Bügeln ist nicht sehr aufregend. Oder etwa doch? Der Aufwand, der früher für faltenfreie Kleidung nötig war, grenzt an Leistungssport, die Bügeleisensammlung im Gochsheimer Schloss schaffte es sogar ins Guinnessbuch.
Mit zerknittertem Hemd und faltiger Hose ein Museum besuchen? Das ist heute durchaus möglich – noch vor wenigen Jahren allerdings war es undenkbar. Zu einem adretten Auftritt in der Öffentlichkeit gehörte zwangsweise faltenfreie Kleidung – und damals war sie um einiges schwieriger zu glätten als im Hier und Jetzt in Zeiten des Dampfbügeleisens. Wer wissen will, was es für Gerätschaften gab und vor allem wie sie erhitzt wurden, sollte im Graf-Eberstein-Schloss in Kraichtal-Gochsheim vorbeischauen.
Im ersten Stock des altehrwürdigen Gemäuers verbirgt sich das weltweit größte Bügeleisenmuseum. Gesammelt hat die Exponate über viele Jahrzehnte der Karlsruher Rechtsanwalt Heinrich Sommer, und er erhielt dafür sogar einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. Die über 1700 metallischen Glattmacher bestehen aus Stein, Eisen, Stahl, Bronze und Messing, die einen klein und flach, bauchig, ausladend die anderen.
2007 stellte der Jurist seine umfangreiche Kollektion der Öffentlichkeit zur Verfügung. Aus rein praktischen Gründen: Sein Zuhause wurde schlichtweg zu klein und letztendlich zu instabil, die alten Eisen sind nämlich unheimlich schwer. Um zu verhindern, dass ihm die Gerätschaften schließlich durch die Zimmerdecke brachen, suchte Sommer Museumsräume mit dicken Wänden und Fußböden aus Stein. Er fand sie in Kraichtal-Gochsheim.
Vor über zwei Jahrtausenden gab es die ersten Exemplare – asiatische Pfanneneisen. Sommers älteste Stücke sind nicht ganz so alt, aber immerhin über 600 Jahre und stammen aus China. Ihre Nachfolger, geschmiedete Plätteisen und Plättbolzen, kamen in der Zeit vom 15. bis 17. Jahrhundert auf und wurden im Feuer erhitzt. Ihr großer Nachteil bestand darin, dass sie die Wärme nicht lange speicherten, sodass ein Haushalt stets mehrere Eisen benötigte. Daher kommt die Redewendung „mehrere Eisen im Feuer haben“.
Ein weiteres Problem bei dieser Art zu bügeln: Die Wäsche war nach dem Bügeln zwar glatt, aber oft wieder schmutzig von der Unterseite der Eisen, die zuvor im Feuer gelegen hatten. Es folgten sogenannte Kohlebügeleisen, in deren vergrößertem Innenraum heiße Kohle oder Briketts Platz fanden. Schmutzig wurde die Wäsche bei dieser Art zu bügeln allerdings auch, da die Asche herausfallen konnte.
Die nächste Erfindung, das Bolzeneisen, löste dieses Problem elegant: Ein heißer Bolzen erwärmte den Korpus des eisernen Glattmachers von innen. Darauf folgten mit Flüssigbrennstoff betriebene Eisen und ab Mitte des 19. Jahrhunderts Gas-Bügeleisen. Die ersten elektrischen kamen in Amerika schon um etwa 1890 zum Einsatz, in Europa nur wenig verzögert ab 1895. In Gochsheim sind sie alle versammelt.
Der Besucher kann sogar selbst Hand anlegen, historische Modelle hochheben, und mit der Stoppuhr messen, wie lange er sie halten kann. Bügeln über mehrere Stunden war nämlich richtig harte Arbeit. Leichtere und funktionellere Bügeleisen kamen erst Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Markt. Trotz aller Technik und Raffinesse der modernen Geräte: Von allein bügelt sich die Wäsche leider immer noch nicht. Das wäre doch mal eine geschickte Erfindung…