeinander zuzugehen, Barrieren einzureißen und stattdessen „Brücken zu bauen“.

Damit eröffnete er den lockeren Programmteil des Events, das mit Musik- sowie Redebeiträgen gespickt war. Neben erneuten Auftritten von Michelle Koger und Niklas Rosche war auch die Musiktheatergruppe der Burgfestspiele Jagsthausen mit einem Gesangsauftritt aus ihrem aktuellen Auftrittsprogramm vor Ort. Die Moderation übernahm Rüger hier gemeinsam mit Ludmila Pacdikova und Bonnie Toxic, zwei Drag-Queens aus Hamburg, die eigens für den Mosbacher CSD angereist waren. „Drag“ hat als Performance-Kunst eine lange und tief verwurzelte Geschichte in früheren queeren Subkulturen und ist heute vor allem in Bars und Clubs zu finden.

Mit Gesang, Sketches und Humor führten die Queens durch das Programm und schreckten dabei auch nicht davor zurück, den Oberbürgermeister „Steppi“ zu dessen Grußwort einfach selbst aus dem Publikum abzuholen. Für Stipp stand fest: Dass der CSD nun zum zweiten Mal in Mosbach stattfinden konnte, sei ein Gewinn. Er bezog sich dabei auf das Grundgesetz, in dem es heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar – da steht nicht: Die Würde des weißen deutschen heterosexuellen Mannes mit akzentfreiem Hochdeutsch ist unantastbar!“

Sicherheit im Fokus

Außerdem, so Stipp, solle es sich nicht widersprechen: Sich auch einmal andere Meinungen anzuhören, sei stets wichtig, gerade auch zur eigenen Meinungsbildung. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, von der ja der CSD ebenso Gebrauch mache, sei Teil des Grundgesetzes. Daher sprach auch Stipp einen großen Dank an die lokale Polizei aus.

Eine besondere Wichtigkeit hielt das Thema der Sicherheit aufgrund einer Gegenveranstaltung, die zum selben Zeitpunkt in der Mosbacher Innenstadt stattfand und aufgrund derer sich im Vorfeld einige Personen um ihre Sicherheit sorgten. Auf den CSD-Events war jedoch dank der Absicherung nichts von der kleinen Gegengruppe hör- oder sichtbar. Einzig Personen, die die CSD-Feier zeitweise verließen, berichteten von etwa fünfzehn Personen, die wohl sichtbar queere Personen direkt und teilweise unangenehm angesprochen hätten.

Afterparty

Aufgrund der extremen Hitze endete das Event etwas früher als geplant gegen 18 Uhr – doch damit war der Tag noch nicht vorbei. Am Abend lud das Fotoatelier Mosbach zur After-Pride-Party in den Hopfenkeller ein. Mit mehreren DJs, Barbetrieb und Fotobox-Spaß gab es auch hier noch viel zu feiern. (pvh)

Der Dekan des Evangelischen Kirchenbezirks Mosbach, Folkhard Krall, sprach am ehemaligen LGS-Gelände zu den Teilnehmenden des Christopher Street Days in Mosbach.
Der Dekan des Evangelischen Kirchenbezirks Mosbach, Folkhard Krall, sprach am ehemaligen LGS-Gelände zu den Teilnehmenden des Christopher Street Days in Mosbach.Foto: pvh
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Stadtanzeiger Mosbach
Ausgabe 30/2024

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von Redaktion Nussbaum
25.07.2024
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