Neben den Sorgen und Ängsten, die eine solche Diagnose generell auslöst, stellt es für Männer meist eine zusätzliche psychische Belastung dar, von einer typischen "Frauenkrankheit" betroffen zu sein. Die Deutsche Krebshilfe und die Frauenselbsthilfe nach Krebs nutzen den Brustkrebsmonat Oktober, um diese Betroffenengruppe in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, Defizite in der Versorgung zu benennen und über die Bedeutung von Selbsthilfe zu informieren.
Das öffentliche Bewusstsein dafür, dass auch Männer an Brustkrebs erkranken können, ist gering. Dies gilt auch für die Wissenschaft - auf diesem Gebiet wird noch wenig geforscht. Außerdem gibt es für Männer noch kein passendes Früherkennungsprogramm. Symptome wie Verhärtungen der Brust oder Flüssigkeitsaustritt aus der Brustdrüse können auf Brustkrebs hinweisen, werden aber meist nicht richtig gedeutet. Daher diagnostizieren Ärzte Mammakarzinome bei Männern häufig erst in fortgeschrittenen Stadien. Mit Folgen: Frauen haben im Vergleich immer noch bessere Heilungschancen. "Um die optimale Versorgung Betroffener besteht derzeit eine große Wissenslücke," erläutert Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. "Diese gilt es möglichst rasch zu schließen."
Dr. phil. Sylvia Brathuhn, Bundesvorsitzende der Frauenselbsthilfe nach Krebs (FSH), weist auf ein weiteres Problem hin: "Aus Scham und Unsicherheit fällt es Männern meist schwer, mit Verwandten und Freunden über diese Diagnose zu sprechen und sich so seelische Unterstützung zu holen", erläutert sie. "Da die Erkrankung beim Mann sehr selten ist, gab es bislang auch kaum entsprechende Selbsthilfegruppen vor Ort." 2010 hat die FSH, eine der ältesten und größten Krebs-Selbsthilfeorganisationen in Deutschland, Betroffenen dabei geholfen, ein solches Netzwerk aufzubauen.
Als eigener Verein unter dem Dach der FSH unterstützt das Netzwerk "Männer mit Brustkrebs e.V." seitdem Betroffene - fängt sie auf, informiert und begleitet sie. Ein wichtiges Ziel von FSH und Netzwerk ist es außerdem, die Interessen der Patienten nach außen zu vertreten. "Wir werden aktuell genauso behandelt wie erkrankte Frauen. Dabei ist noch gar nicht bekannt, ob Männer im gleichen Maße von der Therapie profitieren und wie die optimale Behandlungsdauer ist", erläutert der Vorsitzende des Netzwerks, Peter Jurmeister. "Viele Ärzte wissen nicht einmal, dass auch Männer sinnvollerweise in zertifizierten Brustzentren behandelt werden sollten, weil sie nur dort optimal versorgt werden können."
Die Deutsche Krebshilfe, die FSH und das Netzwerk "Männer mit Brustkrebs e.V." setzen sich gemeinsam dafür ein, dass künftig auch männliche Brustkrebspatienten in ganz Deutschland nach dem aktuellen Stand medizinischen Wissens behandelt und neue Erkenntnisse für die Versorgung erarbeitet werden. "Mit der FSH und ihrem Netzwerk haben wir wichtige Kooperationspartner, die uns dabei unterstützen, Männer mit Brustkrebs aufzuklären. Gemeinsam setzen wir uns auch auf wissenschaftlicher Ebene für die Betroffenen ein - zum Beispiel mit dem Projekt 'N-MALE'", so Nettekoven. In diesem Projekt werden die speziellen medizinischen und psychosozialen Bedürfnisse männlicher Brustkrebspatienten untersucht. Dabei befragen die Wissenschaftler nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch Ärzte und Pflegekräfte nach ihren Erfahrungen. Die Deutsche Krebshilfe unterstützt das Projekt mit rund 155.000 Euro.
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