Förderverein Schloss Dätzingen e. V.
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Zwischen Hilfe, Macht und Machenschaften.

Spannender Vortrag von Dr. Thomas Freller über den Johanniter- bzw. Malteserorden Wer größere öffentliche Veranstaltungen wie zum Beispiel Konzerte...
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Spannender Vortrag von Dr. Thomas Freller

über den Johanniter- bzw. Malteserorden

Wer größere öffentliche Veranstaltungen wie zum Beispiel Konzerte besucht, wird sie gelegentlich bemerken, die freundlichen Frauen und Männer, die als Sanitäter für den Notfall bereitstehen. Sie gehören entweder der Johanniter- oder der katholischen Malteser-Hilfsorganisation an. Dr. Kuno Schlichtenmaier hatte den renommierten Wissenschaftler und Buchautor Dr. Thomas Freller zu dieser Veranstaltung des Fördervereins Schloss Dätzingen eingeladen. Dr. Freller war jetzt bereits zum dritten Mal im Dätzinger Schloss, um einen Vortrag über die Geschichte dieser Ordensgemeinschaft zu halten. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt und Freller bekannte: „Es gibt keinen schöneren Malteser-Raum als diesen.“ Die Johanniter, die sich nach dem Umzug nach Malta dann Malteser nannten, waren der Schwerpunkt seiner Präsentation.

Er referierte im Wesentlichen frei und zeigte Fotos von Gemälden aus der Zeit des Malteserordens. Die Insel Malta bezeichnete er wenig schmeichelhaft als „Bronx“, als einen Knotenpunkt im Mittelmeer, der nicht nur ehrbare Bürgerinnen und Bürger anzog. Die Malteser waren ursprünglich eine reine Bruderschaft von Geistlichen, die von Almosen lebten. Sie unterhielten vor allem Hospitäler in Städten rund um das Mittelmeer, um erkrankten Menschen zu helfen. Anschaulich und humorvoll schilderte Freller, wie der Orden auch in seinem Selbstverständnis immer weiterwuchs. Macht und Gewinn nahmen zu und so wandelten sich die Geistlichen zu Kämpfern und später zu Rittern. Sie gründeten große Familien, obwohl sie im geistlichen Status nicht heiraten durften. Besonders pikant war hier die Geschichte, da die Erstgeborenen meistens den Besitz erbten und weitere Spätgeborene Heil, Ruhm und Reichtum suchten, indem sie sich als Ritter an den Kreuzzügen beteiligten – inklusive aller Grausamkeiten, die bei der versuchten Rückeroberung des Heiligen Landes belegt sind. Diese Ordensgeschichte ermöglichte einen launigen Blick auf die heutige Zeit, denn Einflussnahme, Gewalt und Betrug standen damals wie heute auf der Tagesordnung. Der Orden gab sich zwar selbst strenge Regeln, die aber, so Freller, nach Bedarf angepasst oder gebrochen wurden. Wer in seinem Stammbaum mehr als 16 Nachfahren belegen konnte, wurde zügig in den Adelsstand erhoben. Eine gewisse Problematik erreichten diese Orden, da sie teilweise ein Staat im Staat oder eine Stadt in der Stadt waren. Noch heute ist der Mittelpunkt der Malteser eine staatsähnliche Organisation in Rom, die sogar diplomatische Beziehungen zu einigen Staaten dieser Welt unterhält.

Die einflussreiche Tätigkeit der Malteser breitete sich in Deutschland vor allem in Bayern und Baden-Württemberg aus. Die Grundlage der quasi-staatlichen Organisationen bildeten die Kommenden, und es ist bekannt, dass die Orte Rohrdorf und Dätzingen eine gemeinsame Kommende darstellten. Größere Einheiten wurden zu Prioraten zusammengeführt. Freller: „In früheren Jahrhunderten war Dätzingen eine ausgesprochen arme Kommende, die erst im Lauf der Jahre wieder zu einem gewissen Wohlstand kam.“ Aufschlussreich war vielleicht auch der archivalisch belegte Hinweis, dass die kleine wehrhafte Burg, die im frühen 16. Jahrhundert mit einem Wassergraben geschützt wurde, sich um 1600 zu einer Schlossanlage gewandelt hat.

Besonders spannend war die Beantwortung der Frage, welcher Maler hinter den Gemäldeveduten im Maltesersaal stecken würde. Forschungen von Freller kamen zu dem Ergebnis, dass es wohl ein Sprössling einer Adelsfamilie aus Piemont war, dessen Name in den alten Ordenslisten geführt ist: Giorgio Masino di Valperga. Bei ihm konnte man nachweisen, dass er bei einer seiner Fahrten Malta tatsächlich selbst gesehen hat und daher die historisch genauen Motive nur von ihm stammen können. Diese Familie ist überdies in der italienischen Geschichte recht bekannt, stellte Bürgermeister in Turin usw.

Eine große Rolle spielte für den Stützpunkt des Malteserordens in Dätzingen der letzte Komtur. Der aus einem elsässischen Geschlecht stammende Johann Baptist Anton Freiherr von Flachslanden war Malteserritter und von 1773 bis 1805 Komtur von Dätzingen und Rohrdorf sowie von 1768 bis 1779 Generalkapitän der maltesischen Ordensmarine. Er korrespondierte mit dem russischen Zaren Paul I. und dem Papst. Er agierte politisch als Freimaurer und Illuminat sehr geschickt. Wenigen der zahlreichen Zuhörer war wahrscheinlich bekannt, dass Flachslanden wegen seiner übermäßig sauberen und ordentlichen Art von seinen Freunden teilweise spöttisch als „Hausfrau“ bezeichnet wurde.

Dr. Freller legt sich auch fest bei der Zuschreibung der dargestellten Person des Porträts im Maltesersaal. Der Comte de Bavière, ein unehelicher Sohn von Kurfürst Max Emanuel, war in jungen Jahren zum Ordensritter geworden. Er wurde Kandidat für das Amt des Großpriors von Kastilien und Generalleutnant der Armee. Als eine der beliebtesten Figuren seiner Zeit galt er Flachslanden als großes Vorbild.

Die lebhafte und auch durchaus schillernde Art des Vortrags war erneut ein Beweis dafür, dass Geschichte, auch wenn sie lange zurückliegt, lebendig und bisweilen auch amüsant sein kann. Der Vortrag wurde mit lebhaftem Applaus belohnt. Das lang anhaltende Get-together zeigte, wie anregend die Schilderungen gewesen waren.


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